Nach Steffen Uliczka am Eröffnungstag der Titelkämpfe schafften am zweiten Tag auch Antje Möldner-Schmidt (LC Cottbus), Gesa-Felicitas Krause (LG Eintracht Frankfurt) und Sannaa Koubaa (LG Hilden) die Qualifikation für den Endlauf
EM Helsinki – Zweiter Tag, zweite Medaille – Behrenbruch gewinnt GOLD – Wolfram Marx berichtet von den Europameisterschaften aus Helsinki
Den ersten Titel für die deutsche Mannschaft gewann bei den Europameisterschaften in Helsinki Zehnkämpfer Pascal Behrenbruch (LG Eintracht Frankfurt). Er zeigte einen starken Zehnkampf und sicherte sich den Titel mit 8.558 Punkten und einer neuen persönlichen Bestleistung.
Am Ende hatte er sich einen Vorsprung von 237 Punkten auf den Silberrang erkämpft. Daneben wies der zweite Tag vor einer Gesamtkulisse von 35.824 Zuschauern aber Licht und Schatten auf, denn neben der Goldmedaille mussten die deutschen Athleten auch ein paar Enttäuschungen verkraften.
Nach dem silbernen Auftakt durch Arne Gabius war für die deutschen Läufer am zweiten Tag keine Medaille zu erwarten, denn der einzige Endlauf im Mittel- und Langstreckenlauf waren die 5.000 Meter der Frauen. Am Start stand nach der Doping-Affäre um Simret Restle-Apel und deren abenteuerlicher Geschichte über die von ihr selbst gesetzte EPO-Spritze nur Maren Kock (LG Telis Finanz Regensburg).
Für sie ging es bei ihrer ersten großen internationalen Meisterschaft aber um das Sammeln von Erfahrungen. Sie wurde 17., mit der Platzierung und dem Rennen war sie zufrieden, nur die Zeit freute sie nicht. „Es war gut so. Ich hatte am vergangenen Wochenende noch einen kleinen Infekt und habe mich danach schlapp gefühlt. Es hat Spaß gemacht in einem solchen Stadion mit den „Stars" zu laufen. Ich habe es genossen. Die Zeit von 15:52,74 Minuten hätte aber besser sein können." Doch der Spaß überwiegt und ihre Zukunft sieht sie auf den 5.000 Metern. „Das wird meine Strecke. Ich habe hier meine Erfahrungen gesammelt. Ich bin ja noch jung, da hilft eine solche Meisterschaft."
Trotz ihres Wechsel nach Regensburg Anfang des Jahres trainiert sie weiter in ihrer Heimat im Emsland. Die Trainingsphilosophien ihres Coaches Arno Kosmider und des Regensbuger Chefcoaches Kurt Ring stimmen überein. „Die Trainingsinhalte werden von beiden abgesprochen, die Trainingslager führen wir zusammen durch."
Europameisterin wurde die Russin Olga Golovkina, die sich durch eine sehr starke Zielgerade von Platz vier auf den Goldrang nach vorne schob. Rund zehn Meter vor dem Ziel lief sie an der bis dahin führenden Portugiesin Sara Moreira vorbei und sicherte sich in 15:11,70 Minuten den Titel. Die bereits die Arme hochreißende Portugiesin (15:12,05 Minuten) verlor dann auf der Ziellinie auch noch Silber, denn in diesem Moment schob sich die Ukrainerin Lyudmyla Kovalenko (15:12,03 Minuten) an ihr vorbei. Moreira, die mit der europäischen Jahresbestzeit (15:08,33 Minuten) und einer persönlichen Bestzeit von 14:54,71 Minuten die Favoritin war, hatte das Rennen mit einem Fehlstart begonnen.
Nach dem regelgrechten Start blieb bis zum vierten Kilometer ein Gruppe von rund 13 Läuferinnen relativ geschlossen zusammen, dann forcierte Moreira das Tempo und lief mit der Britin Julia Bleasdale an der Spitze. Kock hielt sich die meiste Zeit in einer zweiten kleineren Gruppe auf, die Abstand zum Feld hatte. Kurz nach dem dritten Kilometer lief Kock dann alleine, da vor ihr zwei Läuferinnen aufgegeben hatten. „Ich wollte nicht alleine laufen, plötzlich sind die beiden raus und ich bin doch alleine. Dabei war das Tempo okay. Auf dem vierten Kilometer musste ich dann etwas kämpfen, der letzte war wieder gut."
