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06
08
2008

Dr. Helmar Wauer, Leiter der Rettungsstelle an der Berliner Charité, plädierte dafür, dass sämtliche Hilfsorganisationen Hand in Hand zusammenarbeiten müssen, wobei eine entsprechende Planung im Vorfeld sowie eingespieltes Team von unschätzbarem Vorteil sind

DOSB-Presse: Gefahren bei Lauf-Veranstaltungen minimieren – Symposium des German Road Races (GRR) brachte einige wichtige Erkenntnisse

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Den Gesundheits-Check vor einem Volkslauf anzumahnen, egal wie lang die Strecke auch sein mag, ist die eine Sache der Medaille, die Bemühungen um eine größtmögliche Sicherheit bis hin zur schnellen Hilfeleistung die andere. Die beiden Todesfälle vor Kurzem beim Zugspitzlauf haben dieses Thema wieder stark ins Bewusstsein aller Beteiligten gerückt und die Öffentlichkeit äußerst sensibel gemacht.

Nicht zuletzt aus diesem Grund lud die Vereinigung der deutschen Laufveranstalter, die sich den Namen German Road Race (GRR) gab,  Entscheidungsträger und Organisatoren nach Berlin ein, wo es in einem Symposium um die „Bedeutung eines Netzwerkes zwischen Notfallversorgung, Rettungswesen und Risikoabwendung“ ging.

Ob nun Verantwortliche vom Stuttgarter Zeitungslauf, dem Nikolauslauf Tübingen oder GutsMuths-Rennsteiglauf, vom Magdeburger, Münchener oder Dresdener Marathon, dem ASB Darmstadt und Hamburg, dem Stadtsportbund Duisburg oder DRK Rostock, sie alle interessierten sich für das, was Rennärzte, verschiedene Rettungsdienste, aber auch die Feuerwehr und Polizei aus ihrem bisherigen Erfahrungsschatz zu berichten hatten beziehungsweise welche Lösungsvorschläge sie unterbreiteten.

Etwa wie in Not geratene Laufteilnehmer in nur wenigen Minuten von Rettungsteams erreicht werden, damit im Ernstfall sofort die entsprechenden lebenserhaltenen Maßnahmen ergriffen werden können. Oder auf einen Nenner gebracht, wie ein Krisenmanagement wirkungsvoll funktionieren soll.

„Die Veranstalter müssen aber, so schwer es auch fällt, den Mut zur Absage aufbringen, wenn plötzlich besondere Ereignisse eintreten und unkalkulierbare Gefahren heraufbeschwören“, erklärte Wilfried Raatz, der gemeinsam mit dem ehemaligen Berliner Marathon Race-Direktor Horst Milde der DRR-Sprecher ist. Er erinnerte dabei an einen Mannheimer Lauf, wo Sturmwarnungen mit 130 km/h einen Start unmöglich machten oder auch an Abbrüche der beiden Marathonläufen in Chicago und Rotterdam, wo die Hitze unerträglich wurde.

„Besonders problematisch stellt sich uns aber die Situation bei den Extremläufen in Gebirge dar“, führte der aus der Schweiz angereiste Rennarzt des Jungfrau-Marathons, Dr. Hanspetzer Berger, aus. „Unsere Läufer haben einen Höhenunterschied von insgesamt zweitausend Metern zu überwinden. Unten beim Start in Interlaken bei 566 m kann der schönste Sonnenschein herrschen, oben im Ziel auf der Kleinen Scheidegg bei 2.100 m sind Regen, Kälte und sogar Schnee möglich. Im Gebirge schlägt das Wetter oftmals innerhalb von wenigen Stunden um.

Auch bei  ganz normalen Bedingungen sind Temperaturschwankungen und die Höhenprobleme nicht zu unterschätzen.“ Deshalb werden hier auch ganz spezielle Sicherheitsvorkehrungen und Vorsichtsmaßnahmen getroffen, die aber im Kern für  jedwede Extrem-Belastung wie beispielsweise bei einem Flachland-Marathon.

