Ein Leben fürs Laufen - Kassels Marathon-Chef Winfried Aufenanger feiert am Mittwoch seinen 70. Geburtstag ©Michael Küppers
Ein Leben fürs Laufen – Kassels Marathon-Chef Winfried Aufenanger feiert am Mittwoch seinen 70. Geburtstag
Kassel. „Lauf für Dein Leben“ – als seine damalige Mitarbeiterin Christine Kumpert vor dem ersten Kasseler Marathon im Jahr 2007 diesen Slogan kreierte, passte dieser nicht nur auf die künftig größte Sportveranstaltung in Nordhessen, sondern vor allem auf den „Macher“.
Denn es gibt wohl kaum jemanden, der sich seit jugendlichen Jahren so dem Laufen verschrieben hat wie Winfried Aufenanger. Bezeichnend, dass er seit jeher jeden Brief, später jede Mail, „mit laufendem Gruß“ unterzeichnet. Etwas anders, so wie liebe Grüße oder schöne Grüße, käme ihm gar nicht in den Sinn.
Der steht im eigentlich nur nach Laufen.
Das war früher als junger Schlaks so, der die Liebe zur Leichtathletik schnell entdeckte und ein hervorragender Mittelstreckler und Hindernisläufer wurde. Das war später so, als er über 20 Jahre ehrenamtlich als Bundestrainer für den Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) vornehmlich im Marathon-Bereich tätig war.
In dieser Zeit führte er Athleten wie Ralf Salzmann und Konrad Dobler in die Weltspitze, viele weitere in die nationale Spitzenklasse, wie ein Blick in die Top 30 der Ewigen Deutschen Bestenliste im Marathon zeigt. Mit viel Wehmut denkt er heute an diese Zeiten, in denen deutsche Marathonläufer noch international Beachtung fanden.
Bei fünf Olympischen Spielen führte „Aufi“ seine Läufer, ebenso bei unzähligen Welt- und Europameisterschaften.
Das Trainingstagebuch des fünffachen Deutschen Marathon-Meisters Ralf Salzmann, dessen vierter Platz bei der EM in Stuttgart 1986 auch des Trainers größter internationaler Erfolg war, hütet dieser noch heute wie einen Schatz. Und holt es zur Motivation seiner heutigen Trainingsgruppe beim PSV Grün-Weiß Kassel gerne immer mal hervor.
Später dann konzentrierte sich Winfried Aufenanger auf die Arbeit beim PSV Grün-Weiß Kassel, dessen Leichtathletik-Abteilung er mitgründete. Hier blieb er weiter einer der erfolgreichsten Leichtathletik-Trainer Deutschlands, machte zahlreiche Athleten zu Deutschen Meistern wie in den letzten Jahren Simret Restle-Apel, Silke Optekamp oder zuletzt Melat Yisak Kejeta.
Mit Stolz nahm Aufenanger zur Kenntnis, dass mit Anja Scherl, Anna und Lisa Hahner und Julian Flügel gleich vier Marathon-Läufer bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio am Start waren, die sich ihre erste Meriten im Trikot des nicht gerade auf Rosen gebetteten PSV Grün-Weiß Kassel verdient hatten.
Großen Wert legt der rastlose Coach dabei immer auf den Teamgeist – auch heute, mit einer zahlenmäßig starken Gruppe um Halbmarathon-EM-Teilnehmer Jens Nerkamp, der Deutschen 10 km-Meisterin Melat Yisak Kejeta, Ybekal Daniel Berye (Vierter der DLV-Marathon-Bestenliste 2015) und dem jungen Top-Talent Eva Dieterich.
Und Aufenanger war in vieler Hinsicht Vorreiter.
Integration war schon immer für ihn ein Thema, er erkannte früh das Potenzial junger Läufer, die in Deutschland eine neue Heimat suchten. Und mit seiner Hilfe auch neben den sportlichen Erfolgen fanden. Er bot ihnen damals und bietet ihnen auch heute noch ein Zuhause im Sport. Deshalb kann er über viele aktuelle sportpolitische Entscheidungen heute nur den Kopf schütteln.
Doch Winfried Aufenanger wäre nicht Winfried Aufenanger, wenn er seine Stimme dabei nicht erhebt. Denn auch so kennt man ihn: als streitbaren Mahner und kritischen Begleiter, der immer geradeweg seine Meinung sagt, auch wenn diese nicht allen in den Kram passt. Das hat ihm nicht nur Freunde in der Szene gemacht, dennoch gilt sein Rat für viele als Maßstab.
Als der Erste Polizeihauptkommissar nach 40 Jahren in den Ruhestand ging, war allen klar, dieses Wort gibt es für „Aufi“ nicht. Er erfüllte sich 2007 gleich seinen Herzenswusch, hob nach über 30 prominent besetzten Kasseler Cityläufen und einigen Sportfesten im Kasseler Auestadion den Kasseler Marathon aus der Taufe. Seitdem bewegt er mit vielen Ideen und einem kleinen Team die Region und hat den EAM Kassel Marathon zu einem aus der Region nicht wegzudenkenden stimmungsvollen Event gemacht.
Und immer noch gibt es keinen Volkslauf, keinen Nordhessen-Cup und kaum eine andere Laufveranstaltung, auf der er nicht ist und sich umtriebig für die Leichtathletik einsetzt.
Am 4. Januar 2017 wird Winfried Aufenanger 70 Jahre, auch dann wird Ruhe für ihn ein Fremdwort bleiben und er wie jeden Tag im Büro mit Elan den EAM Kassel Marathon (29.9.- 1.10.) vorbereiten.
Zur großen „110 Jahr-Feier“ – gemeinsam mit Sohn Michael, heute Bürgermeister in der Heimatgemeinde Ahnatal, der jüngst seinen 40. Geburtstag feierte – gibt es dann ein großes Hallo alter Weggefährten und viele „laufende Grüße“ – mit Sicherheit auch für Ehefrau Brigitte, mit der er seit über 40 Jahren verheiratet ist.
Michael Küppers