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25
06
2007

„Vor dem zweiten Versuch habe ich mir gesagt: Ich gebe Gas. Und, zack, ist es passiert, das ist der absolute Hammer“, beschrieb sie nach dem Wettkampf ihren Rekordwurf. „Als Speerwerferin merkt man das einfach, wenn es ein guter Wurf ist, ich habe es gleich gewusst, als das Ding losging, der flog wie an der Schnur gezogen

Fliegen und siegen – Philip Häfner im Tagesspiegel – Beim Europacup im Münchner Olympiastadion übertraf sich die 25-Jährige gestern selbst

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Schon beim Einwerfen habe sie gespürt, dass an diesem ersten Tag etwas ganz Besonderes in der Luft lag. „Es war alles ein bisschen ähnlich wie bei der Weltmeisterschaft in Helsinki“, sagte Christina Obergföll und zog Parallelen zu ihrem bislang größten Erfolg. 2005 hatte die Offenburgerin hinter der Kubanerin Osleidys Menendez die Silbermedaille gewonnen und dabei mit 70,03 Metern einen neuen Europarekord aufgestellt.

Beim Europacup im Münchner Olympiastadion übertraf sich die 25-Jährige gestern selbst. Sie beförderte im zweiten Versuch den Speer auf die neue kontinentale Bestmarke von 70,20 Meter. Zur Freude des Münchener Publikums bot sie anschließend noch ein Tänzchen auf der Bahn.

„Vor dem zweiten Versuch habe ich mir gesagt: Ich gebe Gas. Und, zack, ist es passiert, das ist der absolute Hammer“, beschrieb sie nach dem Wettkampf ihren Rekordwurf. „Als Speerwerferin merkt man das einfach, wenn es ein guter Wurf ist, ich habe es gleich gewusst, als das Ding losging, der flog wie an der Schnur gezogen.“ Trotz aller Vorahnung war selbst Obergföll ein wenig überrascht: „Irgendwie fühlte sich das so leicht an“, wunderte sie sich. Ihr Sieg war der einzige Tageserfolg der deutschen Damen in München. Zur Halbzeit des europäischen Mannschaftswettbewerbs liegen sie mit 53,5 Punkten auf Rang drei, nur einen halben Punkt hinter den Französinnen. Die Herren um die Tagessieger Peter Sack (Kugelstoßen) und Eike Onnen (Hochsprung) sind sogar in Führung gegangen und denken an den Sieg wie zuletzt 2004.

Von guten Leistungen träumen muss Christina Obergföll schon lange nicht mehr. Nachdem Kritiker den Silber-Wurf von Helsinki als Ausrutscher gesehen hatten und sich nach ihren schwachen Leistungen im vergangenen Jahr auch darin bestätigt sahen, ist die größte Stärke der Lehramtsstudentin in diesem Jahr die „unheimliche Konstanz. Ich trainiere hart für diese Leistung. Ich bin stolz darauf, dass ich das kann“, sagte sie und musste lachen: „Wahrscheinlich könnte man mich auch frühmorgens wecken und ich würde trotzdem meine Leistung bringen.“

Bei den vier Wettkämpfen in diesem Jahr gab es noch keine Enttäuschung, so dass der neue Europarekord eigentlich nur Fachfremde überraschte. Dennoch ist das Comeback der Christina Obergföll bemerkenswert. Nachdem die Offenburgerin plötzlich Europas Speerwurfgipfel erklommen hatte, lief es 2006 nicht mehr rund. „Meine Technik war im letzten Jahr einfach schlecht“, sagt sie. Die vergangene Saison sei „ein Lehrjahr“ gewesen, in dem sie häufig ihrer nationalen Konkurrentin Steffi Nerius von Bayer Leverkusen, die bei den Europameisterschaften die Goldmedaille gewann, den Vortritt lassen musste. Die über Nacht gestiegene Aufmerksamkeit und die enorme Erwartungshaltung von Zuschauern und Medien seien hinderlich gewesen, „ich konnte mich kaum noch auf mich selbst konzentrieren.“

2007 läuft es viel besser für den Schützling von Werner Daniels. „Die Leichtigkeit ist zurück“, sagt Obergföll. Auch an technischen Defiziten habe man gearbeitet, vor allem die Beinarbeit optimiert. „Außerdem reiße ich mich jetzt beim Training mehr zusammen“, sagte sie, „auch wenn ich mich beschissen fühle.“ Diese Selbstdisziplin helfe ihr auch bei den Wettkämpfen, wie etwa beim Meeting in Kassel, wo sie trotz Krämpfen auf 65,09 Meter kam und gewann. Und dann gibt es noch das Geheimrezept für den zurückgekehrten Erfolg: „Die paar Stunden pro Woche an der Uni sind mir sehr wichtig, um den Kopf nach dem Training und dem Wettkampfstress wieder frei zu bekommen“, sagt die Athletin, die in Freiburg Sport und Englisch studiert.

Wenn es bei Christina Obergföll so erfolgreich weitergeht, wird sie sicher schon bald das nächste Tänzchen präsentieren.

Philip Häfner
Der Tagesspiegel
Sonntag, dem 24. Juni 2007

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