Souveräne Hindernisläuferinnen
Nach Steffen Uliczka am Eröffnungstag der Titelkämpfe schafften am zweiten Tag auch Antje Möldner-Schmidt (LC Cottbus), Gesa-Felicitas Krause (LG Eintracht Frankfurt) und Sannaa Koubaa (LG Hilden) die Qualifikation für den Endlauf, obwohl Sanaa Koubaa wie Uliczka am letzten Hindernis stürzte. Sie lief in ihrem Vorlauf ein kontrolliertes Rennen und arbeitete sich auf dem letzten Kilometer kontinuierlich nach vorne. Auf der Zielgerade lag sie auf dem vierten Rang, der die direkte Qualifikation fürs Finale gesichert hätte. Am letzten Hindernis machte die vor ihr Laufende dann eine Bewegung zur Seite, so dass Koubaa ausweichen und nicht mehr übers Hindernis springen konnte, sondern die Hände zu Hilfe nehmen musste und sich drüber kämpfte.
Ein Sturz folgte, doch sie erzielte mit 9:43,08 Minuten noch eine persönliche Bestzeit. „Ich wollte auf den letzten 100 Metern noch attackieren, doch ich konnte durch diesen Schritt der anderen nicht richtig abspringen. Dabei habe ich die ganze Zeit darauf geachtet, dass ich frei laufen kann. Ich hätte hier die Norm für London (9:39,00 Minuten, Anm. Red.) schaffen können."
Im zweiten Lauf bestimmte Antje Möldner-Schmidt praktisch von Beginn an das Tempo, im Rennverlauf riss das Feld immer weiter auseinander und nur noch die Türkin Gülcan Mingir und Gesa-Felicitas Krause konnten ihr schließlich folgen. „Es war nicht der Plan, dass ich das Tempo mache, aber ich wollte mich aus allem Gerangel heraushalten." Die beiden Deutschen kontrollierten das Tempo und sicherten sich ungefährdet die Qualifikation für das Finale. „Das Ziel hier war das Finale. Dort ist eine Bestzeit nötig. Die wollte und will ich aber hier auch laufen. Mal sehen, was dann dabei herauskommt", lautete Krauses Fazit.
Auch Möldner-Schmidt (9:33,47 Minuten), die nach ihrer Krankheit zum ersten Mal seit der Weltmeisterschaft in Berlin 2009 wieder bei internationalen Titelkämpfen am Start ist, setzt sich für den Endlauf keine konkreten Ziele: „Es ist aufregend wieder dabei zu sein, mit der Atmosphäre und all den Gegebenheiten wie Callroom. Nun will ich im Finale einfach schauen, was geht. Ich hoffe auf eine gute Erholung bis dahin."
Chancen auf eine Medaille haben Krause und Möldner-Schmidt. Alle drei haben sich in den Vorläufen in guter Form gezeigt. Für Koubaa ist das Ziel der Norm für London realistisch, sie hätte es ohne Sturz bereits im Vorlauf schaffen können. Es wird ein spannendes und interessantes Finale mit den drei Deutschen.
Aus im Halbfinale
Den Traum vom Finale konnten sich die beiden deutschen 800-Meter-Läufer Sebastian Keiner (Erfurter LAC) und Sören Ludolph (LG Braunschweig) nicht erfüllen. Keiner lief sein Rennen offensiv und lag zur Halbzeit bei einer Durchgangszeit von 51,54 Sekunden auf Platz drei. Auf der Zielgeraden fand der auf der Innenbahn laufende Erfurter keine Lücke. Auf der Ziellinie wurde er dann noch vom Norweger Thomas Roth überspurtet und belegte schließlich in 1:46,91 Platz fünf.
Die Chance sich als einer von zwei Zeitschnellsten aus den drei Zwischenläufen zu qualifizieren, verpasste er damit um drei Hundertstel. „Ich habe keine großen Fehler gemacht, ich hätte nur vorher rüber laufen müssen, da innen kein Platz war. Es ist nicht so schlimm, das kann bei einer Europameisterschaft passieren." Nun will er am 6. Juli in Bottrop versuchen, die Olympia-Norm von 1:45,55 zu knacken. Es ist für ihn kein Ding der Unmöglichkeit, er zeigt sich in dieser Saison stärker als in den Vorjahren.
Überhaupt nicht zufrieden mit seinem Rennen war dagegen Sören Ludolph. „Ich hätte auf der Gegengeraden bei 500 Meter antreten müssen. Es ärgert mich maßlos, denn es war meine eigene Dummheit", schimpfte er im Ziel. Bereits nach der ersten Runde war bei der Zwischenzeit von 53,95 Sekunden klar, dass ein Weiterkommen über die Zeitregel praktisch nicht mehr möglich war. Dies besonders unter dem Aspekt, dass der spurtstarke Russe Yuriy Borzakovskiy in diesem Rennen dabei war, der sich dann auch in der letzten Rennhälfte Platz zwei sicherte. Besonders unzufrieden war Ludolph zurecht mit seiner Zeit von 1:48,06 Minuten. „Die Zeit ist so schlecht. Aber es hilft nichts. Ich muss es abhaken und Richtung Olympische Spiele schauen."
