2009 World Outdoor Championships Berlin, Germany August 15-23, 2009 Photo: Jiro Mochizuki@Photo Run Victah1111@aol.com 631-741-1865 www.photorun.NET
EM Helsinki – Antje Möldner-Schmidt krönt ihr Comeback mit Bronze – Wolfram Marx berichtet
Antje Möldner-Schmidt (SC Potsdam) ist endgültig wieder zurück im Kreis der europäischen Spitze über 3.000 Meter Hindernis. Nach ihrer schweren Erkrankung der Lymphzellen und daraus resultierenden über ein Jahr dauernden Sport- und Wettkampfpause hat sie ihr Comeback nun mit der Bronzemedaille bei den europäischen Titelkämpfen gekrönt.
Nach dem Vorlauf mit der souveränen Qualifikation war ihr und auch Gesa-Felicitas Krause (LG Eintracht Frankfurt) eine Medaille zuzutrauen. Favoritin über die 3.000 Meter Hindernis war als europäische Jahresbeste aber die Türkin Gülcan Mingir. Ihr war am 9. Juni im bulgarischen Pavlow mit 9:13,53 Minuten ein neuer Landesrekord gelungen. Die dritte Deutsche, Sanaa Koubaa (LG Hilden) wollte erneut versuchen, Qualifikationszeit für die Olympischen Spiele zu schaffen.
Von Anfang an sortierten sich Möldner-Schmidt und Krause vorne, Mingir war ebenfalls in der Führungsgruppe. Der erste Kilometer wurde in 3:14,53 Minuten zurückgelegt. Es entwickelte sich ein sehr unrhythmisches Rennen mit ständigen Tempo- und Führungswechseln. Nach der zweiten Kilometermarke (6:31,92 Minuten) zog sich das Feld auseinander, die Ukrainerin Svetlana Shmidt bestimmte das Tempo. Krause lief direkt dahinter, Möldner-Schmidt hatte ein paar Meter Rückstand auf die Dreiergruppe. So ging es in die letzte Runde, Krause ging die nächste Tempoverschärfung von Shmidt mit.
Nach dem letzten sich Mingir von Shmidt lösen und holte sich Gold. Dahinter war Möldner-Schmidt mittlerweile an Krause herangelaufen und 80 Meter vor dem Ziel überholte sie die Frankfurterin und verteidigte den Vorsprung bis ins Ziel. „Ich habe in der letzten Runde versucht, alles zu geben. Am letzten Wassergraben wusste ich, dass es reichen kann“, beschrieb Möldner-Schmidt die entscheidende Phase, mit der ihr die endgültige Rückkehr in die Topklasse der Hindernisläuferinnen gelungen ist. „Der Wunsch nach der Medaille war da. Ich habe eine harte Zeit überstanden und hatte den Anschluss verloren. Es ist ein sehr schönes und befreiendes Gefühl.“ Nun warten nach ihrem Comeback die Olympischen Spiele auf sie, für die sie aber kein konkretes Ziel angeben will: „Das Finale wäre toll.“
Hin und her gerissen zwischen Freude und Ärger war Gesa-Felicitas Krause. „Ich ärgere mich darüber, dass ich nicht Dritte geworden bin, aber ich freue mich für Antje. Es ist sehr schön, dass die Medaille an die deutsche Mannschaft gegangen ist.“ Mit ihrem Rennen, in dem viel Unruhe herrschte und viel geschubst wurde, war die junge Frankfurterin nicht zufrieden. „Ich weiß nicht, woran es lag. Mir haben am Ende Körner gefehlt. Vielleicht lag es an dem unrhythmischen Rennverlauf. Ich hatte es mir zugetraut, deshalb bin ich mit den beiden vorne mitgegangen.“ Nach dem vergangenen Jahr, in dem es für sie nur Schritte nach vorne gegeben hatte, gehöre auch so etwas dazu. „In London ist die Finalteilnahme mein Ziel, dort werde ich etwas draufpacken.“
Nun folgen zwei Wochen Trainingslager in Sachsen und abschließend noch ein Leistungsnachweis vor London. Den Traum, es doch noch nach London zu schaffen, hat Sanaa Koubaa noch nicht ganz aufgegeben. Sie will am kommenden Wochenende in Bottrop ihre letzte Chance für das Knacken der Qualifikationszeit suchen. „Ich wollte es eigentlich wie im Vorlauf versuchen, aber heute war ein anderes Laufen. Auch wenn es mit London nicht klappen sollte, bin ich aber mit der Saison zufrieden. Ich habe mich um 18 Sekunden gesteigert.“
Corinna Harrer souverän im Finale
Eine Demonstration der Stärke lieferten in den Vorläufen über 1.500 Meter die beiden Regensburger Corinna Harrer und Florian Orth. Sie lief von Anfang an der Spitze, was von Trainer Kurt Ring auch so vorgesehen war. „Ich wollte schnell anlaufen, da ich auf der Innenbahn gestartet war und nicht in irgendein Gerangel kommen wollte.“ Sie qualifizierte sich sicher in 4:11,59 Minuten als Zweite für den Endlauf am Sonntagabend. „Ich konnte gut mithalten, es war ein typisches Meisterschaftsrennen. Ich hoffe jetzt für morgen auf ein schnelles Rennen, werde aber nicht so lange vorne laufen.“ Kurt Ring sieht für sie gute Chancen auf eine Top-Platzierung: „Unter den ersten Acht ist das Minimalziel, aber es ist alles möglich. Sie soll nicht so viel vorne laufen, sondern im Spurt kommen.“
