Die erfolgreiche deutsche Frauenmannschaft - Foto: Jens Priedemuth
Eindrucksvolle Demonstration der neuen Stärke – Der überragende Auftritt der deutschen Frauen ist mehr als Gold wert – eine Gesamtwürdigung der Cross-Europameisterschaften 2022 im La Mandria Park nahe Turin – Wilfried Raatz berichtet
Eindrucksvoll, begeisternd und spektakulär – treffliche Umschreibungen für den Auftritt der deutschen Langstrecklerinnen bei den Cross-Europameisterschaften vor den Toren Turins. Angereist mit dem Vorhaben, Mannschaftsgold zu gewinnen.
Bei herrlichen Laufbedingungen auf einem zweifellos überaus anspruchsvollen Parcours im La Mandria Park mit einer Gesamtdistanz von 7662 m lagen sich nach einem überragenden Auftritt Konstanze Klosterhalfen, Alina Reh, Hanna Klein, Miriam Dattke und Caterina Granz jubelnd in den Armen. Mit nur 9 Punkten und einer in diesem Ausmaß nicht erwarteten läuferischen Demonstration gewann die Auswahl des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) die Goldmedaille vor Abonnementsmeister Großbritannien (30), Irland (50), Spanien (55) und Frankreich (71).
In einem in allen Phasen spannenden Rennen holte die 5000 m-Europameisterin Konstanze Klosterhalfen mit 26:25 Minuten hinter der in der finalen Phase einen Hauch spurtstärkeren Karoline Bjerkeli Grovdal (26:29) die Silbermedaille und den nur durch Zentimeter voneinander getrennt bei Zeitgleichheit von 27:19 Minuten ins Ziel einlaufenden Alina Reh und Hanna Klein auf den Plätzen drei und vier. “Wir wollten Gold und haben das auch geschafft!“ so unisono der Kommentar des Quintetts.
“Das ist krass, da wirst du in einem Klassefeld Sechste und bist nur viertbeste deutsche Starterin!“ zeigte sich Miriam Dattke nur drei Sekunden hinter dem Duo Reh/ Klein auf Position sechs keineswegs enttäuscht. „Ein super Ergebnis in einem so starken Feld, das gibt Motivation für das Wintertraining und die kommende Saison!“.
Dass natürlich DLV-Präsident Jürgen Kessing nach einem ereignisreichen Tag im idyllischen La Mandria Park ein zufriedenes Fazit ziehen konnte, das versteht sich angesichts der überragenden Vorstellung der deutschen Läuferinnen, zu der sich in bester Tradition die U20-Mädchen mit der sechstplatzierten Kira Weis vorweg mit Team-Bronze und ein klasse eingestelltes Mixed-Team auf Rang vier und Filmon Abraham als Langstrecken-Sechster gesellten, nahezu von selbst.
„Wir haben gezeigt, dass wir nicht nur im Sommer, sondern auch im Winter im Cross erfolgreich sein können!“ und spannte dabei aus naheliegenden Gründen den Bogen von München nach Turin. „Wir haben Cross-Europameisterschaften in einem super Format mit einer Toporganisation erlebt, dazu ein anspruchsvolles Gelände mit dem Durchlauf durch das Schloss. Das hat schon etwas! Das müssten wir aber auch schaffen! Wir haben tolle Anlagen wie im Olympiapark in München oder auf einer der vielen Pferderennbahnen in Deutschland. Ich wäre froh, wenn wir wieder einmal Cross-Europameisterschaften in Deutschland haben könnten“, blickt der DLV-Präsident schon einmal ein Stück weit in die Zukunft. „Der Cross ist eine wichtige Disziplin, die Athleten können hier Kraft und Willensstärke für die anstehende Saison sammeln!“ Das scheint angekommen zu sein in den Köpfen der deutschen Laufszene, denn alleine diese Erkenntnis ist mehr als eine Goldmedaille. Neue Trainingsgruppen wie die unter Isabelle Baumann in Tübingen mit Hanna Klein, Alina Reh, Eva Dieterich, Maximilian Thorwirth, Tim Assmann und Patrick Karl gehen konzentriert an vereinbarte Zielstellungen heran. Es gibt inzwischen „mehrere Tübingen“ und dieser Weg scheint mit den Ergebnissen von Turin einen ersten Pluspunkt gewonnen zu haben.
