Da wollte David Storl natürlich nicht nachstehen. Rund drei Stunden nach Kleinert machte er den dritten Tag in Helsinki zum goldenen Tag der deutschen Kugelstoßer. Von Beginn an zeigte er den Konkurrenten, wer der Chef im Ring ist. Sein erster Stoß auf 21,19 Meter hätte zum Sieg mit einem Vorsprung von über 60 Zentimetern gereicht, am Ende waren es mit 21,58 Metern 103 Zentimeter Vorsprung ©EAA - European Athletics
EM Helsinki – Der goldene Tag der Kugelstoßer – Der dritte Tag der Europameisterschaften in Helsinki – Wolfram Marx berichtet
Drei Silbermedaillen hat Nadine Kleinert bei Welttitelkämpfen gewonnen, eine bei den Olympischen Spielen in Athen 2004, Gold war ihr bei internationalen Meisterschaften außer bei der U23 Europameisterschaft 1997 noch nie vergönnt. Nun hat sie in ihrem vermutlich letzten Jahr als Aktive ihren ersten internationalen Titel gewonnen.
Der vierte wurde ihr goldener Versuch. Mit 19,18 Meter baute sie ihre Spitzenposition, die sie seit dem ersten Versuch innehatte, um drei Zentimeter aus und sicherte sich Platz eins. Josephine Terlecki (18,33 Meter) und Christina Schwanitz (18,25) Meter) rundeten das gute Ergebnis für die deutschen Kugelstoßerinnen mit den Plätzen vier und fünf ab. „Ich ärgere mich ein bisschen über die Weite, aber es war die einzige Medaille, die mir in meiner Sammlung noch gefehlt hat, und jetzt ist sie da“, freute sich und bedankte sich bei allen, die ihr in 22 Jahren Sportlerkarriere geholfen hatten.
Sie genoss und feierte den Titel mit Freudensprüngen und einer kleinen Ehrenrunde. Die Russin Irina Tarasova holte mit 18,91 Metern Silber, unbändige Freude zeigte die Italienerin Chiara Rosa (18,47 Meter) und Platz drei.
Da wollte David Storl natürlich nicht nachstehen. Rund drei Stunden nach Kleinert machte er den dritten Tag in Helsinki zum goldenen Tag der deutschen Kugelstoßer. Von Beginn an zeigte er den Konkurrenten, wer der Chef im Ring ist. Sein erster Stoß auf 21,19 Meter hätte zum Sieg mit einem Vorsprung von über 60 Zentimetern gereicht, am Ende waren es mit 21,58 Metern 103 Zentimeter Vorsprung. Der drittbeste Stoß, den er bislang geschafft hat. „Ich hatte mir 21,50 Meter vorgenommen. Ich bin sehr zufrieden.“
Beim vierten Versuch hatte er das bereits Probleme bereitende linke Knie wieder gespürt, den letzten Versuch ließ er dann aus. Für die Olympischen Spiele hat sich der 21-Jährige nun eine Weite von 22 Metern vorgenommen. Zweiter wurde schließlich der Niederländer Rutger Smith, Dritter wurde Asmir Kolasinac aus Serbien, der die Kugel auf 20,36 Meter wuchtete. Marco Schmidt belegte mit 19,65 Metern Platz acht.
Es klingt schon wie eine Seuche bei Christina Obergföll. Gold scheint für die Speerwerferin wie hermetisch verriegelt, denn bei allen großen internationalen Meisterschaften, bei denen sie am Start war, gehörte sie zu den Favoritinnen, am Ende stand aber eine Konkurrentin auf der höchsten Stufe des Siegerpodests. So auch dieses Jahr in Helsinki. Diesmal war es die Ukrainerin Vira Rebryk, die ihren Traum platzen ließ. Im ersten Versuch warf Obergföll 65,12 Meter, eine Weite, an der keine der Konkurrentinnen in den nächsten vier Versuchen herankam.