Gold für Behrenbruch
Behrenbruch konnte sich den angestrebten Zehnkampftitel am Ende souverän sichern und schaffte mit 8.558 Punkten eine neue persönliche Bestleistung. Dazu kommen noch zwei persönliche Bestleistungen im Kugelstoßen und Stabhochsprung. Er lag fast den gesamten Wettkampf auf Platz zwei hinter dem Ukrainer Oleksiy Kasyanov, nach Disziplin Nummer acht, dem Stabhochsprung übernahm er dann die Führung, die er durch einen starken Speerwurf dann weiter ausbaute, so dass er mit 246 Punkten Vorsprung in den abschließenden 1.500-Meter-Lauf ging.
Behrenbruch ist damit der erste europäische Titelträger aus Deutschland seit 1971, damals gewann Joachim Kirst. Interessant wird Behrenbruchs Titelgewinn aber auch durch seinen Konflikt mit dem Deutschen Leichtathletikverband. Nachdem der Frankfurter aus der Förderung des Verbandes herausgeflogen war, schloss er sich in Estland der Trainingsgruppe des ehemaligen Olympiasiegers Erki Nool an. „Ich wollte unbedingt einer bestimmten Person zeigen, dass ich doch siegen kann. Ich sage, die Leistung gibt meinem Weg Recht, der so perfekt für mich ist. Ich habe in Estland mit meinem neuen Trainer Andrei Nazarov perfekt zusammengearbeitet", lautete sein Fazit nach dem Wettkampf.
Beim DLV will man die Unstimmigkeiten und das Thema möglichst klein halten. DLV-Vizepräsident Günther Lohre, verantwortlich für den Leistungssport, ist erstaunt, dass sich solche Vorurteile, wie sie von Behrenbruch gekommen seien, halten. „Der Verband hat nicht willkürlich reagiert, das ist nicht der Fall. Das Verhältnis ist gut. Leistungssport ist aber auch Erziehung." Der Verband müsse in manchen Situationen einfach konsequent handeln. „Die Konflikte sind ausgeräumt. Wir haben nicht das Gefühl, etwas falsch gemacht zu haben."
Titelverteidigung nicht gelungen
Eine leichte Enttäuschung gab es dagegen für Verena Sailer (MTG Mannheim) über 100 Meter. Die Titelverteidigerin war chancenlos und belegte am Ende mit 11,42 Sekunden nur Rang sechs. „Ich bin schon echt enttäuscht. Ich hatte mir mehr ausgerechnet. Woran es gelegen hat, kann ich nicht genau sagen. Es lief einfach nicht. Der Start war noch echt gut. Ich wollte hinten noch ein bisschen Gas geben, aber es ging nicht." Nun will sie versuchen mit ihren Disziplinkolleginnen in der Staffel ein gutes Ergebnis zu erzielen. Alles andere als eine Medaille wäre eine Überraschung, denn immerhin standen neben Sailer mit Anne Cibis (MTG Mannheim, 11,54 Sekunden, Platz sieben) und Tatjana Pinto (LG Ratio Münster, 11,62 Sekunden, Platz acht) zwei weitere deutsche Läuferinnen im Finallauf. Den Titel holte sich die Weißrussin Ivet Lalova in 11,28 Sekunden.
Knapper geht's nicht
Enttäuscht war nach ihrem letzten Sprung auch Sosthene Taroum Moguenara (TV Wattenscheid 01). Sie verpasste die Bronzemedaille im Weitsprung mit 6,66 Meter um einen Zentimeter. Bei der Betrachtung des gesamten Wettkampfs war sie trotz der knappen Entscheidung mit ihrem vierten Platz zufrieden. „Ich weiß nicht, wo der eine Zentimeter geblieben ist. Er wollte einfach nicht kommen. Ich bin trotzdem sehr glücklich, es war ein super Wettkampf." Den achten Platz erreichte Melanie Bauschke (LG Nike Berlin) mit 6,50 Meter. Gold ging an die Französin Éloyse Lesueur, für die 6,81 Meter gemessen wurden.
Wolfram Marx
Day 2 Stats by Ken Nakamura
4.45 by J Ptacnikova is the highest vault in qualifying round of European Championships
4.35 by Ledaki, Pyrek, Mazuryk and Pena is the highest vault which failed to qualify for the final
Europameisterschaft in Helsinki (Finnland)