Die Berliner sportbetonten Schulen wurden vorbildhaft für etliche Bundesländer, die ähnliche Einrichtungen anstrebten.
Eliteschulen des Sports, der Königsweg für den Nachwuchsleistungssport? Dr. Dietrich Gerber – LSB Berlin
Nach der „Entrümpelung“ und internen ideologischen Entlastung der aus dem DDR-Sportsystem „geerbten“ Kinder- und Jugendsportschulen galten diese Schulen in Berlin als absolut erhaltens- und entwicklungswürdig, weil in diesen, damals „Sportbetonte Schulen“ genannten Einrichtungen sowohl eine sehr gute schulische Bildung gewährleistet wurde (mit allen möglichen Schulabschlüsse) wie auch optimale Bedingungen für die sportliche Entwicklung gegeben waren.
Das Interesse von Eltern und Schülern war sehr groß und die internatsmäßige Betreuung entlastete von zeitaufwendigen Fahrten durch die Stadt und es gab auch außerhalb der Schulzeit eine pädagogische Betreuung.
Die drei in den östlichen Stadtbezirken gelegenen Schulen wurden ergänzt und eine weitere Schule in Charlottenburg, um Talenten im „Dunstkreise“ des Olympiastadions ähnlich gute Bedingungen zu schaffen und sie für den Leistungssport nicht zu verlieren.
Die Berliner sportbetonten Schulen wurden vorbildhaft für etliche Bundesländer, die ähnliche Einrichtungen anstrebten.
Inzwischen entwickelte der DSB ein „Qualitätssiegel“ für solche Schulen mit dem Begriff der „Eliteschulen des Sports“.
Der DOSB übernahm dieses Konzept und entwickelt es weiter. Gegenwärtig haben im Bundesgebiet 38 Schulen diesen Standard.
Bei seiner Antrittsrede als Präsident des DOSB sagte Dr. Bach in der Frankfurter Paulskirche unter anderem:
„Die Eliteschulen des Sports sind als Stützpfeiler im deutschen Spitzensportsystem heute nicht mehr wegzudenken. Sie bieten beste Bedingungen, um junge Sportler auf eine erfolgreiche Karriere im Spitzensport vorzubereiten, auch bei Olympia“
Nun ist es allerdings so, dass Bildung – damit auch die Eliteschulen des Sports – Sache der einzelnen Bundesländer ist und es fast keine bundeseinheitlichen Direktiven gibt.
Daraus ergibt sich eine sechzehnfache „Gemengelage“ und nicht alle Bildungspolitiker nehmen sich die o.g. Aussage des DOSB-Präsidenten zu Herzen.
Auch in Berlin ist es zu einem „Innehalten“ bei der Weiterntwicklung der Schulen mit ihren notwendigen Rahmenbedingungen gekommen.
Ich möchte hier auf vier Schwerpunktprobleme eingehen.
1. Die große Anziehungskraft der Eliteschulen auf Eltern und Kinder (die im Übrigen ungebrochen ist) hat dazu geführt, dass die Schülerzahlen expandierten, aber nicht alle Schülerinnen und Schüler den Willen zur Spitzenleistung hatten. Eine Qualitätsverflachung im Sinne des Leistungssportes trat ein. Dem galt es entgegenzuwirken, im Sinne des Leistungssportes aber auch im Sinne der Verwendung der Steuermittel.
Schließlich genießen die Eliteschulen, die übrigens von 1991 bis heute als „Modellversuch“ gelten und nicht im Schulgesetz explizit verankert sind, eine gewisse Sonderausstattung.
So wurde gemeinsam zwischen Senat und dem Berliner Sport ein Konzept zur Rückorientierung auf den wahrhaftigen Leistungssport entwickelt.
Der Sport präferierte das Modell „Schule in der Schule“, d.h. Leistungssportklassen neben allgemein sportorientierten Klassen um die Schulstandorte zu erhalten.
Der Senat entwickelte das Konzept des „Schul- und Leistungssportzentrums“ am Standort der „Werner-Seelenbinderschule“ im Sportforum in Hohenschönhausen. Ein gangbarer Weg, der mit der Aufgabe des Standortes Coubertin-Gymnasium verbunden ist (Standortkosten!). Dieses Konzept wird z.Zt. umgesetzt.
Leider ist aus rein begrifflichen Gründen der Grundsatz im öffentlichen Verständnis verlorengegangen, dass es keinerlei Abstriche an der Qualität der Schulabschlüsse gibt. Auch ein hochklassiges Abitur wird gesichert!
2. Ein wesentlicher Ausstattungsfaktor der Schulen ist die Verfügbarkeit von „Lehrertrainern“(durch das Berliner Abgeordneten gestützt).
Aber es gelingt seit einiger Zeit nicht, dieses Personal zu installieren.
Neben nicht definierten „Stellenbeschreibungen“ ist die Einbindung des Trainingsaufwandes in die „Stundenkarte“ nicht gegeben.
Somit ist dieses Personal nicht „einplanbar“ und das wiederum heißt Stillstand in der Entwicklung ( dabei ist dieses „Problem“ nun fünfzehn Jahre bekannt. Nebenbei – in Brandenburg ist dieses Problem im Sinne Sports gelöst. Gegenwärtig ist – ohne eine politische Entscheidung – keine Lösung in Berlin in Sicht.
3. Auf Grund der weiten Wege innerhalb Berlins und der Einbindung Berlins in das bundesdeutsche Flächensystem (also Zugangsmöglichkeit von Kindern aus anderen Bundesländern in Schwerpunktsportarten) ist die Verfügbarkeit von Internatsplätzen unabdingbar.
Diese sind zwar vorhanden, werden aber auf Grund der Diskussion um die finanzielle Beteiligung der Eltern an den Kosten für Essen und Wohnen.
Möglicherweise ad absurdum geführt. Denn a) können die wahrhaftigen Kosten nach nunmehr fünfzehn Jahren der Existenz der Internate nicht definiert werden. b) entstammen die „Sportkinder“ in der Regel sozial nicht
auf Rosen bebetteten Familien. C) sind die gegenwärtig in Anwendung befindlichen Gebühren ein Gentleman-Agreement und es soll im Sinne einer gewissen Leisetreterei „keiner“ dran rühren. Und d) und letztens ist hier zwingend eine politische Entscheidung notwendig, um für Berlin den Status der Weltsportstadt Nr. zwei zu erhalten und die Effizienz der Schulen zu sichern.
4. Es besteht gegenwärtig eine wissenschaftliche Anschauungsdiffernz zu den Eliteschulen bzgl. ihrer Sinnhaftigkeit. Einige wenige Autoren literarischer Abhandlungen bezweifeln, dass Absolventen der Eliteschulen eine höhere Chance Weltmeister oder Olympiasieger zu werden als „alle anderen“.
Die Übergroße Mehrheit von Trainingswissenschaftlern und Praktikern versteht solche Thesen überhaupt nicht.
Problematisch an solchen Abhandlungen ist nur, dass sie vom Vizepräsidenten des Deutschen Leichtathletikverbandes kolportiert werden, der dort für den Leistungssport verantwortlich ist.
Nahezu einmütig werden die Eliteschulen des Sports als Königsweg für Nachwuchsleistungssportler betrachtet wird. Es gibt auch andere Karrierewege, die sollen auch möglich bleiben.
Aber – z.B. in Turin waren 75 % der Medaillengewinnern Absolventen reiner Eliteschule des Sports,
Dr. Dietrich Gerber – LSB Berlin