Martha Jacob - Deutsche Miesterin im Speerwerfen ©Sportmuseum Berlin – AIMS Marathon-Museum of Running
Gedenkkultur im Sport – Niemals vergessen! Ein Platz wird in Charlottenburg nach Martha Jacob benannt – Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
An diesem Donnerstag wird in Berlin ein Platz nach Martha Jacob benannt. Gut, dass Berlin sich zum Erbe der Sportlerin bekennt. Die zuletzt aufflackernde Judenfeindlichkeit macht es dringend notwendig, auch mit Namen und Schicksalen an die Schoa zu erinnern.
Vor fünf Jahren, als Berlin im Mittelpunkt der Welt der Leichtathleten stand und die Weltmeisterschaft ausrichtete, bewahrten engagierte Historiker und die Bohlen und Halbach-Stiftung mit der Ausstellung „Vergessene Rekorde“ die Sportlerinnen Gretel Bergmann, Lilli Henoch und Martha Jacob genau davor: dem Vergessen.
Hochspringerin Gretel Bergmann, wegen ihres jüdischen Glaubens um die Teilnahme an den Olympischen Spielen betrogen, emigrierte in die Vereinigten Staaten, wo sie noch heute lebt.
Nicht zuletzt durch den Kinofilm „Berlin 36“, der ihr Schicksal in Nazi-Deutschland zeigte, ist sie so etwas wie eine Ikone des jüdischen Sports jener Zeit geworden, eine Berühmtheit, deren Verbitterung und deren Aussöhnung mit der Heimat viele Sportinteressierte berührte.
Die Erinnerung an Lilli Henoch, 1942 deportiert und ermordet, lebt fort in den Namen Berliner Straßen und Sporthallen. Sie war eine Weltklasse-Athletin im Kugelstoßen und Diskuswerfen, erfolgreich auch im Sprint und Weitsprung sowie im Handball und Hockey.
Ausgeschlossen aus ihren Berliner Sportvereinen, diskriminiert und bedroht, harrte sie fast ein Jahrzehnt nach dem Machtantritt von Adolf Hitler an der Seite ihrer Mutter und ihrer jüdischen Schüler in der Hauptstadt des nationalsozialistischen Reiches aus.
Berlin bekennt sich zum Erbe
An diesem Donnerstag wird in Berlin-Charlottenburg nicht weit vom Olympiastadion endlich auch ein Platz nach Martha Jacob benannt werden; auch sie eine herausragende und vielseitige Leichtathletin, überragende Speerwerferin, Handball- und Hockeyspielerin – sowie Jüdin.
Schon als Zwanzigjährige reüssierte sie in Großbritannien als Trainerin; vor den Nationalsozialisten in ihrer Heimat floh die gebürtige Berlinerin in verschiedene Länder Europas, bevor sie in Südafrika eine Heimat fand.
1976 starb sie in Kapstadt. Gut, dass die Ausstellung über diese drei Athletinnen noch heute zu sehen ist in Deutschland.
Noch besser, dass Berlin sich zum Erbe von Martha Jacob bekennt. Die zuletzt aufflackernde Judenfeindlichkeit macht es dringend notwendig, auch mit Namen und Schicksalen an die Schoa zu erinnern. Die überwältigende Erfahrung von der Dimension des Tötens, die das Mahnmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin ermöglicht, wird durch die Benennung um beispielhafte Schicksale ergänzt und dadurch auch aktualisiert.
Was – abgesehen von den überragenden Fähigkeiten – unterscheidet die drei Frauen, die vor achtzig Jahren Sport in den Mittelpunkt ihres Lebens stellten, von sportbegeisterten jungen Frauen der Gegenwart?
Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Mittwoch, dem 6. August 2014
PS: Feierstunde und Einweihung des "Martha Jacob Platz" am Donnerstag, dem 7. August 2014 um 17.00 Uhr – Soldauer Allee/Ecke Teufelsseestrasse/Ecke Boyenallee – hinter dem S-Bahnhof Heerstraße – anwesend wird auch die Tochter von Martha Jacob sein – Hazel Shore und ihr Ehemann. Veranstaltet vom Bezirksamt Charlottenburg-
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