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12
06
2014

Rechtzeitig zur Fußball-WM in Brasilien gibt es in zahlreichen Museen Inszenierungen des beliebtesten Spielgerätes z.B. in Berlin, München, Karlsruhe und Köln. ©Heinrich von der Becke, Bildarchiv Heinrich von der Becke im Sportmuseum Berlin.

Fußball als kulturelles Ereignis – Ausstellungen zur Weltmeisterschaft – Museale Inszenierungen in Berlin, München, Karlsruhe und anderswo – Prof. Detlef Kuhlmann berichtet

By GRR 0

Am heutigen Donnerstag wird die Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien mit dem Auftaktspiel zwischen dem Gastgeberland und der Mannschaft von Kroatien eröffnet: In einigen deutschen Museen hat sie schon längst begonnen – nämlich mit sehenswerten Ausstellungen rund um das weltumspannende Thema Fußball.

Unsere Rundreise über die musealen Spielfelder ist ohne Anspruch auf Vollständigkeit und soll exemplarisch die Vielfalt der thematischen Zugänge verdeutlichen. Sie beginnt in Berlin, und zwar im Lichthof des Auswärtigen Amtes (Werderscher Markt 1) in Berlin-Mitte.

Wer die Sicherheitsschleusen im Foyer erfolgreich passiert hat, stößt unumgänglich sofort auf die Bildtafeln über Projekte der internationalen Sportförderung im Ausland, für die seit über 50 Jahren (Trainer-Legende Rudi Gutendorf war der erste!) „Botschafter im Trainingsanzug“ für das Auswärtige Amt in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Olympischen Sportbund und dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) unterwegs sind. In der Fotoreihe wird auch über den großen Erfolg des Aufrufes zur Ballspende für Afrika berichtet, wo u. a. auf Initiative des Deutschen Sport & Olympia Museum in Köln auf einer einzigartigen Reise fast hundert Bälle verteilt wurden – das Sportgerät bringt Menschen zusammen, hinterlässt Freude und stiftet neue Bewegungsbeziehungen.

Von den „Botschaftern im Trainingsanzügen“ ist der Weg im Foyer nicht weit zu den „Botschaftern in kurzen Hosen“: Der interessierte Besucher muss nur die als Spielfeld installierte Treppe hinauf und wieder hinuntergehen, um mit der Fußball-Nationalmannschaft eine illustre Zeitreise vom ersten Länderspiel nach dem WM-Gewinn 1954 am 21. August 1955 in Moskau gegen die UdSSR bis zur Frauen-WM 2011 in Deutschland zu unternehmen.

Auf dem Weg durch die Jahrzehnte wird die deutsch-deutsche Begegnung 1974 bei der WM u. a. mit der Eintrittskarte von DFB-Ehrenpräsident Egidus Braun und mit Biergläsern aus der DDR-Produktion dokumentiert, während die Gäste aus der Schweiz zum ersten gesamtdeutschen Länderspiel am 19. Dezember 1990 in Stuttgart mit einer typischen Schweizer Tischuhr als Gastpräsent anreisten.

Die kleine, aber feine Berliner Ausstellung, die unter dem Titel „Fußball Weltweit“ firmiert, besteht aus vier Themenblöcken, zu denen auch „Die Ballonauten“ gehören: Von Mai 1932 bis August 1933 reisten junge Männer aus Regensburg mit einem 600 Kilogramm schweren Fußgängerwohnmobil über 3.500 Kilometer durch Deutschland, um für das Spiel zu werben. Sie besuchten über 300 Orte und Fußballvereine, dokumentierten ihre Reise akribisch in Bild und Text, ebenso ist eine Nachbildung des vormodernen „Fußballmobils“ aus Holz zu bestaunen.

Auch das noch: Eine Filmwand imaginiert ein umgekehrtes Stadion. Der Betrachter steht oder sitzt auf dem Spielfeld und stellt gleichsam seinen eigenen Fußballfilm über eine Montage her: „Das Spiel hört erst auf, wenn es zu Ende“ – lautet dazu ein brasilianisches Sprichwort, das hier als Untertitel der Installation fungiert. Die Ausstellung schlägt zeitlich und thematisch eine Brücke zum Deutschlandjahr in Brasilien („O Canto Do Brasil“), das auf Initiative des Auswärtigen Amtes dort bis Mai 2014 stattfand. Die Ausstellung in Berlin ist noch bis zum 18. Juli von Montag bis Freitag jeweils 10 bis 18 Uhr (Eintritt frei) zu sehen.

