Martin-Heinz Ehlert (r.) mit Hans-Joachim Fenske ©privat - BSC-Clubmagazin
In Memoriam Martin-Heinz Ehlert
Wie wir erst kürzlich erfahren haben, ist Martin-Heinz Ehlert am 15. Juni 2016 im Alter von 84 Jahren verstorben.
Der Berliner Sport-Club widmet seinem langjährigen Mitglied der Hockeyabteilung und Kassenwart im Clubmagazin vom Dezember auf zwei Seiten einen ehrenden Nachruf. Als er nach dem Tod seiner Frau selbst ins Krankenhaus kam, bat er seine Sportfreunde, davon kein Aufheben zu machen. Er war im Leben zurückhaltend und bescheiden, aber mit großem Tatendrang ausgestattet.
Nach seiner Pensionierung wurde die Zeitgeschichte des Sports seine Passion, vornehmlich die jüdische Schulgeschichte und das Erforschen der 1933 aus den Berliner Sportvereinen ausgeschlossenen jüdischen Sportlerinnen und Sportler.
Dem Schicksal von Lilli Henoch, der Spitzenathletin der zwanziger Jahre und Leiterin der BSC-Frauenabteilung, ist er nachgegangen und hat ihren Namen dem Vergessen entrissen. Das Frauensportfest des BSC trägt ihren Namen.
Er war dabei und half mit von ihm gesammelten Dokumenten und Zeitungsberichten, als die Werferhalle in Hohenschönhausen, der Sportplatz am Tempodrom und die architektonisch auffällige Sporthalle am Winterfeldplatz den Namen der zehnmaligen Deutschen Meisterin (Kugelstoß, Diskuswurf, Weitsprung und 4.100 Meter-Staffel) und vierfachen Weltrekordlerin erhielt.
Eine von ihm zusammengestellte Ausstellung „Vom goldenen Adler zum gelben Stern“ wurde im ‚Haus des Sports‘, in Rathäusern und Schulen gezeigt. Sein Hauptanliegen war, jungen Menschen die jüngste, unheilvolle Geschichte interessant und einfühlsam zu vermitteln.
In seinen Vorträgen über das jüdische Schulwesen und den Sport sprach er gern vor Schulklassen und Gruppen des evangelischen Bildungswerkes. Über die jüdische Schulleiterin Paula Fürst hat er 2005 ein Buch geschrieben. Die seit der Leichtathletik-WM gezeigte große Wanderausstellung der Bundeszentrale für Politische Bildung „Vergessene Rekorde“ hat er mit seinen Detailkenntnissen unterstützt.
Im vergangenen Jahr hatte ihn Inge Deutschkron überredet, an der Ausstellung „Verdrängt, verfolgt, vergessen“ mitzuarbeiten, die im Museum ‚Blindenwerkstatt Otto Weidt‘ in den Hackeschen Höfen gezeigt wird. Sie widmet sich den Lebensbildern von 14 jüdischen Sportlerinnen und Sportlern, darunter auch denen von Vereins- und Verbandsvorsitzenden wie Justus Meyerhof und Werner Ruhemann.
Inge Deutschkron, Gert Rosenthal und Klaus Böger haben die Ausstellung im Januar 2016 eröffnet. Martin-Heinz Ehlert musste wegen des Todes seiner Frau absagen, nun hat sich sein eigenes Leben vollendet.
Im vor wenigen Wochen erschienenen Katalog der Ausstellung finden sich noch drei seiner letzten Beiträge zum jüdischen Sport. Er hat darin auch das Schweigen über die Gründung des antisemitischen Deutschen Sport-Clubs (DSC) gebrochen, dem sich 1922 eine große Zahl ehemaliger BSC-Athleten anschloss.
Ein Verein, der in der NS-Zeit stolz darauf war, sich schon elf Jahre vor Hitlers Machtergreifung selbst ‚gleichgeschaltet‘ zu haben. Mit der Erforschung der braunen Vergangenheit von Berliner Vereinen und Verbänden darunter auch der 60 (!) seit 1890 bestehenden ‚Deutschen Turnvereine (DTV)‘, wurde erst im letzten Jahrzehnt sehr zögerlich begonnen.
Martin-Heinz Ehlert, Träger der Charlottenburger Bürgermedaille und der Sportplakette des Senats, hat mitgeholfen, der jungen Generation die Wahrheit zu sagen.
Manfred Nippe