Erst im fünften Durchgang warf die Ukrainerin mit 66,86 Metern einen neuen Landesrekord, setzte sich an die Spitze und Obergföll unter Zugzwang. „Ich wusste die ganze Zeit, es kann etwas passieren. Als es dann passiert ist, habe ich an mich geglaubt und es versucht, aber irgendwie wollte ich zu viel. Es hätte ja auch mal klappen können“, meinte sie nach außen zwischen Zufriedenheit über eine gute Serie und Ärger über die verlorene Goldmedaille schwankend. Innerlich wog aber der Ärger über, ganz verbergen konnte sie es nicht.
Über Bronze freute sich Titelverteidigerin Linda Stahl. Für sie standen am Ende 63,69 Meter zu Buche. „Ich freue mich. 66 oder 67 Meter hätte ich sowieso nicht geworfen. Nach dem Seuchenjahr 2011 mit Verletzungen ist dieser Erfolg für mich eine Genugtuung. Jetzt werde ich mich die nächsten vier Wochen in Ruhe auf die Olympischen Spiele vorbereiten.“
Einen echten Tiefschlag gab es für die deutsche Mannschaft während der Vormittagsveranstaltung, denn Weltrekordler Betty Heidler verpasste die Qualifikation fürs Finale im Hammerwurf. Nach zwei ungültigen Versuchen lag der Druck auf dem letzten Wurf und es ging gründlich schief. Der Wurf touchierte den Ring und landete bereits bei 65,09 Metern. Damit wurde sie in ihrer Qualifikationsgruppe nur Neunte, und es war bereits klar, dass es mit dem Finale und der ersehnten und von vielen erwarteten Medaille nichts wird. „Es ist schwierig, das zu erklären. Ich habe überhaupt nicht reingefunden. Technisch war es natürlich nicht schön“, meinte sie sichtlich enttäuscht. Bleibt abzuwarten, wie sie mit der Situation im Hinblick auf die Olympischen Spiele umgeht.
Das verflixte letzte Hindernis
Seine Ziele waren klar. Steffen Uliczka wollte einen Platz unter den ersten sechs bei der Europameisterschaft, seine gute Platzierung von Barcelona 2010 bestätigen und zeigen, dass er zu den Top-Hindernisläufern in Europa gehört. Gelungen ist es ihm nicht. In einem langsamen und unrhythmischen Rennen musste er den Tempowechseln Tribut zollen und erreichte am Ende nur den für ihn enttäuschenden zehnten Platz. Das Rennen lief anders als erwartet, das Tempo war langsam, der erste Kilometer wurde in 2:59,48 Minuten zurückgelegt, keiner wollte Tempo machen.
So lief Steffen Uliczka am Anfang an der Spitze des Feldes, aber nicht weil er das Tempo bestimmen wollte, sondern weil es „vorne bequemer“ ist. Dann rutschte er unmerklich nach hinten. „Wenn man innen läuft, wird man schnell durchgereicht und ist schnell ganz hinten. Es war ein kleiner Fehler, dass ich die Position aufgegeben habe. Vielleicht war ich da zu ruhig. Aber ich habe sie mir wieder erkämpft“, meinte der Kieler. Er war rund fünf Meter hinter den Führenden, eine Lücke, die er nicht mehr schließen konnte. Vorne forcierten nach der Zwei-Kilometer-Marke die beiden Franzosen Mahiedine Mekhissi-Benabbad und Nordine Gezzar. Mekhissi-Benabbad und der Spanier Victor Garcia liefen nebeneinander auf die Zielgerade und auf das letzte Hindernis zu.
Nebeneinander machten beide zusammen den Hürdenschritt, dann passierte es wieder einmal: Garcia stürzte. Mekhissi-Benabbad kam zu einem ungefährdeten Sieg in 8:33,23 Minuten und Garcia (8:35,87 Minuten) verlor Platz Zwei noch an den Türken mit kenianischen Wurzeln, Tarik Langat Akdag (8:35,24 Minuten). Garcias Sturz ist bereits der dritte am letzten Hindernis bei den diesjährigen Europameisterschaften. Uliczka beendete das Rennen dann als Zehnter in 8:41,53 Minuten und war nicht zufrieden: „Die sechs Plätze nach vorne waren drin. Ich habe mir aber nichts vorzuwerfen. Es waren insgesamt gute Leistungen, nur die Platzierung ist ärgerlich.“
Nun will er am 5. Juli in Lüttich einen letzten Versuch unternehmen, die Olympianorm von 8:23,00 zu brechen. Seine Form stimmt, vom Sturz im Vorlauf hat er keine Blessuren davon getragen und mit einem guten Feld ist es durchaus möglich, seine Saisonbestzeit von 8:24,43 Minuten entsprechend zu verbessern.