Die zwölf Videoarbeiten in der Installation von Olaf Holzapfel, die eine Betrachtung des heutigen Fußballs und seiner gesellschaftlichen und kulturellen Verflechtungen zum Ausdruck bringen wollen, sind in den nächsten Wochen auch noch in Nürnberg (bis zum 6. Juli) und in Wiesbaden (bis zum 13. Juli) zu sehen: Der Nassauische Kunstverein Wiesbaden (Wilhelmstr. 15) richtet die Ausstellung in Kooperation mit dem Goethe-Institut Rio de Janeiro aus. Künstler und Filmemacher aus Lateinamerika, Deutschland, Österreich und China haben sich zusammengefunden und präsentieren ihren ganz persönlichen Blick auf die Welt. Dabei bleibt der Fußball als Folie und verbindendes Element der Arbeiten stets präsent.

In Nürnberg wird die Ausstellung von der Deutschen Akademie für Fußball-Kultur in Zusammenarbeit mit dem Kunsthaus im KunstKulturQuartier (Königstr. 93) und dem Goethe-Institut Rio de Janeiro präsentiert.

„To, Tor, Toor!. Das Spiel der Spiele in der Kunst“ lautet der Titel einer Ausstellung in der Jungen Kunsthalle (Hans-Thoma-Str. 2) der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe, wo noch bis zum 5. Oktober 2014 Werke aus Malerei, Grafik, Holzschnitt, plastische Arbeiten und Videos zum Thema Fußball verschiedener Künstler zu sehen sind. Sie wollen insbesondere Kinder und Jugendliche als junges fußballinteressiertes Publikum ansprechen, indem sie Fußball als soziales Phänomen abbilden und die Choreografie der Körper ins Spiel bringen – Kommentare und Geschichten zum Fußball in jugendgerechter Sprache sind auch auf Audioguides zu hören.

In gleicher Weise ist ein museumspädagogisches Begleitprogramm zusammengestellt worden, zu dem die „Tischkicker-Werkstatt“ genauso gehört wie das „Kunst- und Fußball-Camp mit dem KSC – Fußballschule“ in Zusammenarbeit mit dem Karlsruher SC (KSC) und dem Badischen Fußball-Verband.

Die Stiftung Kloster Dalheim, das Landesmuseum für Klosterkultur vor den Toren der jüngsten Bundesligastadt Deutschlands (Paderborn) verbindet die Fußballwelt in außergewöhnlicher Weise zwischen Abseits und Jenseits: „Im Fußballhimmel und auf Erden“ begegnen sich noch bis zum 14.September 20014 göttliche Fanartikel und irdische Fußballgötter. Es geht um jene Rituale und Reliquien, die Fußball und Religion verbinden. Bei den Objekten handelt es sich um eine erweiterte Übernahme aus dem Diozesanmuseum in Osnabrück, wo diese Sonderausstellung vor vier Jahren erstmals gezeigt wurde; weitere Informationen auch im Internet unter: www.stiftung-kloster-dalheim.de. 

Im Herbst 2012 hatte die Foto-Ausstellung „Unter Spielern. Die Nationalmannschaft“ von Regina Schmeken im Berliner Martin-Gropius-Bau Premiere. Von Sonntag, dem 15. Juni bis zum 14. September 2014 ist die nun im Museum Villa Stuck in München (Prinzregentenstr. 60) zu sehen. Die Künstlerin konzentriert sich in ihren 28 Fotografien auf den entscheidenden Augenblick zwischen Stillstand und Bewegung. Sie hält inne, bevor es weitergeht. Dabei gibt der Ball immerzu die Richtung und das Tempo vor. In ihren Aufnahmen gerinnen die durchtrainierten Körper der Nationalspieler manchmal zu einem skulpturalen Format, und zwar je nach dem, wie der Ball gerade mitspielt. Ihn am Fuß zu fassen und ihm dabei die richtige Richtung mit dem Fuß vorzugeben, das ist gleichsam der Witz des Spiels mit dem Ball am Fuß – wer könnte das besser als Klose, Lahm, Podolski und Co.

Und sonst? Wem diese Ausstellungsangebote nicht zusagen und wer mehr in Erinnerung vergangener Weltmeisterschaften schwelgen möchte, dem sei ein Ausflug in die Schweiz nach Spies empfohlen: In jenem Hotel „Belvedere“, wo die Mannschaft von Bundestrainer Sepp Herberger 1954 logierte, ist noch bis September im „Roten Salon“ eine kleine Ausstellung zum 60-jährigen WM-Jubiläum am 4. Juli zu sehen, die „Das Wunder von Bern“ lebendig erhalten soll.

 

Prof. Detlef Kuhlmann

 

 

 

author: GRR

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