Ein Nachschlagewerk mit Gesichtern der Leichtathletik … aus dem ARETE Verlag, Hildesheim – besprochen von Prof. Dr. Detlef Kuhlmann

Dieses Buch wird alle jungen und alten und noch älteren Leichtathletik-Fans interessieren … aber auch Verantwortliche und „Macher“ aus allen anderen Sportarten sollten wenigstens hiervon Notiz nehmen – denn: Dieses Büchlein kann ein „Prototyp“ für andere Sportarten werden, wenn sie ebenfalls nach diesem Muster ein kurzweiliges Kompendium für ihre Sportart auflegen wollen, sofern es ein solches noch nicht gibt.

Wie wäre es also mit: „100 Gesichter aus dem Tischtennis“ oder „Triathlon in 100 Porträts“ oder „100 Stars und Sternchen im Schwimmsport?“ etc. etc.

Wie muss man sich das hier vorzustellende Buch überhaupt vorstellen? Der Aufbau ist ganz einfach und kurz so erklärt: Es werden der alphabetischen Reihe nach 100 ehemalige und derzeit Aktive aus der deutschen Leichtathletikszene auf jeweils zwei bis drei Seiten mit ihren leichtathletischen Erfolgen und weiteren Angaben zur Person profiliert porträtiert: „Von Hanns Braun bis Malaika Mihambo“ lautet der Untertitel, der damit den zeithistorischen Bogen mit dem ältesten Athleten (1886-1918) bis zu jüngsten Athletin (geb. 1994) spannt.

Legt man jedoch das Alphabet zugrunde, dann wird mit jener Rosemarie Ackermann (geb. 1952) gestartet, die u.a. als erste Frau der Welt die 2,00 m übersprang, und dann endet das Buch mit jener Monika Zehrt (geb. 1952), die als erste deutsche Frau die 400m unter 52 Sekunden gelaufen ist. Dazwischen liegen dann die Porträts so bekannter wie erfolgreicher Personen wie die Springerinnen Ulrike Meyfarth (geb. 1956) und Ingrid Mickler-Becker (geb. 1942) oder wie die Werfer Lars Riedel (geb. 1967) und Thomas Röhler (geb. 1991) – ganz abgesehen von Heike Drechsler (geb. 1964), die als erfolgreichste deutsche Leichtathletin sogar das Titelfoto ziert.

Wer sich also zwischendurch mal wieder erinnern möchte, an schöne Momente mit großartigen Leistungen unserer Leichtathletik-Stars dieser und vergangener Tage, der wird in diesem Büchlein super fündig. Es wurde übrigens geschrieben von jemanden, der selbst mit großer Leidenschaft hier zuhause ist: „Karl-Heinz Keldungs ist Jurist und seit vielen Jahren ehrenamtlich in der deutschen Leichtathletik tätig“ erfahren wir über ihn schon im Klappentext. Im Vorwort betont er, wie schwer ihm die Auswahl von „nur“ 100 Personen gefallen und dass es letztlich eine subjektive Entscheidung gewesen ist, die auch anders hätte ausfallen können.

So gesehen werden sicher einige Leserinnen und Leser feststellen, dass ihnen jemand fehlt: Ich habe z.B. Gretel Bergmann (1914-2017) vermisst, die als Jüdin von den Nazis an der Teilnahme der Olympischen Spiele 1936 in Berlin ausgeschlossen wurde. Ich hätte z.B. auch Herbert Schade (1922-1994) und Hans Grodotzki (geb. 1936) aufgenommen, waren sie doch die ersten deutschen Medaillengewinner über 5.000 bzw. 10.000 m überhaupt bei Olympischen Spielen. Ich wäre auch systematischer vorgegangen und hätte alle Sportlerinnen und Sportler des Jahres unter den Leichtathleten porträtiert – also dann z.B. auch einen Kurt Bendlin (geb. 1943) für die BRD 1967 und einen Jürgen May (geb. 1942) in der DDR 1965, zumal am Ende des Buches solche Ehrungsportale mitabgedruckt sind.

Zum Schluss eine Anregung in ganz anderer Hinsicht für alle, die jetzt das Buch für ihre Sportart (im gleichen Verlag?) planen wollen: Das Werk von Karl-Heinz Keldungs enthält nur Aktive … man könnte auch auf die Idee kommen, andere Personen, die in ihrer Sportart zu Stars geworden sind oder großartiges geleistet haben, mit aufzunehmen.

Die Sportspiele könnten dann z.B. auch Trainerinnen und Trainer sowie Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter nominieren … und ehrenamtlich Tätige, die sich „ihrem“ Sport oft sogar ein Leben lang verschrieben haben, gibt es (nicht nur!) auf Bundesebene sicher auch genug. Sie hätten es ebenfalls verdient, mit einem kurzen Porträt verewigt zu werden …

Karl-Heinz Keldungs: Die deutsche Leichtathletik in 100 Porträts. Von Hanns Braun bis Malaika Mihambo. Hildesheim 2022: Arete Verlage. 208 S.; 20,- Euro

Prof. Dr. Detlef Kuhlmann