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2014

Die Teilnehmer unterwegs ©Horst Milde

Erfolg bei der Premiere des 1. Berliner 10 km Knästelaufes – Sieger läuft hervorragende 41.06 in der JVA Plötzensee

By GRR 0

Das Wetter spielte mit bei der Premiere des 1. Berliner Knästelaufes in der JVA Plötzensee am Freitag, dem 10. Oktober 2014. Pünktlich um 16.00 Uhr erfolgte – kein Startschuss – sondern es wurde von Sprecher John Kunkeler von zehn herunter gezählt – BLV Wettkampfwart Detlef Weller pfiff, drückte auf die modernste Lauf-Wettkampfuhr – und 37 Läuferinnen und Läufer gingen auf die 1001m lange – genau vermessene  – JVA-Plötzenseerunde.Die Ergebnisse sind damit bestenlistenreif!

German Road Races e.V. (GRR) stand als Kooperationspartner für die technische und sportliche Durchführung der Verwaltung als Berater zur Verfügung.

Vorher hatte Frau Evelyn Benne, die Behördenleiterin der JVA Plötzensee die Gefangenen, die externen Teilnehmer, die ehrenamtlichen Helfer sowie auch die zuschauenden zahlreichen Anstaltsmitarbeiter begrüßt und der Veranstaltung einen erfolgreichen Verlauf gewünscht.

25 Gefangene und 12 „externe Läufer und Läuferinnen“  brachten den „Ersten 10-km-Lauf für Berliner Gefangene“ – wie er im letzten Augenblick von der Verwaltung umgetauft wurde – ins Rollen. Die Teilnehmerzahl insgesamt von Gefangenen, als auch von externen Teilnehmern, war für eine Premiere dieser Art durchaus zufriedenstellend – erfreulich für die sportlich Verantwortlichen, als auch für die Verwaltung.

Dieser Lauf für Gefangene und  für „externe Läuferinnen und Läufer“ in einer Berliner Justizvollzugsanstalt war eine Premiere für Berlin und gleichzeitig ein Experiment für die Berliner Justizverwaltung den Sport, den Laufsport als Therapeutikum, als Ausgleich, als ein pädagogisches Instrument für Gefangene positiv zu nutzen. 

Dahinter steckt als Basis und Grundlage die Detailarbeit einer Lauftherapeutin – Joanna Zybon – , die seit einiger Zeit in der JVA Plötzensee, seit 2012 zunächst einmal pro Woche, jetzt zweimal pro Woche, die Gefangenen auf einer „kantigen“ und aber vermessenen Hofrunde trainiert, mit ihnen Gymnastik macht, und sie überhaupt motiviert Laufsport zu treiben, was dankbar angenommen wird.

Joanna Zybon setzt sich feinfühlig für die Läufer ein, die sich mit großem Enthusiasmus dem Training verschrieben haben, ohne sie wäre es sicherlich nicht zu diesem Wettkampf gekommen.

Reinhard Röcher, Teilanstaltsleiter in der JVA Plötzensee und BERLIN-MARATHON Jubilee Mitglied Reinhard Röcher (Finisher 16-mal, PB 2:37) war der organisatorische Leiter des Laufes, der alle Fäden in der Hand hatte – und nach dem Startpfiff mit dem Fahrrad den Läufern vorausfuhr.

Schon am Vormittag wurde die zweimal vermessenen Strecke vorbereitet, der Bauhof des JVA hatte ganze Arbeit geleistet und Material bereit gestellt, Absperrpfosten zubereitet, die die Strecke abtrennten. Die Männer des Bauhofes halfen tatkräftig mit beim Aufbau der Strecke und bei der Gestaltung des Start- und Zielbereiches, mit den Start- und Zielbanden des BERLIN-MARATHON dekoriert, Zelte und Marktstände für Erfrischungspunkte wurden aufgestellt. Die gesamten 1001 Meter der Strecke wurden exakt „abgeflattert“, später standen auch noch die Helfer an den „Brennpunkten“.

Es spielte zudem die hauseigene Band der JVA schmissige Melodien, vor dem Start – und auch während des Laufes. Es kam keine Langeweile auf, denn die Teilnehmer begannen gleich mit einem  gehörigen Tempodurchschnitt, der zunächst unter 4 min/km lag, ab Ende dann doch etwas langsamer wurde.

Konrad K. lief von Anfang an vorneweg, unter dem Beifall der Zuschauer ließ er sich nicht auf der Ruhe bringen, dabei hatte Reinhard Röcher schon fast leichte Schwierigkeiten mit dem Fahrrad vorneweg das Tempo zu halten. Benjamin und Saidou als Verfolgerpaar liefen gemeinsam und hatten den Führenden immer in Sichtweite, einholen konnten sie ihn aber nicht. Erst in Zielnähe spurteten sie um die Platzierungen. Konrad K. lief dann mit einem gewaltigen Schrei der Freude in ansprechenden 41.06 ins Ziel.

Gleich nach dem Ziel gings rechts um die Ecke – hier konnten sich die Teilnehmer an einem reichhaltigem eingedeckten Verpflegungspunkt mit Getränken und Obst versorgen und erholen.