Bleiben wir (natürlich) bei dem aus deutscher Sicht herausragenden Wettbewerb, der Frauenstrecke über 7.662 m. Vom Start weg entwickelte sich ein spannendes bis zuweilen dramatisches Rennen, das zunächst wie bislang gewohnt die bereits viermalige Cross-Europameisterin Yasemin Can anführte. Doch die 26jähriuge Türkin mit äthiopischen Wurzeln musste erkennen, dass an diesem Tag andere die stärkere Physis auf dem selektiven Cross-Parcours hatten. So die Titelverteidigerin Karoline Bjerkell GrØvdal, die als Mitfavoritin nach ihrem 5000 m-EM-Titel und dem überragenden Halbmarathon-Sieg in 1:05:47 Stunden von Valencia gehandelte Konstanze Klosterhalfen, die für Israel laufende gebürtige Äthiopierin Selamawit Teferi als EM-Fünfte über 10.000 m sowie die Dritte und Vierte der letztjährigen Titelkämpfe in Dublin mit Alina Reh und Jessica Warner-Judd. Bestens in der Spitze mischten allerdings mit einem vorzüglichen Start gleich drei Deutsche mit Miriam Dattkle, Hanna Klein und Caterina Granz mit, während Alina Reh zunächst im Mittelfeld eintauchte.
Doch das sollte sich mit dem weiteren Fortgang des Rennens ändern. Während an der Spitze eine Dreiergruppe mit Can, GrØvdal und Klosterhalfen einige Meter voraus liefen, bildete sich eine Verfolgergruppe um Dattke, Klein, Teferi, Warner-Judd und schließlich auch Alina Reh, die sich allerdings hier weniger lange aufhielt, sondern den Blick voraus zur Spitze richtete. Sollte hier eine Parallele zu Dublin folgen, wo Alina mit einer starken zweiten Hälfte letztlich über Bronze jubeln durfte?
Erstaunliches tat sich aber auch an der Spitze. Im terrassenförmigen Anstieg zum schmucken Castello mit einem kuriosen Durchlauf auf einem ausgelegten Kunstrasenteppich setzte sich Koko erstmals an die Spitze, dichtauf jedoch Karoline Bjerkell GrØvdal, während Yasemin Can förmlich stehenblieb und wenige Meter später das Rennen aufgab. Somit hieß die neue Konstellation: Konstanze Klosterhalfen oder Karoline Bjerkell GrØvdal? Unter diesen beiden musste sich der Kampf um Gold und Silber entscheiden. Mal die Deutsche, mal die Norwegerin in Front, die Entscheidung fiel letztlich in der Schlußrunde beim stellenweise matschtiefen Bergabstück in Richtung Ziel. Zugunsten der etwas robuster wirkenden Karoline Bjerkell GrØvdal.
„“Ich war eingangs der letzten Runde etwas müde, wusste aber, dass meine Vorteile in der Bergabpassage liegen würden“, so das Statement der 32jährigen Norwegerin. „Technische Abschnitte sind mein Vorteil, aber heute habe ich mich auch bergauf stark gefühlt. Konstanze hatte bergauf immer wieder kleine Wackler, war aber in den Flachpassagen extrem stark. Dies alles zusammen sind die Gründe für meinen Sieg!“ Nach 26:25 Minuten beendete Karoline Bjerkell GrØvdal das dramatische Kopf-an-Kopf-Rennen um den Titel und krönte eine beeindruckende Bilanz mit insgesamt neun Medaillen, darunter der U20-Titel 2009 und nun die beiden Frauentitel in Dublin und Turin.
