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16
07
2025

Eindrucksvoller Start am Grauner Straßentunnel - Foto: Norbert Wilhelmi

Emotionen pur beim Silber-Jubiläum – Konstantin Wedel gewinnt zum fünften Mal den Reschenseelauf – und verpasst bei seinem Start-Ziel-Sieg einen neuen Veranstaltungsrekord um eine Sekunde – Wilfried Raatz berichtet aus Südtirol

By GRR 0

Diese eine Sekunde greift aber Tereza Hrochova bei ihrem dritten Sieg in Folge in 52:43 Minuten ab.  

Konstantin jubelt ausgelassen im „Anflug“ auf die Ziellinie, Tereza versichert sich mit Blick auf die eigene Stoppuhr über die neue Rekordmarke – und Tausende stimmen sich im dichten Zieleinlauf auf eine nächtliche Laufparty ein.

Emotionen pur beim 25. Reschenseelauf, der eigentlich wegen der Corona bedingten „Special Edition“ im Jahr 2020 schon die 26. Ausgabe hatte, mit dem um 21.30 Uhr gestarteten Nachtlauf.

2000 Fackeln entlang der Seeumrundung (und natürlich die vielen Stirnlampen auf den Köpfen der Läufer) sorgten zudem für eine Atmosphäre, die so rasch keiner der Jubiläumsläufer vergessen dürfte.

Partymucke begleitete die Läufer bereits am Nachmittag, dann vor allem bis zum Start, während des Rennens für die Angehörigen und Freude auf der Uferwiese in Graun, bei einer kurzweiligen Siegerehrung zur Mitternachtsstunde – und vor allem nach dem spektakulären Feuerwerk unweit des weltbekannten im See versunkenen Kirchturms im proppevollen Festzelt in Graun.

Beim „Giro Lago di Resia“, so der klangvolle Name auf italienisch, unweit der Grenze zu Österreich, kochen die Emotionen über. Wenn schon ein eher still und zurückhaltend wirkender Konstantin Wedel schier aus dem Häuschen ob seines fünften Tagessieges seit 2019 ist, dann ist dies gewiss für den 32jährigen Physiotherapeuten etwas Herausragendes.

„Als seine zweite Heimat“ bezeichnete der Allroundläufer, der im Südtirolischen für die ortsansässige Backstube Angerer ins Rennen geht, bei offiziellen Rennen jedoch für die LG Telis Finanz Regensburg um Titel und Medaillen läuft, seine Auftritte am Reschensee. Eigentlich nicht verwunderlich, denn der Vater von zwei Kindern arbeitete einige Jahre in Langtaufers und in St. Valentin auf der Haide, also unmittelbar in der Region. Man kennt und verehrt ihn.

Und Konstantin ist längst neben der Südtiroler Lauflegende Hermann Achmüller der Star am Reschensee. Aber nicht nur das, seine zahlreichen Siege beim Stelvio Marathon (auf inzwischen 21 km) machen ihn zum Laufass der Region. Zum Anfassen sympathisch.

Und der Jubiläumslauf wurde zu einem Triumphlauf durch die Nacht, pardon über die illuminierte Strecke vom Straßentunnel in Graun über die neue Trassenführung auf der Aufschüttzone nach St. Valentin am Ende des Stausees, über die Staumauer auf einem welligen Uferparcours nach Reschen und – final zum spektakulären Zieleinlauf auf der Uferwiese am „versunkenen Kirchturm“. Vor allem für Konstantin Wedel.

„Mega“ nannte der Franke seinen fünften Erfolg seit 2019, als er die Konkurrenz in neuer Streckenbestmarke von 47:23 düpierte. 2022, 2023 und 2024 folgten mit eindrucksvollen Siegen – ehe der Nachtlauf, übrigens wie beim „Zwanzigjährigen“ als Lauf in die Dämmerung gestartet, die bisherigen Erfolge doch etwas in den Schatten stellen sollte. Dass es letztlich „nur“ die Einstellung der Streckenbestmarke bedeutete, das war Konstantin Wedel ziemlich egal. „Netto waren es 47:22, aber da die ersten Plätze brutto gewertet werden, ist es die Einstellung des Rekordes!“ Dabei war der Nürnberger mit einem verletzungsbedingt reduzierten Training ins Rennen gegangen.

„Es lief viel besser als erwartet! Ich habe wesentlich weniger trainiert, aber an vielen Stellschrauben gedreht. Einlagen, Neuroathletik und Modifizierung des Laufstils… Dass ich bei 50 % Reduzierung eine gleiche Leistung abrufen kann, das ist phantastisch! So konnte ich den Lauf von Anfang bis Ende genießen!“ Sein Vorsprung auf den ersten Verfolger Antonino Lollo wuchs beständig an bis final bis auf über zwei Minuten, mit 49:43 wurde der Italiener wie im Vorjahr Zweiter.