Unter den Teilnehmern wurde besonders auch der Leiter des Darmstädter Knastmarathons Peter Büttner mit seiner Lebensgefährtin Yvonne Schmidt begrüßt, der schon seit acht Jahren einen berühmten Marathon in der JVA Darmstadt mit großer Beteiligung von Gefangenen, als auch von externen Teilnehmern durchführt (in diesem Jahr 39 Gefangene und 160 externe Läuferinnen und Läufer!).

Ebenso war als externer Teilnehmer Alexander von Uleniecki, ein bekannter Berliner Ultraläufer und Veranstalter der "100 Meilen Berlin", ein besonderer und gern gesehener Gast und natürlich Dr. Susanne Mahlstedt, die in der Laufszene auch journalistisch tätig ist.

1. Berliner 10 km Knästelauf am Freitag, dem 10. Oktober 2014 – Ergebnisse:

Gefangene:

Männer:

1. Konrad K. 41.06
2. Benjamin H. 41.49
3. Saidou B. 41.55
4. Matti S. 42.35
5. Kamil M. 44.09
6. Suleymn G. 45:37

Frauen:

1. Marlene B. 1:05.30

Zu der Frauensiegerin ist anzumerken, sie läuft erst seit 2 Monaten,  und dann nur auch nur auf einem Laufband. Sie wurde nach der Hälfte des Rennens von Angelika Schwarz – einer anwesenden Helferin – die in Laufkleidung dabei war, läuferisch assistiert, damit sie das Rennen auch durchsteht. Das war eine noble Geste. Und das ist auch der Sinn dieses Laufes "Externe" und "interne Teilnehmer" sportlich zusammenzubringen.

Auch bei den anderen Läufern ergaben sich „Renngemeinschaften" zwischen Gefangenen und externen Teilnehmern. Insofern  ist eine derartige Veranstaltung für alle bereichernd, die Gefangenen fühlen sich als Sportler und Athleten unter ihresgleichen und werden wertgeschätzt, für die Externen ist eine derartige Veranstaltung in dieser Umgebung und Laufgemeinschaft auch ein prägendes Erlebnis.

Externe Teilnehmer:

Männer:

1. Detlef Woldach 46:30
2. Axel Belger 48:43
3. Andreas Süßkow 51:41
4. Stephan Schillhanek-Demke
5. Alexander von Uleniecki 53.20
6. Peter Büttner 58:19
7. Dr. Rolf Strenziok 1.10:24

Frauen:

1. Beate Ritter 49:57
2. Dr. Kristin Schnack 51:17
3. Dr. Susanne Mahlstedt 54:38
4. Simone Prieß 57:19
5. Yvonne Schmidt  58:19

Ältester Teilnehmer war Dr. Rolf Strenziok (70 Jahre) aus Warnemünde, der das Rennen in 70:24 beendete.

Der Erfrischungspunkt an der Strecke und der Verpflegungspunkt im Ziel war reichhaltig ausgerüstet mit Getränken, Obst, Snacks, sodaß alle Teilnehmer nicht nur von einem interessanten Rennen begeistert waren, sondern auch von der besonderen Atmosphäre eines einmaligen Laufes. Die Helfer an diesen Punkten waren meist "marathonerfahrene" Mitarbeiter, die die Läufer und Läuferinnen während des Rennens gekonnt versorgten und zugleich motivierten.

Die Siegerehrung wurde von der Behördenleiterin Frau Evelyn Benne vorgenommen, die besonders den intensiven Einsatz von Reinhard Röcher  hervorhob und seinen Kollegen der Anstalt, sowie die gelungene Kooperation mit German Road Races e.V. (GRR) – und die Unterstützung des BLV.

Thomas Steffens von SCC-Events überreichte bei der Siegerehrung die Präsente des BERLIN-MARATHON mit den legendären Marathonjacken, die Siegerpokale stiftete German Road Races e.V. (GRR) und die Verwaltung der Anstalt.

Für alle Teilnehmer gab es Erinnerungs-Urkunden mit Platzierung und Zeit, die von Joanna Zybon im Eilverfahren mit Platzierung und Zeit ausgefüllt wurden, der besondere Dank gilt ihrem Einsatz und auch für ihre mitgebrachten fleißigen Helfer und Helferinnen.

Leider fand die Veranstaltung aus unerfindlichen Gründen ohne Beteiligung der Medien statt, es gab ein striktes Verbot der Justiz-Pressestelle für sie, eigentlich überhaupt nicht nachvollziehbar, war doch dieser Lauf in der JVA Plötzensee  eine Veranstaltung die einer aufgeklärten Justiz alle Ehre gemacht hätte und in der Öffentlichkeit eine positive Ausstrahlung gehabt hätte – eine vergebene Chance!

Aber eines ist schon sicher: Es wird 2015 weitergehen, das ist doch aller Mühe wert gewesen und sollte ein weiterer Ansporn für die Justiz sein, in den Anstalten den Sport zu fördern im Interesse aller.

Horst Milde

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Website Jo Zybon:

Berliner Laufmasche – JoAnna Zybon

 

author: GRR

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