Mit hochgerissenem Arm lief Konstanze Klosterhalfen vier Sekunden hinter der Norwegerin ins Ziel und jubelte über Silber. „Eigentlich bin ich gekommen, um zu gewinnen. Nach der Streckenbesichtigung hätte ich aber heulen können und musste meine Erwartungen herunterschrauben. Eine Medaille wollte ich aber schon holen. Mein Coach hatte mir noch gesagt, stelle dir vor, es ist ein Halbmarathonrennen… Jetzt bin ich froh, dass es vorbei ist. Im Rennen hatte ich mich sehr gut gefühlt, deshalb bin auch immer wieder an die Spitze gegangen. Aber Karoline ist immer drangeblieben. Wir haben heute ein großartiges Team am Start, es ist einfach krass, was da gerade läuft!“
Wenn schon der Kampf um Gold überaus spannend war, toppen konnte dies gewiss aber das Duell um Bronze. Alina sah in der Castello-Passage schon wie die sichere Dritte aus, dann besann sich aber Hanna auf ihre Mittelstreckenqualitäten – und sprintete die letzten zweihundert Meter zum Ziel – mit einem Wimpernschlagfinale. „Schade, dass wir nicht beide Bronze bekommen können“, so eine ehrliche Alina Reh im Interview. „Für Hanna tut es mir wirklich leid, denn sie ist inzwischen zu meiner besten Freundin geworden! Im Ziel dachte ich zunächst, sie sei Dritte!“ Für Alina Reh endet damit eine Saison mit markanten Höhen und Tiefen und zuletzt einem tollen Hochgefühl mit nicht unbedingt zu erwarteten Bronzeplatz und der Team-Goldmedaille.
Das Mannschaftsgold tröstete Hanna Klein gewiss über die gerade entgangene Einzelmedaille hinweg. „Ich bin vielleicht etwas zu offensiv angelaufen, aber ich bin eben Mittelstrecklerin! Das war für mich heute ein starkes Rennen. Im Spurt war es so knapp, aber ich gönne es Alina wirklich!“ Hinter dem deutschen Trio auf den Rängen zwei, drei und vier folgte nur eine Sekunde hinter Hanna Klein schon Selamamit Teferi (27:20) und lediglich drei Sekunden Miriam Dattke – damit liefen vier deutsche Läuferinnen in die Top 6!!
„Bisher hatte ich im Cross ziemlich viel Pech bei den EM-Starts gehabt. Heute war allerdings alles super!“ lachte Miriam Dattke im Ziel verweist dabei auf die missratenen Auftritte in Lissabon (krank) und Tiburg (Schuh verloren) und mit Blick auf das hochkarätige Spitzenfeld in Turin: „Es war einfach cool, in der Spitze mitlaufen zu können. Ich habe einen krassen Respekt, was die heute gelaufen sind!“ Eigentlich war Cross für die Saison 2022 bei der 24jährigen Regensburgerin nicht eingeplant, in Löningen war sie alleine wegen der Mannschaft mitgelaufen. „Allerdings ist es immer wieder cool, im Nationaltrikot zu laufen, deshalb habe ich jetzt schon Bock, auch 2023 wieder Cross zu laufen. Auch wenn die Straße mein Hauptaugenmerk ist und im kommenden Jahr ein Herbstmarathon anstehen wird!“
Das gute Rennen von Caterina Granz auf Position 20 mit 28:10 Minuten geht gewiss im allgemeinen Jubel über die unerwartete Dominanz an der Spitze eines gewiss starken Frauenrennens unter. „Ich bin insgesamt schon zufrieden, auch wenn es nicht mein Streckenprofil war. Außerdem war ich vielleicht anfangs zu schnell!“
Rein sportlich wusste vor allem auch das Staffelquartett mit Marc Tortell, Elena Burkard, Jens Mergenthaler und Nele Weßel als Vierte in einem stark besetzten Mixed-Wettbewerb zu überzeugen. Auf der 5.722 m-Distanz setzte sich nach wechselnder Führung das Gastgeberteam mit der U23-1500 m-Europameisterin Gaia Sabatini als Schlussläuferin in 17:23 Minuten durch, nachdem mit Pietro Arese der 1500 m-Vierte von München die Italiener an die Spitze geführt hatte. Eine Sekunde dahinter folge Spanien auf dem Silberrang. Frankreich rettete sich mit 17:31 auf den Bronzerang, ehe Nele Weßel als starke Schlussläuferin mit nur einer Sekunde Rückstand auf Bronze ins Ziel stürmte.
