Blog
12
01
2022

Symbolfoto - Eisschnellläufer Silhouette - Auf dem Dach eines Einfamilienhauses in Rättvik am Siljan-See in der Provinz Dalarna – die schwedischste Provinz in Schweden, aufgenommen im Juni 2011 - Nicht weit weg von dort ist der Zielort vom Vasa-Lauf - Mora - , der am übernächsten Sonntag, 01.03.2020, zum 96. mal stattfindet - Foto: Hans-Jürgen Blisch

Erin Jackson: Warum die schnellste Frau der Welt nicht stolpern darf – Von KLAUS BLUME

By GRR 0

Um ein Haar hätte Erin Jackson ihren großen Traum verstolpert. Ihren Traum vom olympischen Gold. Ausgerechnet Erin Jackson, die schnellste Frau der Welt – auf Kufen.

Passiert bei den Olympia-Ausscheidungen der amerikanischen Eisschnellläufer in Milwaukee. Dritte ist Erin Jackson deshalb über die Sprintdistanz von 500 Metern nur geworden. Das hätte für Peking nie und nimmer gereicht, wäre da nicht Brittany Bowe eingesprungen, die sechsmalige Weltmeisterin.

Sie überließ ihr Olympia-Tickett – „ganz und gar uneigennützig“, jubelte der US-Sender CN – ihrer Nachbarin in Florida, Erin Jackson. Doch „uneigennützig“ war das nicht. Sondern klug gedacht. Denn die erfahrene 33jährige Bowe weiß freilich, für sie wäre das erste 500-Meter-Rennen in Peking bereits das letzte gewesen. Nachbarin Jackson hingegen kann schon bei ihrem ersten Start in Peking zu einer der Königinnen Olympias aufsteigen.

Denn bei den vier Weltcup-Rennen in diesem Winter hat sie ihre Konkurrentinnen – ob aus Asien oder den Niederlanden – stets zur Staffage deklassiert. Nun sagt sie unumwunden: „Natürlich träume ich jetzt vom olympischen Gold.“ Ja, von was denn sonst?

Natürlich auch davon, in Peking zur ersten Farbigen aufzusteigen, die olympisches Gold im Eisschnelllauf gewinnt. Um dann auch die erste Amerikanerin zu werden, der so etwas – nach dem letzten US-Triumph im Jahre 1994 – endlich gelingt. Damals, als die legendäre Bonnie Blair triumphiert hatte und ganz New York vom Eisschnelllauf schwärmte.

Dreimal hat die New Yorkerin Bonnie Blair schließlich olympisches Gold auf der klassischen 500-Meter-Distanz gewonnen: 1988 in Calgary, 1992 in Albertville und 1994 in Lillehammer. Sports Illustrated, die einzige Sport-Zeitschrift der Welt mit einer Millionen-Auflage, wählte sie damals zur „Sportlerin des Jahres“ – klar vor allen Football-, Baseball- und Basketball-Millionären.

Sicher, davon ist Erin Jackson noch meilenweit entfernt. Dennoch, was nicht ist, kann ja noch werden. Bonnie Blair gilt ihr ebenso als Vorbild, wie ihr Landsmann Shani Davis, dem es – bisher – als einzigem Farbigen gelungen ist, zweimal Eisschnelllauf-Olympiasieger zu werden: 2006 und 2010. Allerdings jeweils über 1000 Meter.

Eine Distanz, die von der schnellen Erin Jackson eher abschätzig als „Marathonlauf“ bezeichnet wird. Das kann, das muß sich freilich sogar ändern, wenn die 29-Jährige künftig als vollwertige Sprinterin anerkannt werden will.

Und natürlich sollte sie künftig nicht wieder stolpern. Vor allem nicht in Peking.

Denn eine stolpernde Königin, das wäre weniger glanzvoll.

Klaus Blume
Uhlenhorster Weg 2
22085 Hamburg
klausblume@t-online.de

author: GRR