Spannend machte es im Weitsprung Sebastian Bayer. Die ersten beiden Sprünge des zweifachen Hallen-Europameisters waren übergetreten, nun wurde es knapp für die Qualifikation für den Endkampf. 8,03 Meter sicherten ihm drei weitere Versuche, zu diesem Zeitpunkt lag er damit auf Platz fünf. Im fünften Versuch flog er dann auf 8,33 Meter und war damit zwölf Zentimeter weiter gesprungen als der Spanier Luis Felipe Meliz. ©EAA - European Athletics
EM in Helsinki – Goldener Abschlusstag – Teil 2 – Wolfram Marx berichtet
Zwei Goldmedaillen, dreimal Silber und zweimal Bronze: So lautet die Bilanz der deutschen Mannschaft am Abschlusstag der Europameisterschaften 2012. Dabei wurde den Zuschauern alles geboten. Erfolgreiche und spannende Rennen der Staffeln, eine Zitterpartie im Weitsprung durch Sebastian Bayer und einen der hochkarätigsten Stabhochsprungwettbewerbe bei Meisterschaften.
Ein goldenes Rennen legten die deutschen Sprinterinnen Leena Günther (LT DSHS Köln), Anne Cibis (MTG Mannheim), Tatjana Pinto (LG Ratio Münster) und Verena Sailer (MTG Mannheim) auf die Bahn. Mit 42,51 Sekunden waren sie schneller als die Niederlande (42,80 Sekunden, Landesrekord) und Polen (43,06 Sekunden). „Für mich war es jetzt eine Wiedergutmachung. Wir haben uns nur auf die Staffel konzentriert“, freute sich Verena Sailer, die im Einzelrennen als Titelverteidigerin nur Sechste wurde, entsprechend enttäuscht war.
Podiumsplätze konnte sich auch die Staffeln der Männer sichern. Julian Reus (TV Wattenscheid 01), Tobias Unger (VfB Stuttgart), Alexander Kosenkow (TV Wattenscheid 01) und Lucas Jakubczyk (Berlin) zeigten sein starkes und schnelles Rennen (38,44 Sekunden), was mit Silber belohnt wurde. Damit lagen sie nur eine Zehntelsekunde hinter den Europameistern aus den Niederlanden. Bronze ging an Frankreich in 38,46 Sekunden.
Den Medaillensatz der Staffelläufer vervollständigten die 400-Meter-Läufer, denn Jonas Plass (Team Wendelstein), Kamghe Gaba (LG Stadtwerke München), Eric Krüger (SC Magdeburg) und Thomas Schneider (Dresdner SC) sicherten sich Bronze, die erste Medaille für eine Viertelmeiler-Mannschaft seit 16 Jahren. Das Frauen-Team mit Esther Cremer (TV Wattenscheid 01), Janin Lindenberg (SC Magdeburg), Christiane Klopsch (LG Ovag Friedberg Fauerbach) und Fabienne Kohlmann (LG Karlstadt/Gambach/Lohr) wurde Fünfter.
Bayer zittert beim Weitsprung
Spannend machte es im Weitsprung Sebastian Bayer. Die ersten beiden Sprünge des zweifachen Hallen-Europameisters waren übergetreten, nun wurde es knapp für die Qualifikation für den Endkampf. 8,03 Meter sicherten ihm drei weitere Versuche, zu diesem Zeitpunkt lag er damit auf Platz fünf. Im fünften Versuch flog er dann auf 8,33 Meter und war damit zwölf Zentimeter weiter gesprungen als der Spanier Luis Felipe Meliz.
Im letzten Versuch setzte Bayer dann noch einen Zentimeter drauf. „Im dritten Versuch ging mir ein bisschen die Flatter. Priorität war, ihn bloß nicht ungültig zu machen. Das war für den Kopf der anstrengendste Wettkampf, den ich je mitgemacht habe. Es hat sehr viel Energie gekostet, die Zitterpartie zu überstehen, aber jetzt bin ich einfach nur glücklich“, beschrieb er seine Gefühlslage während und nach dem Wettkampf.
Silber wird für Nadine Müller die Standardfarbe bei internationalen Meisterschaften. Aus dem südkoreanischen Daegu nahm sie im vergangenen Jahr die entsprechende Medaille mit, nun folgte in Helsinki die nächste. Im dritten Versuch flog der Diskus der Hallenserin auf 65,41 Meter, damit übernahm sie die Führung. Übertreffen konnte diese Weite nur die Kroatin Sandra Perkovic mit 67,62 Metern, die damit ihren Titel von Barcelona 2010 erfolgreich verteidigte. Bronze ging an die Ukrainerin Nataliya Semenova mit 62,91 Metern.