Damit verpassten die DLV-Asse zwar eine Medaille denkbar knapp, zeigten jedoch, dass die Nominierung absolut gerechtfertigt war, die bis kurz vor dem Meldetermin noch mit Fragezeichen behaftet schien. Zumal man mit dieser Topleistung vor Großbritannien einkam, das bereits viermal Europameister in diesem Wettbewerb war. „Fünfzig Meter länger, dann hätte ich die Französin noch geschafft“, freute sich Nele über ihren starken Auftritt im Nationaltrikot, die bereits 2016 und 2017 bei U18- bzw. U20-Europameisterschaften international gestartet war – im 400 m Hürden-Wettbewerb (!).
Versetzte der spannende Mixed-Wettbewerb mit dem Sieg für die Gastgeber die Zuschauer schon in Stimmung, für regelrechte Partylaune sorgte eine Stunde später die nahe Turin lebende Nadia Battocletti mit ihrem Klasseauftritt im U23-Wettbewerb und dem Gewinn ihres vierten EM-Crosstitels ihrer jungen Karriere. Die Schlussrunde wurde zum eindrucksvollen Triumphlauf für die 22jährige, die seit 2018 bei den Titelkämpfen in Tilburg, Lissabon und Dublin Cross-Europameisterin ihrer jeweiligen Altersklasse U20 bzw, U23 werden konnte. „Ein Sieg Zuhause ist wie ein Traum“, freute sich die zeitweise als Model arbeitende attraktive Läuferin, die von ihrem Vater Giuliano trainiert wird, der übrigens 1998 in Ferrara mit Italien Cross-Europameister wurde. Allerdings machte es ihr die kampfstarke Britin Megan Hicks lange Zeit sehr schwer und erst in der Schlussrunde etwas abreißen lassen musste, mit 13 Sekunden Rückstand jedoch Zweite wurde. Und kommentierte das gebotene Laufterrain mit kräftigen Worten: „Diese Strecke war brutal, die Berge der absolute Killer!“
Die im Vorjahr noch mit Gold dekorierte U20-Mannschaft mit Emma Heckel, Mia Jurenka und Anneke Vortmeier startete in Turin komplett in der U23-Klasse und zeigte trotz stärkerer Konkurrenz eine feine Leistung als Fünfte. “Wir haben ja noch zwei Jahre eine Chance, dieses zu erreichen“, so die Vorjahres-U20-Dritte Emma Heckel für das deutsche Team, das geschlossen die Plätze 25 bis 27 erreichte.
Einen besonderen Kraftakt legt dabei Emma immer wieder hin, die in Albuquerque Sportwissenschaften studiert und „ständig“ über den Atlantik jettet, um an ihrem Studienort bzw. für ihren Verein LG Telis Finanz Regensburg Flagge zu zeigen. So ging sie eine Woche nach dem U23-Gewinn bei den deutschen Crossmeisterschaften noch in Boston in einem stark besetzten 5000 m-Hallenrennen an den Start und kehrte Anfang der Woche wieder nach Deutschland zurück. Über den Unterschied bei Crossläufen in USA und Europa befragt, sagte sie unverblümt: „Das sind zwei völlig verschiedene Disziplinen. In USA laufen wir auf einer flachen Wiese, hier auf eher profiliertem Terrain!“ Und freut sich jetzt erst einmal auf Weihnachten zuhause, bevor sie mit dem DLV ein Trainingslager in Monte Gordo bestreitet.