Bereits im ersten Lauf sicherte sich Diana Sujew (SC Potsdam) als Sechste in 4:10,72 Minuten einen Startplatz im Finale. Entsprechend zufrieden war Sujew: „Die letzten 200 Meter waren sehr hart. Ich wusste, wenn ich nicht nach vorne gehe, habe ich keine Chance. Die letzte Runde war, als ob ich um mein Leben kämpfte.“ Noch nicht angeschrieben hat sie die Olympianorm von 4:05,50 Minuten. Nicht im Finale dabei sein wird Denise Krebs (TV Wattenscheid 01), die nur Neunte wurde und im Ziel entsprechend enttäuscht war: „Ich habe mich gut gefühlt und mich auf das Rennen gefreut. Ich habe keine Erklärung dafür, warum es nicht gelaufen ist. Ich will es nicht schön reden, es war katastrophal.“ Nun will sie am kommenden Wochenende versuchen, in Bottrop die Olympia-Norm zu laufen. „Ich habe es drauf. Es ist meine letzte Chance, sonst war die ganze Vorbereitung umsonst.“
Orth im Finale, Schlangen raus
Carsten Schlangen (LG Nord Berlin), vor zwei Jahren in Barcelona Gewinner der Silbermedaille, hat das Finale in diesem Jahr nicht erreicht. Eingangs der Zielgeraden kam Schlangen leicht ins Straucheln, der hinter ihm laufende Pole hatte ihn leicht touchiert. Er musste neu antreten und das Tempo aufnehmen und war chancenlos einen der erste vier Plätze der zu direkten Qualifikation berechtigt hätte oder einen der vier Zeitschnellsten zu erreichen. Am Ende wurde er mit 3:46,62 Minuten Elfter und war dementsprechend enttäuscht: „Ich hätte die ersten Acht geschafft. Wir hatten uns unter den Läufern so abgesprochen, dass wir zusammen das Tempo gestalten. Dann wollte aber keiner nach vorne und ich bin vorne und damit viel im Wind gelaufen.“
Er weiß noch nicht, ob er in den nächsten Wochen eines der beiden möglichen Normrennen und Reims oder Bottrop laufen wird. „ich muss mal sehen, wie ich das hier verdaue. Ich hoffe, dass ich einmal Glück habe. Es ist schwierig genug, ein passendes Rennen für die Normerfüllung zu finden.“
Wesentlich besser verlief der zweite Vorlauf für Florian Orth (LG Telis Finanz Regensburg). Der 22-Jährige lief von Anfang an der Spitze und kontrollierte das Tempo. Als es eine Runde vor Schluss schneller wurde, war Orth dabei und hielt seine Position. Auf der Zielgerade versuchte der Norweger Henrik Ingebrigsten innen an ihm vorbei zu laufen, doch Orth ließ ihn nicht vorbei. „Ich habe zugemacht. Er meinte zwar, er müsse sich im Ziel beschweren, aber ich mache ihm nicht die Bahn frei.“ Orth sieht das Rennen als eines der härtesten überhaupt. „Ich musste immer meinen Platz verteidigen. Ich wusste aber auch, dass ich im Spurt eine Chance habe.“ Eine Chance sieht er auch fürs Finale. „Alle haben ein Rennen in den Beinen. Die Karten werden neu gemischt.“
9.800 Meter Anlauf für eine Spurtentscheidung
Das 10.000 Meterrennen bei den Europameisterschaften wurde zu einem Rennen für die spurtstärksten Langstreckler. Keiner der 27 Läufer versuchte ernsthaft Tempo zu machen, das dann folglich nicht sonderlich hoch war. Der erste Kilometer wurde in 2:57,14 Minuten zurückgelegt, bei Kilometer fünf lag die Zwischenzeit bei 14:21,93 Minuten und zwei Kilometer vor dem Ziel waren die Läufer 22:52,60 Minuten unterwegs. Acht Läufer gingen geschlossen auf die letzte Runde. Als erster nicht mehr folgen konnte der Portugiese Rui Pedro Silva. 200 Meter vor dem Ziel forcierte Arikan und lief diese letzten Meter dann von der Spitze weg.
Um die Medaillen kämpften dann mit ihm nur noch der Italiener Daniele Meucci und der Russe Yevgeniy Rybakov. Meucci, der mit der besten persönlichen Bestleistung von 27:32,86 Minuten an den Start gegangen war, überspurtete Rybakov und sicherte sich in 28:22,73 Minuten Silber hinter Arikan (28:22,27 Minuten). Rybakov wurde in 28:22,95 Minuten Dritter. So wurde der 10.000-Meterlauf mal wieder zu einem Spurtrennen mit 9.800 Metern Anlauf, wie so oft bei den taktisch geprägten Meisterschaftsrennen.
Leider war in Helsinki kein deutscher Läufer am Start, was nur in diesem Rennen und über 800 Meter bei den Frauen vorkam. Der einzige deutsche Läufer der sich für das Rennen über 10.000 Meter qualifiziert hatte, André Pollmächer, musste seinen Start zu Beginn der EM-Woche wegen Schmerzen an der Achillessehne absagen. Für ihn war dies der dritte Tiefschlag in den vergangenen sieben Monaten. Im Dezember 2011 erlitt er einen leichten Schlaganfall, im April sagte er wegen des daraus resultierenden Trainingsrückstand seinen Versuch ab, sich in Düsseldorf über die Marathondistanz für die Olympischen Spiele zu qualifizieren. Nun folgte die Absage für Helsinki.
Wolfram Marx
Day 4 Stats by Ken Nakamura
Europameisterschaft in Helsinki (Finnland)