Gut präsentierten sich auch Anna Rüh (SC Neubrandenburg) mit 62,65 Meter und Julia Fischer (Berlin) mit 62,10 Meter, die ihnen die Plätze vier und fünf einbrachten. Müller zeigte sich mit Wettkampf und Ergebnis zufrieden: „Ich konnte der Kroatin heute nicht mehr kontern. Der Wettkampf lief einigermaßen, ich habe aus dem Training heraus geworfen und von daher Silber gewonnen und nichts verloren.“ Enttäuscht über den fünften Platz war Julia Fischer: „Ich wollte heute gerne Dritte werden. Es hat einfach nicht gereicht. Die Leistung war okay, jetzt bereite ich mich auf Olympia vor. Dort soll es eine neue Bestleistung geben.“
Ein positives Fazit für sich selbst zog Anna Rüh, für die in London ebenfalls eine neue persönliche Bestmarke das Ziel ist: „Mit der Weite über 62 Meter und der Olympianorm bin ich sehr zufrieden. Zwischendurch hatte ich Würfe, die nicht gut waren. Dann habe ich mich aber doch gefangen. In London wird es auf jeden Fall schwieriger. Ins Finale zu kommen, wäre eine Überraschung.“
John und Klaas verpassen die Medaille knapp
Für Hürdensprinter Alexander John (LAZ Leipzig) wurde es eine knappe Angelegenheit über 100 Meter Hürden, doch am Ende musste er sich mit dem medaillenlosen Platz vier begnügen. 13,38 Sekunden reichten nicht nur nicht für Bronze, die persönliche Bestzeit verpasste er um drei Hundertstelsekunden. Neuer Europameister ist der Russe Sergey Shubenkov (13,16 Sekunden), Silber und Bronze gingen an Garfield Darien (Frankreich) mit 13,20 Sekunden und den Polen Artur Noga (13,27 Sekunden).
Shubenkov hatte im Halbfinale ein eindrucksvolles Rennen auf die Bahn gebracht und mit 13,09 Sekunden einen neuen Landesrekord erzielt. Trotzdem war John zufrieden: „Ich bin mit dem vierten Platz glücklich. Ich hoffe, dass ich dieses Jahr noch eine Zeit unter 13,30 Sekunden laufen kann.“
Ebenfalls Vierte wurde im Hammerwurf wurde mit einem Wurf von 70,34 Metern die Frankfurterin Kathrin Klaas, der Titel ging an die Polin Anita Wlodarczyk (74,29 Meter), Silber holte die Slowakin Martina Hrasnova (73,24 Meter) und Bronze ging an die Russin Anna Bulgakova (71,47 Meter). „Ich habe ein lachendes und ein weinendes Auge. Ich will mehr zeigen als den vierten Platz.“
Silber und Bronze im Stabhochsprung
Einen spektakulären und sportlich hochklassigen Wettbewerb mit Höhen, wie sie nicht häufig bei Meisterschaften zu sehen sind, zeigten die Stabhochspringer den knapp 20.000 Zuschauern im Olympiastadion von Helsinki. 5,92 Meter sprang Björn Otto (LAV Bayer Uerdingen/Dormagen), doch für Gold reichte es nicht, denn wieder einmal sprang der Franzose Renaud Lavillenie mit 5,97 Metern noch ein bisschen höher. Bis 5,77 Meter wies der Zweibrücker Raphael Holzdeppe eine makellose Weste auf, er lag in Führung. Dann war Lavillenie gefordert, was er gerne annahm und im dritten Versuch 5,82 Meter überquerte.
Dann begann das Pokerspiel, denn nur noch Otto und Lavillenie waren im Wettbewerb. Otto ließ 5,87 Meter aus, er hatte auch einen Fehlversuch mehr als Lavillenie, wenn er ebenfalls über diese Höhe gekommen wäre, hätte er die Führung immer noch nicht übernehmen können. Die nächste Höhe waren 5,92 Meter, Otto schaffte es. Dann folgten 5,97 Meter, der Weltmeister aus Frankreich schaffte sie im ersten Versuch. Also blieb Otto keine Wahl, als 6,02 Meter auflegen zu lassen.
Hier war dann für beide Schluss, Lavillenie hatte Gold, Otto Silber und Holzdeppe Bronze. Otto war überaus zufrieden mit Silber und der neuen persönlichen Bestleistung von 5,92, sieht sich aber für höhere Sphären gerüstet: „Ich denke, ich kann 6,02 Meter springen. Aber dass Renaud Lavillenie nach 5,92 Metern direkt über 5,97 Meter gesprungen ist, das war schon ein Wort.“
Auch Holzdeppe freute sich über Platz drei: „Ich habe Bronze gewonnen, mein Ziel war unter die ersten Fünf zu kommen. Ich habe noch ein bisschen Zeit bis Olympia´, dort sind dann 5,80 Meter oder mehr möglich. Ich fühle, dass ich noch höher springen kann.“
Wolfram Marx