Die männlichen U20- und U23-Teams des DLV mussten im selektiven Gelände die Überlegenheit der eigentlichen Crossnationen neidlos anerkennen und belegten jeweils Platz sieben. Im U23-Wettbewerb rundete der britische Titelverteidiger Charles Hicks mit seinem ungefährdeten Sieg eine „perfekte Saison“ ab, denn der 21jährige gewann als Student der Stanfort University die NCAA-Meisterschaften und eine Woche später nun in Turin die U23-Europameisterschaft.
Charles Hicks (r.) and Zakariya Mahamed – Screenshot: Horst Milde
Den britischen Triumph rundete Zakariya Mahamed als Zweiter ab, der Mannschaftstitel ging „natürlich“ ebenso an Groß-Britannien. Bester deutscher Läufer im Feld der 78 Starter war der eigentliche 1500 m-Spezialist Tim Assmann als 41 mit knapp eineinhalb Minuten Rückstand auf die Cross-Spezialisten. „Es war anstrengend, die Berge aber richtig geil! Ich bin mega zufrieden, zumal ich als Mittelstreckler bester im Team war!“ Als 51. zeigte sich Paul Specht sichtlich zufrieden, denn nach einer Knieoperation und einem langwierigen Aufbauprozess nach einer Corona-Infektion sieht der US-Student wieder „Licht am Ende des Tunnels“.
Zum Auftakt gingen die U20-Wettbewerbe über den teilweise noch etwas gefrorenen Boden. Schon bei den Jungen spielten sich wahre Dramen ab, die mit dem frühen sturzbedingten Ausscheiden des Titelverteidigers Axel Vang Christensen begannen und mit dem zehn Meter vor dem Ziel in Führung strauchelnden vermeindlichen Titelgewinner Nickolas Griggs endeten. Gewinner wurde somit der Brite Will Barnicoat vor dem entkräfteten Iren. Bester DLV-Starter war auf Position 26 Benjamin Dern, der lange Zeit besser platzierte Karl Lauer wurde 29. („Das Niveau ist schon krass, wir hatten mit Platzierungen im Top 20-Bereich gerechnet!“). Berglauf-Europameister Lukas Ehrle landete auf einem nicht unbedingt zufrieden stellenden 41. Rang. Das DLV-Team wurde Siebter.
„Das hat richtig gebockt“, freute sich Kira Weis als Sechste des U20-Rennens. „Und das Schönste: Im kommenden Jahr bin ich noch einmal dabei!“ Die junge Gerlingerin fand Gefallen an der überaus selektiven Strecke, vor allem bei den Berganstiegen konnte sie sich „richtig reinhängen“. Kira war als Zweitjüngste der Spitzengruppe jedoch nur der unbestrittene Leader der erfreulich stark auftrumpfenden DLV-Girls. Mit Lisa Merkel (13.) und Sofia Benfares (14) schaffte das DLV-Team die Platzziffer 33 und damit den Bronzeplatz hinter Spanien (21) und der Türkei (25). Tief enttäuscht zeigte sich Johanna Pulte, der nach einer Corona-Infektion nicht im Vollbesitz ihrer Kräfte deutlich unter Wert auf Rang 33 blieb.
Der Reigen der guten Platzierungen der insgesamt 36köpfigen deutschen Mannschaft setzte sich erfreulich auch bis zum abschließenden Männerrennen über 9.572 m fort. Das anfangs starke Mannschafts-Zwischenergebnis mit Rang drei hinter Italien und Frankreich eröffnete unverhoffte Medaillenchancen, doch diese wurden mit zunehmendem Rennverlauf rasch zunichte gemacht. Am Ende blieb in einem dichten Teamranking Rang sieben mit 47 Punkten hinter Frankreich (24), Italien (25), Spanien (36), Belgien (36), Norwegen (45) und Großbritannien (46).