So jubeln Sieger: Tereza Hrochovà und Konstantin Wedel – Foto: Norbert Wilhelmi

Den dritten Rang schaffte überraschend Niels Bubel im Trikot des Axel Reusch Laufladen, der in der Laufszene als früherer deutscher 50 km-Meister bekannt ist. Der Berliner lief die 15,3 km in 50:05 Minuten und platzierte sich damit vor dem zweimaligen Sieger Peter Lanziner (50:24), der damit die M40 gewann, und dem 2018er Gewinner Khalid Jbari (50:45).

Als Zwanzigster des Gesamteinlaufs sicherte sich Fabian Borggrefe im Trikot der SG Spergau nach 53:36 Minuten wiederum den Sieg in der M50-Mastersklasse. Viel Beifall gab es zudem für den 92jährigen Josy Simon aus Luxemburg, der die 15,3 km-Strecke in 2:10:30 Stunden absolvierte.

Bleiben wir bei den Seriensiegern.

Bei den Frauen holte sich die Tschechin Tereza Hrochovà dem dritten Sieg in Folge. Die Marathon-Olympiastarterin von Paris, die in der französischen Hauptstadt mit 2:30:00 auf Rang 26 einkam, eilte im wahrsten Sinne des Wortes von ihrem Höhencamp in Livigno zum Reschensee und lief mit einem Start-Ziel-Sieg nach 52:43 Minuten umjubelt ins Ziel. „Ich liebe diesen Lauf, da kann man so schnell laufen“, so die 30jährige Tschechin, die übrigens exzellente Bestmarken von 1:11:38 (Halbmarathon) und 2:26:38 (Marathon) aufzuweisen hat, und sich in Italien auf die Weltmeisterschaften in Tokio vorbereitet. „Ein tolles Gefühl, diesen Lauf nun schon zum dritten Mal gewinnen zu können!“ So „nebenbei“ steigerte sie ihren eigenen, im Vorjahr aufgestellten Streckenrekord um fünf Sekunden.

Und jubelte gemeinsam mit Konstantin Wedel in die Objektive der Fotografen. Zeigte sich zudem im Überschwang ihrer starken Vorstellung als „Edelhelferin“ bei der Medaillenausgabe im Zieleinlauf.

Im Kampf um Rang zwei wurde es nicht minder emotional. Wenige Wochen nach einem notärztlichen Vorfall stürmte Simone Raatz nach 58:39 Minuten als Zweite über die Ziellinie. „Was ein Comeback“ jubelte die inzwischen 49jährige Karlsruherin, die 2013 und 2019 am Reschensee bereits auf dem obersten Podestplatz gestanden hat. Zwölf Jahre nach ihrem ersten Sieg war sie nun gerade einmal zwanzig Sekunden langsamer bei der Jubiläumsausgabe. „Ich habe mir keinen Druck gemacht und eher im Wohlfühlmodus mein Rennen gelaufen“, schilderte sie Allroundläuferin mit Vorlieben für Berg- und Straßenläufe ihre Einstellung zu ihrem ersten Start seit Mai. Erster Gratulant war übrigens Organisator Gerald Burger, der ihr noch am Mittag den Rat „Genieße den Lauf und mache das Beste daraus!“ mit auf den Weg gab und sich mit Simone über diesen besonderen Coup freute.

In einem spannenden Rennverlauf um die Podestplätze hinter Tereza Hroachova zeigte Simone das bessere Stehvermögen gegenüber der Belgierin Petra de Sadeleer (59:10) und der 2022-Siegerin Bernadette Schuster aus Österreich (59:15) und holte sich zudem die W45-Wertung.

Wie schon bei den Masters gab es auch in den weiteren Frauen-Kategorien mit Hannelore Lyda von der SG Bredenbeck-Holtensen in der W65 mit 1:13:49 Stunden einen ersten Podestplatz.

Und Gerald Burger durfte nach einem „gefühlt 26-Stunden-Tag“ überaus zufrieden Bilanz ziehen: „

Der Reschenseelauf hat sicherlich in den 26 Jahren viele Geschichten geschrieben. Eine besonders schöne durften wir heute erleben. Angesichts der rund 400 Kinder und Jugendlichen mache ich mir für die Zukunft des Reschenseelaufes keine Sorgen“.

Für den Touristiker am Reschensee ist Sport Zukunft und Gemeinschaft, gerade angesichts der weltweiten Krisen und Erschütterungen. Und Grauns Bürgermeister Franz Prieth attestierte bei der Siegerehrung zur mitternächtlichen Stunde den Läufern aus vielen Nationen wie auch der Organisation des Rennerclub Vinschgau-Raiffeisen eine mega Leistung bei dieser Jubiläumsveranstaltung und zeigte sich begeistert von den „Riesen Emotionen“, die der Reschenseelauf in seiner Gemeinde einmal mehr hervorgerufen hatte.

Und diese waren gewiss nicht mit der großen Siegerehrung beendet, sondern zeigten sich sowohl bei den Läufern als auch bei den Organisatoren samt Servicepersonal noch über die „restliche Nacht“.

Wilfried Raatz

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