Der Herbst ist die ideale Zeit fürs Inlineskating. Denn viele Strecken sind nicht mehr so überlaufen. Freizeitsportler wissen mittlerweile auch das Tempelhofer Flugfeld zu schätzen
Inlineskating in Berlin -Flinke Füße, rasende Rollen – Streckentipps – Ewa Kalwa im Tagesspiegel
Noch sind die Wege frei von Schnee oder Eis. Die Bäume leuchten in allen Farben, die Sonne hat noch Kraft, und auf vielen Strecken ist es nicht mehr so voll wie im Sommer. Viele Inlineskater empfinden den Herbst deshalb als besonders schöne Trainingszeit. Auch wenn das flotte Vergnügen mancherorts durch heruntergefallene Blätter etwas gebremst wird.
Das ist beim Skater-Rundweg auf dem Tempelhofer Feld nicht der Fall. Der Mangel an Bäumen, der im ersten Sommer der Öffnung des Parks viele Skater unter ihren Helmen schwitzen ließ, ist im Herbst von Vorteil. Der asphaltierte Weg führt rund fünf Kilometer über das Gelände des ehemaligen Flughafens und hat noch weitere Vorteile: Schnurgerade Abschnitte und besonders in dieser Jahreszeit teils kräftigen Rückenwind. Dass diese Strecke landschaftlich weniger abwechslungsreich ist als andere, stört weder die Freizeitsportler aus der Nachbarschaft noch die Sportgruppen, die hier im Sommer unter anderem für die Teilnahme am Berlin-Marathon der Skater trainieren.
Auch Tim aus Kreuzberg findet die offene Weite nicht schlimm, im Gegenteil. „Wenn ich auf der Startbahn ganz schnell fahre, fühle ich mich wie ein Flugzeug“, sagt der Neunjährige, demonstrativ breitet er seine Arme aus. Dann übt er das schwierige Bremsen. „Guck mal, Mama, es klappt“, ruft er seiner Mutter zu, als der Stopper den Boden berührt und Tim zugleich sein Gewicht nach hinten verlagert. Doch leider etwas zu weit: Der Versuch endet auf dem Hosenboden. Und mit einem unbekümmerten Lachen.
„Das Wichtigste beim Bremsen und überhaupt beim Skaten ist ein gut trainierter Gleichgewichtssinn“, sagt Victor Wilking, der es wissen muss: Der 22-Jährige hat 2006 den Berliner Halbmarathon der Skater gewonnen und wurde Sechster bei der diesjährigen Europameisterschaft. Seine Lieblingsstrecke ist, wegen ihres guten Belags und weil sie nur selten überlaufen ist, die sechs Kilometer lange „Ost-Krone“ in Johannisthal. Das Pendant zum Kronprinzessinnenweg im Westen Berlins führt zwischen Teltowkanal und der Autobahn 113 entlang.
Allzu viel Auswahl haben Skater in der Stadt nicht, anders als Radfahren oder Laufen ist ihre Sportart auf recht wenige attraktive Strecken beschränkt. Denn die Straßenverkehrsordnung verbietet – außer in mit einem Piktogramm gekennzeichneten Ausnahmen – das Skaten auf Straßen und Radwegen und schreibt das Benutzen der Gehwege in Schrittgeschwindigkeit vor.
Für Skating-freundlichere Städte demonstriert daher regelmäßig die „Berlinparade“, die nächste Demo findet am 28. November in Mitte statt (www.berlinparade.com).
Der absolute Streckenklassiker bleibt aber der Zehlendorfer Kronprinzessinnenweg, kurz „Krone“ genannt. Der Asphaltweg führt über vier Kilometer durch den zurzeit kupfer- und ockerfarben leuchtenden Grunewald immer an der Avus entlang. Allerdings muss man hier, bedingt durch Anliegerautos und viele Radfahrer, vor allem an Sommerwochenenden besonders gut aufpassen.
Jetzt im Oktober ist der größte Trubel vorbei, und das nutzen viele Stamm-Skater, auch Muharem und Ajša Tahirovic. Seit acht Jahren kommen Vater und Tochter mindestens einmal die Woche von ihrer Wohnung am Kaiserdamm gemeinsam zum Skaten her und sind entsprechend fit. Schnell dreht die 14-jährige Ajša eine kleine Acht, stoppt gekonnt und sagt lässig: „Wir rollern hier bis zum ersten Schnee.“ Faul würde man im Winter schließlich noch früh genug.
Im Volkspark. Einen 850 Meter langen Rundkurs nur für Skater gibt es im Volkspark Friedrichshain. Hier können Anfänger in Ruhe ihre ersten Versuche wagen und Profis Speedtraining machen. Eingang Danziger Straße.
An der S-Bahnstrecke. Guten Belag und eine 1,5 km lange und drei Meter breite Strecke durch Wiesen und Wald finden Skater im Schöneberger Hans-Baluschek-Park. Dieser verläuft zwischen den S-Bahnhöfen Priesterweg und Südkreuz. Zugang von den Bahnhöfen oder vom Parkplatz am Matthäifriedhofsweg.
Am Kanal. Eine acht Kilometer lange Strecke am Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal in Wedding führt nach Hakenfelde. Fortgeschrittene haben Freude an dem teils welligen Streckenprofil. Zugang vom Nordufer hinter dem Freibad Plötzensee.
In Eiskeller. Im Nordwesten Spandaus verläuft ein sechs Kilometer langer Weg durch viel Wald direkt an der Stadtgrenze entlang. Für Anfänger ist der südlichere Teil geeignet, weiter nördlich freuen sich Könner an Steigungen und Gefälle. Im Süden beginnt die Strecke an der Freudstraße, im Norden an der Schönwalder Allee.
Im Sportforum. Auf dem Gelände des Sportforums Hohenschönhausen gibt es eine ovale 300-Meter-Bahn für Skater, auf der allerdings häufig Vereine trainieren. Eingang vom Weißenseer Weg.
In Brandenburg. Wer gern ungestört weite Wege durch schöne Landschaften zurücklegt, findet rund 50 Kilometer südlich von Berlin eine attraktive Möglichkeit: Das Projekt „Flaeming-Skate“ bietet auf drei Metern Breite und sehr gutem Belag insgesamt über 200 km Strecke. Information auf www.flaeming-skate.de.
Noch mehr Strecken, Tipps und Skatergruppen im Internet unter www.xspeed.org oder auf www.funskate-berlin.de.
Ewa Kalwa im Tagesspiegel, Freittag, dem 15 Oktober 2010