„Im letzten Jahr war ich Vierzehnter, heute Fünfter und – im kommenden Jahr werde ich Dritter!“ machte ein sichtlich zufriedener Filmon Abraham seine Rechnung auf. Er schaffte in seinem praktisch zweiten Jahr als Leistungssportler eine Topplatzierung, denn der gebürtige Eritreer lief gegen die prominente Konkurrenz um Jakob Ingebrigtsen, Isaak Kimeli, Emile Cairess und Yemaneberhan Crippa ein exzellentes Rennen. „Du musst in einem derartigen Wettbewerb immer kämpfen. Nie nachlassen. Bergauf kam ich sehr gut zurecht. Schade, dass ich im Spurt um Rang vier nicht mehr an Yemaneberhan vorbeikam!“
Das Rennen lebte praktisch durch die Tempoarbeit von Emile Cairess, Isaac Kimeli und auch von Filmon Abraham, der ungekrönte Herrscher der Laufszene Jakob Ingebrigtsen eher in Lauerstellung. Und das Erfolgsrezept 2022? „Ich habe versucht, zwischendrin zu entspannen, denn 10 km sind für mich schon sehr lange!“ Und musste zugeben, dass es „ein schweres Rennen“ war. Und am Ende gewann wiederum Jakob, nach 29:33 war die „Schwerstarbeit“ getan, die hartnäckige Konkurrenz mit Emile Cairess um neun, Isaak Kimeli um zwölf, Yemaneberhan Crippa um vierzehn und Filmon Abraham um sechzehn Sekunden geschlagen.
Ingebrigtsen ist ein Mann für alle Saison-Höhepunkte. Nach den Hallentiteln über 1500 m und 3000 m, 1500 m und 5000 m im Münchener Olympiastadion nun Titel Nummer fünf mit dem im Crosslaufen – und dieses alles im Jahr 2022. Insgesamt weisen die Statistiken nun bereits sechs EM-Titel im Cross auf, nach viermal im U20-Bereich nun zwei bei den Männern. Und dies obgleich Jakob Ingebrigtsen erst 22 Jahr alt ist und für den U23-Bereich noch startberechtigt wäre. Es zeichnet den norwegischen Alleskönner freilich aus, dass er stets zur Krone greifen möchte…
Angeschlagen ging der deutsche Crossmeister Samuel Fitwi Sibhatu ins Rennen und fiel mit zunehmender Renndauer merklich zurück. „Ich bin mit Halsschmerzen aufgewacht und dachte natürlich, dass es schon irgendwie gehen würde. Bis zur Streckenhälfte war auch alles ok, aber bei diesem hohen Niveau verlierst du schnell viele Plätze“, so der enttäuschte Kommentar des ebenfalls zum Marathonlauf tendierenden 26jährigen Langstreckenläufers, der als 26. einen Rückstand von 1:13 Minuten zur Spitze aufzuweisen hat.
Unauffällig, aber sehr stark ist die Leistung von Aaron Bienenfeld einzuordnen, der mit Rang 16 nun auch international ein Vorzeigeergebnis abliefern konnte. „Es hat wirklich Spaß gemacht, in diesem Team zu laufen!“ Auch Aaron wird weiterhin den Spagat mit Starts in seinem US-Team in Eugene und in Deutschland im Dress des SSC Hanau-Rodenbach wagen, auch wenn er seine Zukunft als „Master Marketing“ eher in den USA sieht. „In Deutschland bin ich in keinem Kader, mit meinem US-Team habe ich eher eine Perspektive und erhalte vielleicht auch eher eine berufliche Ausrichtung!“
Im Medaillenspiegel hat sich Deutschland als Sechster mit vier Medaillen einen Platz in der Spitzengruppe gesichert, davor rangieren hinter den Medaillensammlern aus Großbritannien (10, darunter 5 Goldmedaillen) die mit zwei Goldmedaillen erfolgreichen Italien, Spanien und Norwegen sowie Frankreich mit einmal Gold, einmal Silber und dreimal Bronze.
Wilfried Raatz
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