Nach dieser vorzüglichen Generalprobe gelang Irina Mikitenko beim real,- Berlin-Marathon dann Ende September der große Paukenschlag: Mit 2:19:19 Stunden lief die Wattenscheiderin als erste Deutsche unter der begehrten 2:20-Stunden-Marke, steigerte dabei ihre eigene Bestmarke um gleich fünf Minuten und setzte sich in ihrem dritten Marathonlauf überhaupt auch an die Spitze der Weltbestenliste.
Höhen und Tiefen in der Laufszene – Ein Saison-Rückblick auf die Straße, den Berg, ins Gelände und zu den Ultraläufern – Von Wilfried Raatz
Wohl selten gilt für eine Saisonbilanz zur Laufszene das einprägsame Wort: „Wo Höhen sind, sind auch Tiefen….“. Hier die überragenden Erfolge der mit größtmöglichem Erfolg zur Straße gewechselten Irina Mikitenko in London und Berlin, das achtbare Abschneiden ihrer Dauerkonkurrentin Sabrina Mockenhaupt im olympischen 10.000 m-Lauf und das starke Auftreten über die Halbmarathondistanz in Köln und durchaus auch der zur Weltklasse aufgestiegene Timo Zeiler in der Berglaufszene oder die Ultralangstreckenläuferinnen mit dem Bronzerang bei der 24-Stunden-Challenge, dort das ernüchternde Abschneiden der Marathonläufer auf nationalem und internationalem Parkett, der Crossläufer bei den Europameisterschaften, der Bergläufer bei Welt- und Europameisterschaften….
Die überragende Langstrecklerin der Saison ist natürlich Irina Mikitenko, die im Alter von 36 Jahren nach einem Jahrzehnt mit durchaus vorzeigewürdigen Resultaten im Stadionrund mit dem Wechsel zur Straße endlich da angekommen ist, wo die ehrgeizige Läuferin aus dem hessischen Freigericht sich selbst einordnen wollte – nämlich in der Weltspitze. Nach einem furiosen Auftakt und dem Sieg im Halbmarathon-Wettbewerb beim Paderborner Osterlauf in der Streckenbestzeit von 1:08:51 Stunden düpierte die seit 1996 in Deutschland lebende gebürtige Kasachin in London die Weltklasse, als sie in 2:24:14 Stunden die favorisierten Svetlana Zakharova, Gete Wami, Berhane Adere und Constantina Tomescu-Dita schlug und dabei deutschen Rekord lief.
Nach ihrem locker herausgelaufenen Sieg bei den deutschen 10.000 m-Meisterschaften in Menden kam allerdings die Ernüchterung, denn anstelle der Planung in Richtung Olympiametall zwangen Rückenprobleme zur vorzeitigen Olympiaabsage. Umso erstaunlicher das rasche Comeback im für Irina Mikitenko „goldenen September“: Im Alleingang lief sie bei den deutschen 10 km-Meisterschaften in Karlsruhe in 30:57 Minuten nicht nur einen neuen deutschen Rekord, sondern auch die aktuelle Weltjahresbestzeit.
Nach dieser vorzüglichen Generalprobe gelang Irina Mikitenko beim real,- Berlin-Marathon dann Ende September der große Paukenschlag: Mit 2:19:19 Stunden lief die Wattenscheiderin als erste Deutsche unter der begehrten 2:20-Stunden-Marke, steigerte dabei ihre eigene Bestmarke um gleich fünf Minuten und setzte sich in ihrem dritten Marathonlauf überhaupt auch an die Spitze der Weltbestenliste.
Während sich die Marathonläuferinnen Susanne Hahn und Melanie Kraus dem auffälligen Leistungstief der deutschen Leichtathleten in Peking anschlossen, überraschten zumindest Hindernisläuferin Antje Möldner und Sabrina Mockenhaupt über 10.000 m mit guten Leistungen, die zwar im absoluten Weltniveau eher zweitrangig einzustufen, aber für die augenblickliche Situation im deutschen Langstreckenbereich unbedingt positiv herauszustellen sind. Mit einer Steigerung ihrer Halbmarathonzeit auf 1:08:51 Stunden gelang „Mocki“ wenige Wochen später beim Köln-Marathon ein weiterer Schritt in der behutsamen Entwicklung hin zur Marathonläuferin, die sie Ende Oktober als Siegerin des Frankfurt-Marathon mit dem triumphalen Einlauf in die Festhalle fortsetzen konnte.
Für die Leichtathletik-WM in Berlin hat Sabrina Mockenkaupt die komfortable Qual der Wahl, sich zwischen der 10.000 m- und der Marathondistanz entscheiden zu können. Obgleich sie bereits heute schon zugibt, dass ein Marathonstart in Berlin schon alleine aufgrund der Mannschaftskonstellation im Team mit Irina Mikitenko, Melanie Kraus, Susanne Ritter, Ulrike Maisch oder Luminita Zaituc einen besonderen Reiz hat.