„Wir Mediziner können zwar auf Grund stattgefundener Untersuchungen einen Läufer vor den Gefahren eines Starts warnen, weil wir eine Herzkranzverengung, Bluthochdruck oder eine Entzündung beziehungsweise einen Infekt festgestellt haben, doch ein Verbot dürfen wir nicht aussprechen und schon gar nicht den Veranstalter auf mögliche Risiken hinweisen, denn damit würden wir gegen die ärztliche Schweigepflicht verstoßen“,  erklärte Dr. Willi Heepe, der viele Berlin-Marathons in verantwortlicher Funktion begleitete, leider auch den einen oder anderen Todesfall registrieren musste. 

Weil es immer noch viel zu viele Unvernünftige gibt und laut Statistik 40 Prozent aller Teilnehmer vorher keinen Arzt konsultiert haben, richtete Heepe den dringenden Appell an alle Laufveranstalter, einen Gesundheits-Check mit einem entsprechenden Fragenkatalog einzuführen. „Wer die entsprechende Bescheinigung bei der Startnummern-Ausgabe vorlegt und damit seine Eigenverantwortung unter Beweis gestellt hat, dem sollte von Veranstalterseite ein Nachlass von fünf Euro auf das Nenngeld gewährt werden. Oder aber die Krankenkassen springen ein, weil das Risiko dadurch minimiert wird .“

Was aber ist notwendig, damit andererseits von Veranstalterseite alles getan wird, um bei einem Rennen eine optimale Vernetzung von Unfallrettung, Sanitätsdiensten, medizinischer Betreuung und polizeilichen Maßnahmen zu gewährleisten?

Dr. Helmar Wauer, Leiter der Rettungsstelle an der Berliner Charité, plädierte dafür, dass sämtliche Hilfsorganisationen Hand in Hand  zusammenarbeiten müssen, wobei eine entsprechende Planung im Vorfeld sowie eingespieltes Team von unschätzbarem Vorteil sind. „Und im übrigen sollte jeder das machen, was er am besten kann.“ Aus medizinischer Sicht sei erforderlich, dass pro tausend Läufer ein Arzt, zwei Rettungsassistenten und fünf bis sechs Sanitäter kommen, wobei die Gefahrenmomente bei einem Marathon frühestens ab Kilometer 15 einsetzen.

Ein besonderes Augenmerk muss vor allem auf der Zielgeraden und nach dem Zieleinlauf gerichtet werden, weil hier Hilfe oft vonnöten ist. Hans-Günter Titz vom DRK Stuttgart warnte beispielsweise Eltern oder Betreuer, die oft unvernünftiger Weise zu noch mehr Leistung anspornen oder auch bei sichtlichen Problemen zum Durchhalten animieren.

Damit eine Laufveranstaltung von organisatorischer Seite reibungslos klappt, dafür sind auch Feuerwehr und Polizei zuständig. Thomas Fafczynski vom Zentralen Verkehrdienst Berlin gab einen aufschlussreichen Einblick von dem, was beim Berlin-Marathon (und logischer Weise auch in anderen Städten) wichtig ist: Angefangen von der Beratung der Organisatoren, der Streckensperrung, wobei die Belange der Anwohner und gegebenenfalls Hotels zu berücksichtigen seien, Umsetzung von an diesem Tag falsch geparkten Autos, in Berlin sind im Durchschnitt 250 bis 350, Festlegung von Rettungswegen für den eintretenden Notfall, auf Baustallen hinzuweisen, Einsatzkräfte (rund 800) bereitzustellen, das Teilnehmerfeld zu begleiten und eine Hotline für bestimmte Fragen in Notfällen einzurichten.

„Als wir 1981 in Berlin mit dem Stadt- Marathon anfingen, gab es viele Probleme mit der Polizei“, so Horst Milde, „doch inzwischen ist sie längst nicht mehr unser Gegner, sondern unser Freund geworden. Und macht möglich, was lange Zeit unmöglich schien. Wenn irgendwo anders bei Veranstaltern in dieser Beziehung Schwierigkeiten auftauchen, dann sollten sie sich an die entsprechenden Berliner Stellen wenden, die inzwischen reichlich Erfahrung besitzen und gern Ratschläge geben.“

Weil aber immer wieder aufs neue Fragen auftauchen, will es German Road Race  (GRR) auch nicht bei der einmaligen Veranstaltung in Berlin belassen, sondern in anderen Städten ebenfalls solche Symposien durchführen.

Quelle: DOSB Presse 

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