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06
12
2008

Erst reich beschenkt, nun unter Druck: DOSB-Präsident Thomas Bach

DOSB-Versammlung – Ein Geschenk vom Deutschen Bundestag – Michael Reinsch, Warnemünde, in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung

By GRR 0

06. Dezember 2008 Am Donnerstag huldigte das Parlament in Berlin dem Sport, seiner Organisation und dessen Führung. An diesem Wochenende werden Thomas Bach, der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), und sein Generaldirektor Michael Vesper dagegen an der Ostsee im Gegenwind stehen. In Berlin wurden die Sportfunktionäre von der Politik reich beschenkt. In Warnemünde müssen sie nun auf ihrer Mitgliederversammlung um Pfennigbeträge feilschen.

Und während die Regierungsfraktionen des Bundes Bach und Vesper bereitwillig den Wunsch erfüllten, eine Debatte über die gesellschaftliche Bedeutung des Sports auf die Tagesordnung zu setzen, an deren Ende sie für die Aufnahme des Sports ins Grundgesetz stimmten, ist völlig ungewiss, ob Verbände und Landessportbünde ihrem Dachverband in existentieller Not aus der Klemme zu helfen und einer Erhöhung des Mitgliedsbeitrags in den beiden kommenden Jahren um jeweils 5,5 auf 22 Cent zuzustimmen bereit sind.
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Zur Diskussion zwingen und Unzufriedenheit demonstrieren

Nicht, dass eine Erhöhung der Beiträge in toto um drei Millionen Euro besonders eindrucksvoll wäre bei rund 27 Millionen Mitgliedschaften in 90.000 Vereinen. Sie wäre die erste seit dreißig Jahren und würde den DOSB, der über einen Jahresetat von 30 Millionen Euro verfügt, kaum mehr als von seinem strukturellen Defizit von zwei Millionen Euro im Jahr entlasten.
 
Das ist dringend nötig, sind die liquiden Mittel in den Rücklagen seit der Fusion von Sportbund und Nationalem Olympischem Komitee vor zweieinhalb Jahren doch von sieben auf drei Millionen Euro geschrumpft. Aber hier haben die Delegierten einen Ansatzpunkt, an dem sie in Opposition gehen, die Führung zur Diskussion zwingen und Unzufriedenheit demonstrieren können. Der mächtige Leichtathletikverband und die Landessportbünde von Hessen und von Berlin haben das bereits angekündigt.

„Solidarischer und kritischer Partner des Sports“

Wie harmonisch war es da im Vergleich, als der Sport den Deutschen Bundestag buchstäblich für sich hatte. Fast waren das Präsidium des DOSB und seine Referenten allein im hohen Haus mit den Mitgliedern des Sportausschusses, als am Donnerstagabend der CDU-Abgeordnete Klaus Riegert die reichlich einstündige Debatte eröffnete, indem er davon berichtete, dass er am Morgen das Sportabzeichen erworben habe.

Peter Danckert, der Vorsitzende des Sportausschusses, der von der Sportführung in Frankfurt manchmal schon als außersportliche parlamentarische Opposition betrachtet wurde, stellte sich als „solidarischer und kritischer Partner des Sports“ vor und sagte: „Es ist wichtig, dass der DOSB weiß: Wir sind ein verlässlicher Partner.“ Mit der Verabschiedung eines gemeinsamen Antrages der Regierungsfraktionen, der die Unterschriften der Fraktionsvorsitzenden Volker Kauder (CDU) und Peter Struck (SPD) sowie von CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer trägt, machten die Abgeordneten der DOSB-Spitze ein Geschenk, das unbezahlbar ist.

Eine Kanzlerin Merkel wird die Verfassung nicht anrühren

Darin steht nämlich: „Sollte es zu einer Ergänzung der Staatszielbestimmungen im Grundgesetz kommen, wird auch der Sport als Staatsziel aufgenommen.“ Seit ihrem Amtsantritt kämpfen Bach und Vesper dafür. Das Ziel, Sport zum Gegenstand der Verfassung zu erheben, ist dennoch noch weit entfernt. Nicht nur, weil der Antrag nun Gegenstand parlamentarischer Beratungen wird und vor seiner zweiten Lesung im Bundestag in den Ausschüssen verändert werden kann.

Bundeskanzlerin Angela Merkel ist eine strikte Gegnerin der Vorstellung, wie seinerzeit beim Tierschutz das Paket der Grundgesetze noch einmal aufzuschnüren und zu ergänzen. Deshalb wird wohl die einleitende Einschränkung im Antrag fürs erste eine unüberwindliche Hürde bleiben: Eine Kanzlerin Merkel wird die Verfassung nicht anrühren. Innenminister Wolfgang Schäuble, in der Regierung für den Sport zuständig, nahm an der Debatte nicht teil.

Michael Reinsch, Warnemünde, in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Sonnabend, dem 6. Dezember 2008

author: GRR

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