Blog
13
05
2009

Wer je im Treptower Plänterwald bei einer der zahlreichen Laufveranstaltungen war, dem wird er begegnet sein. Wer die Väter der ostdeutschen Meilen- und (Kommission) Laufbewegung aufzählt, der wird auch seinen Namen nennen

FOLKER LORENZ – Ein Nachruf. Der stille Enthusiast – Wolfgang Weising in LAUFZEIT

By GRR 0

Folker Lorenz (24.02.1939), Berliner Veranstalter, von vielen größeren und kleineren Laufveranstaltungen ist   am 6. Mai nach kurzer schwerer Krankheit im Alter von 70 Jahren verstorben. Folker Lorenz hatte eine Bestzeit im Marathon von 2:18:45 – gelaufen in Karl-Marx-Stadt am 19. Mai 1968. Zuletzt wurde er beim Berliner TEAM-Marathon im Plänterwald im Januar 2009 von seinen Laufkameraden und Freunden gesehen.

Folker Lorenz hat sich um den Berliner Laufsport und die Leichtathletik verdient gemacht!

Die Trauerfeier findet am 29.5.2009 um 14:00 Uhr statt!

Im folgenden veröffentlichen wir einen Beitrag von Wolfgang Weising in LAUFZEIT von 6/1991

 

Der stille Enthusiast-
Vorgestellt: Folker Lorenz von der Sportgemeinschaft Einheit Berliner Bär e. V.

Wer je im Treptower Plänterwald bei einer der zahlreichen Laufveranstaltungen war, dem wird er begegnet sein. Wer die Väter der ostdeutschen Meilen- und (Kommission) Laufbewegung aufzählt, der wird auch seinen Namen nennen, und wer in der Berliner Laufszene zwischen Pankow und Köpenick zu Hause ist, dem ist er ein Begriff: Folker Lorenz, Jahrgang 1939, seit 35 Jahren aktiv im Sport. Und das in der Doppelrolle des Organisators und Wettkämpfers.

Angefangen hatte der hochgewachsene Folker dereinst als Radsportler, wo er sieben Jahre als Straßenfahrer aktiv war. Schon vor seinem letzten Radrennen hatte er „Abstecher" zur Leichtathletik unternommen. „Das war im Intervall-Zeitalter Anfang der 60er, und ich bin danach mit Muskelkater wieder aufs Rad gestiegen", erinnert er sich. Was dann kam, zeugt wohl von der im Radsport erworbenen Ausdauer und von Talent zugleich. Schnell fand der damals 25jährige während des Ingenieurstudiums bei Dynamo Bernburg Anschluss an die Laufspitze.

Sein bis heute unverwechselbarer Laufstil verriet wohl wenig von seinem Leistungsvermögen. Wie so oft in dieser Sportart — man erinnere sich an den legendären Emil Zatopek, der alles andere als ein Laufästhet war. Was von Folker anfangs nur als effektivere Alternative zum Radsport gedacht war, notierte ihn bald vorn in den Bestenlisten von damals. „Ich wollte fit bleiben, und eine Stunde Laufen schien mir dazu den gleichen Effekt zu haben wie drei Stunden auf dem Rennrad", erzählt er. Ruhig und zurückhaltend wie immer. Auch als es um seine beachtlichen Bestleistungen geht. „Ich war dann beim Laufen von Anfang an vorn", erwähnt er fast nebenbei.

Nach einem Jahr Training zweiter Platz bei der Crossmeisterschaft im Bezirk Halle und 1965 Bezirkssieger über 10 000 m auf der Bahn (unter 32 min) vor den Cracks des SC Chemie Halle, das ließ schon aufhorchen in Trainerkreisen, und man staunte hier und da über den schnellen Unbekannten.

Umso beachtlicher, wenn man erfährt, dass Folker stets sein eigener Trainer war und alles auf der Methode des langen ausdauernden Laufens beruhte: „Ein Tempobolzer im Training war ich nie." Nur nach Stunden rechnete er anfangs sein Laufpensum ab, erst später, „als es Mode wurde", zählte er die Kilometer. Vielleicht an 130 Wochenkilometer mögen durchschnittlich in den aktivsten Zeiten zusammengekommen sein.

Mit etwas Stolz und Wehmut zugleich erinnert sich Folker an sein bestes Jahr. 1968 beim Internationalen Karl-Marx-Städter-Marathon war er als Zehnter in 2:18:45 h drittbester einheimischer Athlet noch vor einigen Läufern der Nationalmannschaft. Lange Zeit wurde dies unter den Insidern als inoffizieller BSG-Rekord geführt, als Rekord außerhalb der in den etablierten Sportclubs geförderten Leistungssport-Elite. Denn die Türen zu einem dieser Klubs blieben ihm verschlossen.

Schwerer als die sportliche Leistung wog damals (auch im Trainergespräch unter vier Augen beim TSC Berlin) die Tatsache, Bruder und Schwester im „Westen" zu haben und sie nicht zu verleugnen …

So erhielt er nicht die Chance wie andere. Nur einmal, fast „aus Versehen", erfuhr er „aus der Kalten" im Urlaub von der Nominierung für einen Marathonlauf im ungarischen Szeged, wo er dann Achter wurde. Doch das Kapitel seiner Leistungen als Aktiver macht ihn nicht aus, den Folker Lorenz, wie er bekannt und bei den Laufsportlern geschätzt ist.

Die eigene Freude am Laufen, von der er bis heute nichts eingebüßt hat, zugleich als Organisator weiterzugeben, ist seine Passion. Vor allem im Berliner Plänterwald, einem der traditionsreichsten hauptstädtischen Laufhorts, sind die meisten Wettkämpfe bis heute mit seinem Engagement verbunden. Allen voran der Kulturpark-Marathon, der alljährlich Mitte März schon bis zu über 300 Läufer an den Start brachte, und den er 1975 mit aus der Taufe zu heben half.

Was da alles dazugehört, kann nur der Beteiligte ermessen. Und nach der Wende ist dies nicht gerade einfacher geworden: Kampfrichter und Helfer „verpflichten", Tee und Verpflegung an der Strecke, Preise/Urkunden, den Bürgermeister zum Schirmherren gewinnen, Erinnerungsgläser für die Marathonis mangels Auto per Zug vom Glaswerk heranschleppen (!), die Wettkampfpost bewältigen …

Er macht von all dem nicht viel Aufhebens und hält diesen „Marathon" seit Jahr und Tag durch, neben seinen 195 „echten", die er bisher bestritt. Ehrlich erwähnt er dabei auch den einen aufgegebenen. Das sieht ihm ähnlich. Und 195 zu 1 kann man wohl auch davon ausgehen, dass Folker vom Laufen nicht lassen wird — als stiller Enthusiast.

 

Wolfgang Weising in LAUFZEIT 6/1991

author: GRR

Comment
0

Leave a reply