Michelle Maier gewinnt Val Gardena Mountain Run 2017 ©Wilfried Raatz/ wus-media
Eine nicht überall geliebte Topläuferin namens Michelle M.
Die Rosenheimerin Michelle Meier läuft fernab der Nationalmannschaft besser denn je – Nach ihrem Erfolg beim LGT-Marathon nun auch eindrucksvolle Siegerin beim Val Gardena Mountain Run im Grödnertal.
Bei den Männern laufen zwei Kenianer vorweg.
Gerade einmal 24 Stunden sind die Berglauf-Europameisterschaften im slowenischen Kamnik Historie, bei denen der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) nach der verletzungsbedingten Absage von Sarah Kistner, der U20-Weltmeisterin von 2016 und aktuellen deutschen Meisterin, mit Monique Siegel und Melanie Noll nur zwei Läuferinnen ins Rennen schickte und damit bei der Mannschaftswertung außen vor blieb.
Da schlug die vom Fachverband aussortierte Michelle Maier mit einer Klasseleistung beim Val Gardena Mountain Run in Südtirol zu.
Michelle, nach einer überaus erfolgreichen zweiten Saisonhälfte 2016 mit den Siegen bei den Deutschen Meisterschaften am Tegelberg, beim Walsertrail im Kleinwalsertal, beim traditionsreichen Sierre-Zinal und beim Kaisermarathon am Wilden Kaiser und Rang zwei beim Jungfrau-Marathon als ungeliebte Läuferin aus dem Kader eliminiert, hätte sicherlich in der augenblicklichen Verfassung einer deutschen Frauenmannschaft in Slowenien mit ziemlicher Gewissheit eine Medaille in silberner oder bronzener Färbung eingebracht.
Doch hätte, wenn und aber, Tatsache ist, dass die 25jährige Rosenheimerin eine Saisonplanung nach eigener Rechnung betreibt und nach dem Rausschmiss auch keine Gedanken an einen Einsatz in der Nationalmannschaft mehr verschwenden will.
Die Konkurrenz für die in Innsbruck Ökologie studierende Michelle Maier sicherlich keine schlechte, doch mit der Startnummer 99 vom Antoniusplatz des 1238 m hoch gelegenen Dolomitendorfes St. Ulrich, übrigens Geburtsort der Bergsteigerlegende Luis Trenker, gestartet gab es offenbar kein Halten mehr auf dem Weg zur Seceda-Bergstation auf 2518 Metern.
Nach 1:23:53 Stunden beendete die junge Rosenheimerin als Gesamtsechste das Rennen über 14,5 km und 1247 Höhenmeter – und musste sechseinhalb Minuten warten, um die zweitplatzierte Kenianerin Joyce Muthoni Njeru im Ziel zu beglückwünschen.
„Ich bin überrascht, wie gut es heute lief. Ich hatte gestern noch ein gutes Mountainbike-Training und bin eigentlich mit schweren Beinen ins Rennen gegangen. Doch es lief bestens! Vor allem auf so einer traumhaften Strecke….“
Wie es bei ihr in der laufenden Saison weiter geht, das lässt sie weitgehend offen.
Fixiert ist allerdings in einer Woche mit dem Großglockner-Berglauf ein weiterer Hochkaräter. Schließlich plagt sie sich immer wieder mit hartnäckigen Verletzungen herum. Deshalb ist Michelle Maier in der Saison 2017 kaum nennenswert in Erscheinung getreten, bevor sie Mitte Juni als „Late entry-Athletin“ den LGT-Marathon mit elf Minuten Vorsprung vor der Ungarin Simona Staicu gewinnen konnte.
Dass Joyce Muthoni Njeru letztlich keine ernsthafte Konkurrentin für die Rosenheimerin werden würde, das war schon früh klar, als die Strecke zunächst eher moderat zur Hütte Da Pauli und zum Col de Flam führte.
Auf dem deutlich selektiveren Abschnitt über die Gamshütte (1952 m) und die Pieralongia-Hütte (2297 m) gab es letztlich kein Halten mehr für Michelle, die den Vorsprung gegenüber der Kenianerin im Dress von Run2gether mit Basiscamp auf dem Hochrindl massiv ausbauen konnte.