Im Gegensatz zu den Frauen fällt die Leistungsbilanz bei den Männern auf den längeren Laufstrecken sehr bescheiden aus. Nach den verletzungsbedingten Ausfällen von Europameister Jan Fitschen und André Pollmächer wird die Misere besonders deutlich. Alleine das entschlossene Auftreten von Falk Cierpinski beim Berlin-Marathon, der unter den Fittichen seines als zweifacher Olympiasieger überaus erfolgreichen Vaters Waldemar Cierpinski zum neuen Hoffnungsträger auf der Marathondistanz heranreift, weckt gewisse Hoffnungen.
Die auf dem schnellen Berliner Asphalt erzielten 2:13:30 Stunden sind hoffentlich nur eine Momentaufnahme, denn schließlich finden an gleicher Stelle in einem Jahr die Weltmeisterschaften statt, bei der auch eine deutsche Männermannschaft an den Start gehen soll. Und diese erhält nach dem überraschend starken Auftritt des Debütanten André Pollmächer und von Martin Beckmann schon erste Konturen.
Gut integriert sind die deutschen Marathonmeisterschaften beim Gutenberg-Marathon in Mainz, auch wenn sich bislang nur wenige der Leistungsträger für einen Start in Mainz erwärmen konnten. Dass deutsche Meisterschaften im Rahmen eines mittelgroßen Stadtmarathons durchaus das rechte Umfeld für eine Empfehlung für internationale Einsatze sein können, das hat zumindest schon einmal Susanne Hahn bewiesen, die mit einer überzeugenden Vorstellung mit 2:29:35 Stunden das Olympiaticket lösen konnte.
Laufen ist im Trend, das jedenfalls unterstreicht die Volkslaufstatistik 2007. Fast zwei Millionen Teilnehmer haben an Volks- und Straßenläufen im Jahr 2007 teilgenommen, das ist gegenüber 2006 ein Zuwachs von fast zehn Prozent. 3 791 Veranstaltungen tragen das „Gütesiegel“ des Verbandes, das ist zwar gegenüber dem Vergleichsjahr ein leichter Rückgang, lässt aber den Schluss zu, dass der Trend zu teilnehmerstärkeren Läufen besteht.
Dank einer starken Schlussoffensive holten die U 20-Junioren mit Alexander Hahn, Florian Orth, Rico Schwarz und Thorsten Baumeister bei den Cross-Europameisterschaften im spanischen Toro die Bronzemedaille hinter Frankreich und Groß-Britannien und hellten somit das insgesamt eher mäßige Auftreten der deutschen Langstreckenläufer etwas auf, die ohnehin bei den Männern und Frauen nur mit Einzelstartern in die Rennen gegangen waren.
Eine Belebung der nationalen Cross-Szene könnte die Neuauflage des Deutschen Cross-Cup bewirken, der 2008 mit den Veranstaltungen in Neukirchen, Pforzheim und Darmstadt gestartet ist.
Gewannen die DLV-Männer mit Timo Zeiler, Josef Beha und Markus Jenne im Vorjahr bei den Berglauf-Europameisterschaft in Cauterets (Frankreich) noch die Bronzemedaille, so machte sich in diesem Jahr doch eine gewisse Ernüchterung breit. Weder bei Europa- noch bei Weltmeisterschaften konnten deutsche Läufer die bislang gute Erfolgsbilanz fortsetzen und mussten bei zunehmend stärkerer Konkurrenz mit Mittelplätzen zufrieden sein. Die Ausnahme ist Timo Zeiler, der durch couragierte Läufe bei den Grand-Prix-Wettbewerben in Meran (Südtirol) und am Grand-Ballon im Elsaß den Anschluss an die Weltklasse geschafft hat und bei den bergauf führenden Weltmeisterschaften im schweizerischen Crans Montana als Siebter das einzige Vorzeigeresultat erzielen konnte.
Glänzende Kritiken erhielt der TV Unterharmersbach mit der Ausrichtung der bergauf-bergab führenden Berglauf-Europameisterschaften in Zell am Harmersbach im Schwarzwald. Eine vorzügliche Organisation mit einer technisch ansprechenden und für Zuschauer idealen Streckenführung, hochkarätige Wettbewerbe und die in eine stimmungsvolle Abendveranstaltung eingebetteten Siegerehrungen werden den Athleten aus 25 Nationen sicherlich in bester Erinnerung bleiben.
Für Monika Belau, Anja Samse und Sabine Strotkamp endete der Ausflug zur 6. World Challenge der International Association of Ultrarunners (IAU) im 24-Stunden-Lauf nach Seoul mit der Überreichung der Bronzemedaille mit der Gesamtleistung von 627,099 km hinter Frankreich (706,908 km) und Japan (648,411 km). Zusammen mit den Männern, die mit 693,391 Kilometern hinter Japan, Frankreich, Russland und Italien Fünfter wurden, hinterließen die Ultraläufer einen durchaus zufrieden stellenden Gesamteindruck.
Wilfried Raatz