Michael Reinsch - Foto: Horst Milde
Ergebnisanalyse: Basketball abgestraft – Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
Die Ergebnisanalyse der Olympischen Spiele straft eine der vielversprechendsten deutschen Basketball-Auswahlteams der letzten Jahrzehnte ab – und schließt aus Einzelleistungen auf künftige Erfolge.
Erwachsene Männer lagen sich weinend in den Armen, der Bundestrainer brachte kein Wort heraus, und auf der Tribüne jubelte mit den Fans Dennis Schröder – so sah es aus in Split, als sich die deutsche Basketball-Nationalmannschaft am 4. Juli ohne ihre vermeintlich stärksten Spieler für die Olympischen Spiele qualifizierte.
Das Ausscheiden im Viertelfinale von Tokio gegen die slowenische Auswahl mit Luca Doncic dürfte der Auftakt gewesen sein für mehr.
Die Europameisterschaft 22 wartet mit Spielen in Köln und Berlin, das Team ist für die Weltmeisterschaft 23 qualifiziert, und die Olympischen Spiele von Paris 24 sind sein Ziel. So viele so begabte Spieler wie noch nie drängen aus NBA, Euroleague und dem Nachwuchs der Bundesliga-Klubs in die deutsche Auswahl, dass man sagen muss: So viel Perspektive war noch nie.
Um so erstaunlicher das Ergebnis der Potentialanalyse PotAs, die der Staat zur Steuerung seiner nach Millionen zählenden Spitzensportförderung etabliert hat.
Der Deutsche Basketball-Bund ist Schlusslicht der Bewertung von 26 Verbänden, hinter Turnen, Taekwondo und Fechten.
Als Nummer eins dagegen erweist sich, vier Tage, nachdem der einstige Chefbundestrainer Jürgen Mallow einen totalen Absturz in Tokio diagnostiziert hat, der Deutsche Leichtathletik-Verband. Er ist Nummer drei in der Bewertung seiner Struktur und Nummer eins bei Erfolg wie Perspektive.
Die Aufschlüsselung nach Disziplinen, mit dem Freiwasserschwimmen an der Spitze, zeigt, wie das so kompliziert wirkende System funktioniert: Eigentlich führt da überlegen Olympiasieger, Welt- und Europameister Florian Wellbrock. Sprung Frauen, die Nummer drei von 103, steht für Olympiasiegerin, Welt- und Europameisterin Malaika Mihambo, Mehrkampf Männer und Wurf/Stoß Frauen auf den Rängen fünf und sechs stehen für den in Tokio verletzt ausgeschiedenen Zehnkampf-Weltmeister Niklas Kaul und die Diskus-Silbermedaillengewinnerin, Kristin Pudenz.
Zudem unter den ersten elf: Lauf/Gehen Frauen und Wurf/Stoß Männer, Chiffren, hinter denen mühelos Konstanze Klosterhalfen und Johannes Vetter zu erkennen sind, die Weltmeisterschafts-Dritte über 10.000 Meter von Doha und der – außer in Tokio – stärkste Speerwerfer der Welt.
Logisch: Wer gestern und heute zu den Besten der Welt gehört, hat auch morgen gute Aussichten.
Ginge es nach PotAs, gelten die Siege der Basketballer als Überraschungserfolge.
Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
Ergebnisse der Leistungssport-Analyse (Potas-Wert in Prozent)
1. Deutscher Leichtathletik-Verband (80,73)
2. Deutscher Tischtennis-Bund (80,40)
3. Deutsche Reiterliche Vereinigung (79,40)
4. Deutscher Kanu-Verband (78,70)
5. Deutsche Triathlon Union (76,94)
6. Deutscher Hockey-Bund (73,72)
7. Deutscher Schützenbund (73,55)
8. Deutscher Volleyball-Verband (72,53)
9. Deutscher Segler-Verband (71,40)
10. Deutscher Schwimm-Verband (70,45)
11. Deutscher Handballbund (70,07)
12. Bundesverband Deutscher Gewichtheber (69,84)
13. Deutscher Verband für Modernen Fünfkampf (69,21)
14. Deutscher Judo-Bund (67,82)
15. Deutscher Badminton-Verband (65,05)
16. Deutscher Tennis Bund (62,95)
17. Deutscher Ringer-Bund (62,63)
18. Deutscher Ruderverband (60,31)
19. Bund Deutscher Radfahrer (60,22)
20. Deutscher Boxsport-Verband (60,02)
21. Deutscher Rugby-Verband (57,90)
22. Deutscher Golf Verband (55,64)
23. Deutscher Turner-Bund (54,78)
24. Deutsche Taekwondo Union (54,73)
25. Deutscher Fechter-Bund (54,37)
26. Deutscher Basketball Bund (46,94)