Mit letzter Anstrengung konnte diese ihren zweiten Rang in 1:30:20 Stunden gegen die aus dem Vinschgau angereisten Petra Pircher verteidigen, am Ende trennten beide 17 Sekunden. Für Antonella Confortola, die gewiss namhafteste Läuferin im Feld der leider nur 150 Starter, blieb lediglich hinter Silvia Cuminetti Rang fünf mit zehn Minuten Rückstand auf die deutsche Siegerin.
„Ich arbeite in diesem Jahr wieder zu 100 % und habe nach diversen Wehwehchen einen Trainingsrückstand“, gestand die vielfache Medaillengewinnerin bei Berglauf-Europa- und Weltmeisterschaften und einstiges Skilanglaufass. Auf die Begleitung ihres Ehemanns Jonathan Wyatt, dem mehrfachen Berglauf-Weltmeister früherer Tage, musste die im Val die Fiemme lebende diesmal wegen terminlicher Überschneidung verzichten.
Bis zur Pieralongia-Hütte machten an der Spitze Stephan Ndege und Robert Surum bei der sechsten Val Gardena-Run-Auflage ihrem kenianisch-österreichischen Laufprojekt Run2gether alle Ehre und liefen gemeinsam. An der Bergstation des Seceda-Massivs waren es fünfzig Sekunden bei einer Siegerzeit von 1:13:02 Stunden.
Somit gab es beim sechsten Lauf, der aus dem einstigen Val Gardena Extremlauf entstand, zum fünften Mal einen kenianischen Sieger, lediglich beim Wertungslauf zur Italienmeisterschaft setzte sich mit Xavier Chevrier ein weißer Topläufer durch, der übrigens just am Vortag Berglauf-Europameister in Kamnik geworden war.
Vom Streckenrekord ihres einstigen Teamkollegen Isaak Toroitich Kosgei, der beim ersten seiner drei Siege auf 1:07:47 Stunden kam, blieb Stephen Ndege deutlich entfernt. Trotzdem war der Rückstand der Verfolger der Kenianer beträchtlich. Der Trentiner Alberto Vender schaffte Rang drei in 1:17:27 vor dem mit der Startnummer 1 ins Rennen gehende Lokalmatador Georg Piazza im Dress des ausrichtenden ASV Gherdeina Runners in 1:19:06 Stunden.
„Es ist schon toll, ein Rennen bestreiten zu können, bei dem man in der Früh mit dem Rucksack aus dem Haus gehen kann“, so der Grödner im Ziel mit zufriedener Miene.
Zufriedene Gesichter rundherum im Zieleinlauf bei einem der attraktivsten Läufe in der Alpenregion, schließlich kann man bei guten Sichtverhältnissen, und diese gab es mit idealen Laufbedingungen, die „gegenüber“ liegenden gewaltigen Gebirgsmassive mit dem Sellastock oder dem Langkofel zum Greifen nahe erkennen.
Mit dem gerade einmal 140 Finishern dürfen die Macher beim Val Gardena Mountain Run keineswegs zufrieden sein, doch gerade in diesen Tagen gibt sich Südtirol als lauffreundliches Eldorado mit einem allerdings begrenzt erscheinenden Laufpublikum.
Die Premiere des Stelvio Marathon im Vinschgau, der Brixen-Marathon, der Seiser Alm-Halbmarathon… und zu allem „Überfluss“ noch der Rosengarten Schlern-Skymarathon am Vortag – allesamt landschaftlich überaus reizvolle Läufe in unmittelbarer Konkurrenz zueinander.
Und dennoch einer gemeinsamen Klammer mit einer Veranstaltungsbroschüre „Running in Alto Adoge“, die die noch anstehenden Highlights mit dem Reschenseelauf (15. Juli) und dem Drei Zinnen Alpine Run (16. September) als Sahnehäubchen des Laufjahres präsentiert.
Wilfried Raatz