Der alte Hase ist der schnellste
Wieder einmal setzte sich der Russe Yuriy Borzakovskiy in einem 800-Meter-Meisterschaftsrennen im Spurt durch. Dabei machten es ihm die Konkurrenten auch nicht schwer, denn die ersten 400 Meter wurden nach 55,17 Sekunden durchlaufen. Mit einem solchen Tempo spielten sie Borzakovskiy in die Hände, denn es war klar, dass das Rennen in einem Spurt entschieden wird. Bei 600 Metern, Zwischenzeit 1:22,79 Minute, war das Feld noch immer geschlossen, Borzakovskiy lag mittlerweile auf Rang vier.
Auf der Zielgeraden überlief der 31-Jährige dann wie erwartet das Feld und sicherte sich in 1:48,61 Minute den Titel. Zweiter wurde überraschend der Däne Andreas Bube in 1:48,69. Er nutzte eine kleine Lücke auf der Innenbahn, die sich aufgetan hatte und schob sich fast auf der Markierung der Bahn laufend nach vorne. Bronze ging an den Franzosen Pierre Ambroise Bosse, der das ganze Rennen an der Spitze gelaufen war. Wie knapp die Entscheidung schließlich war, zeigt sich auch daran, die zwischen dem Ersten und dem Achten nur eine Differenz von 93 Hundertstelsekunden liegt.
Im Spurt von sieben auf zwei
Ein selten spannendes Ende erlebten die Zuschauer beim Finalrennen über 800 Meter der Frauen. 600 Meter vor dem Ziel waren die Medaillen nach einer Eingangsrunde von 57,29 Sekunden augenscheinlich schon vergeben, denn die Russin Irina Maracheva, die Weißrussin Maryna Arzamasava und die Russin Yelena Arzhakova hatten einen Vorsprung von rund zehn Meter auf den Rest des Feldes. So gingen die drei auch nebeneinander auf die Zielgerade, dann drehte Arzhakova richtig auf und ließ die anderen quasi stehen. 50 Meter vor dem Ziel war klar, dass sie den Titel gewinnen wird. Maracheva und Arzamasava kämpften um Silber und waren gleichauf.
Rund 15 Meter vor dem Ziel bekam Arzamasava muskuläre Probleme und ins Straucheln. Maracheva lief einem ungefährdeten zweiten Platz entgegen, doch von hinten kam die Britin Lynsey Sharp angeflogen. Sie hatte eingangs der Zielgerade noch auf Platz sieben gelegen und nahm Maracheva auf der Ziellinie mit einer neuen persönlichen Bestzeit von 2:00,52 Minuten die Silbermedaille ab. Arzhakova gelang in 1:58,51 Minuten die einzige Zeit in Helsinki unter zwei Minuten, Maracheva hatte mit 2:00,66 Minuten einen Rückstand 14 Hundertstel auf die Britin.
Enttäuschungen mussten Hochspringer Eike Onnen und Hürdenläufer Georg Fleischhauer verkraften. Onnen überquerte wegen Schmerzen am Sprungfuß nur 2,20 Meter und wurde Zehnter. Die Qualifikation für die Olympischen Spiele ist damit praktisch nicht mehr möglich, denn die Wahrscheinlichkeit, dass er es am 1. Juli in Eberstadt versuchen wird, ist gering. Für Georg Fleischhauer steht nun ein sechster Platz in seinem ersten EM-Finale in den Statistikbüchern. Die beiden letzten Hürden machten ihm Probleme, die Kraft ließ merklich nach und 50,11 Sekunden enttäuschten ihn besonders.
Damit war der Versuch, die Olympianorm von 49,30 Sekunden zu unterbieten, für den 23-Jährigen, der im Frühjahr mit Achillessehnenproblemen zu kämpfen hatte, gescheitert.
Wolfram Marx
Europameisterschaft in Helsinki (Finnland)