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22
03
2022

Prof. Dr. Gerhard Treutlein - Foto: Pädagogische Hochschule Heidelberg

DOSB-Ethikpreisträger Prof. Dr. Gerhard Treutlein verstorben

By GRR 0

Der Heidelberger Sportpädagoge und Ethikpreisträger des Deutschen Olympischen Sportbundes Prof. Dr. Gerhard Treutlein ist mit 81 Jahren nach langer Krankheit in Heidelberg verstorben.

Gerhard Treutlein wurde am 23. Dezember 1940 in Heidelberg geboren. Hier studierte er von 1960 bis 1967 Geschichte, Sport und Französisch wurde 1970 in Geschichte zum Dr. phil. promoviert.  

Treutlein lehrte und forschte von 1971 bis 2007 zunächst als Assistent und dann als Professor für Sportpädagogik an der Pädagogischen Hochschule (PH) Heidelberg, wo er hauptsächlich für die Sportlehrerausbildung an Grund, Haupt- und Realschulen zuständig war, aber auch an etlichen Forschungsprojekten (u.a. zum Leistungssport und Gesellschaftssystem, zum Sportlehrerhandeln, zur Etablierung der Sportwissenschaft im Ländervergleich Deutschland/Frankreich) mitwirkte.

Nach seiner Pensionierung wurde er Leiter des von ihm zuvor gegründeten Zentrums für Dopingprävention an der PH Heidelberg. In intensiver Zusammenarbeit mit der Deutschen Sportjugend (dsj) konnten hier u.a. Materialien (u.a. „Sport ohne Doping“) und Seminarformate für Dopingprävention erarbeitet werden, darunter die wegweisende Konzeption für ein System der Juniorbotschafterinnen und Juniorbotschafter für Dopingprävention im Sport, das Treutlein entwickelt und umgesetzt hat: „Sein Ziel der Präventionsarbeit war, sehr früh junge Sportler*innen zu erreichen, um über eine aktive und reflektierende Auseinandersetzung mit den Versuchungen der Leistungssteigerung durch illegale und gesundheitsgefährdende Praktiken zu verhindern, dass sich eine solche ‚Dopingmentalität‘ bei jungen Sportler*innen entwickelt“, bringt Peter Lautenbach als langjähriger Wegbegleiter aus der dsj sein unermüdliches Wirken in der Dopingprävention auf den Punkt. Von 2003 bis 2005 gehörte Treutlein zur AG Prävention bei der NADA, die er aber verlassen musste, als er die bestehenden Unterschiede in der Förderung von Dopingprävention in Frankreich gegenüber Deutschland angemahnt hatte.

Gerhard Treutlein war in der evangelischen Jugend sozialisiert. Der USC Heidelberg war sein Heimatverein, dem er sogar als 1. Vorsitzender vorstand. Als Aktiver war der der Leichtathletik vor allem auf der Mittelstrecke eng verbunden. Seit den frühen 1960er Jahren hat er junge Athletinnen und Athleten trainiert und bis in die internationale Spitze geführt. Gerhard Treutlein war von 1972 bis 2007 (ehrenamtlicher) Disziplinchef Leichtathletik im Allgemeinen Deutschen Hochschulsportverband (adh) und in dieser Funktion u.a. verantwortlich für die Studierenden-Nationalmannschaft Leichtathletik bei insgesamt 17 Weltmeisterschaften (Universiaden): „Für Gerhard Treutlein galt stets das Primat der mündigen Athletinnen und Athleten. Er war ein jederzeit aufrechter und kritischer Geist, der auch für eine ganzheitliche und umweltschonende gesunde Lebensführung geworben hat“, erinnert sich Prof. Dr. Hans-Jürgen Schulke (Hamburg) an die zahlreichen Begegnungen aus gemeinsamen adh-Zeiten.

Die deutsch-französischen Hochschulmeisterschaften 1988 in Strasbourg und 1993 in Heidelberg mit jeweils über tausend Teilnehmenden beim 25. bzw. 30. Geburtstag des Deutsch-französischen Jugendwerks waren sein „Kind“. Der adh hatte Treutlein 2007 die Ehrenmitgliedschaft verliehen: „Gerhard Treutlein hat auf all seinen Aktivitätsebenen klare Wertevorstellungen vertreten und war damit über 5o Jahre ein wichtiger Orientierungspunkt für den adh, die Arbeit im Hochschulsport und in Sportdeutschland.

Gerhard Treutlein zeigte ein unermüdliches Engagement für seine Überzeugungen und bleibt deswegen ein Vorbild für Generationen von Aktiven und Offiziellen im Hochschulsport und darüber hinaus. Wir werden ihm ein würdiges Andenken bewahren und seinen Rat und seine klare Haltung vermissen“, so der adh-Vorstandsvorsitzende Jörg Förster in einer Kondolenzadresse.

Prof. Dr. Gerhard Treutlein war 1976 auch Gründungsmitglied in der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft und hat sich als einer der ersten Sportwissenschaftler in der Bundesrepublik Deutschland gegen den Missbrauch von Medikamenten und Drogen zur Leistungssteigerung im Sport eingesetzt. Er erkannte frühzeitig, dass Doping kein ausschließliches Problem des Spitzensports ist, sondern sich in den Amateurbereich ausgeweitet hat und auch den Kinder- und Jugendsport zunehmend infiziert. So entstand u.a. die Zusammenarbeit mit der dsj in den verschiedenen Dopingpräventions-Projekten entstanden.

Am 16. September 2016 erhielt Gerhard Treutlein in den Räumen des Olympiastützpunktes Rhein-Neckar seiner Heimatstadt Heidelberg den Ethikpreis des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) als Auszeichnung für seine Lebensleistung in über 40 Jahren Einsatz für Prävention und manipulationsfreien fairen Sport.

Die Vorsitzende der Deutschen Olympischen Akademie, Prof. Dr. Gudrun Doll-Tepper, würdigte als damalige DOSB-Vizepräsidentin für Bildung und Olympische Erziehung und als Vorsitzende des Kuratoriums zur Verleihung des DOSB-Ethikpreises in ihrer Begrüßungsansprache die Verdienste von Gerhard Treutlein so: „Er kritisiert die Zustände nicht aus dem Elfenbeinturm des kenntnisreichen und erfahrenen Wissenschaftlers. Vielmehr hält er die Werte des Sports, auch des Leistungssports, nach wie vor für ein schützenswertes Gut. Das vertritt er mutig und kämpferisch in zahllosen Publikationen ebenso wie in Vorträgen und bei jeder sich sonst bietenden Gelegenheit.“

Bereits im Jahre 2009 erhielt Treutlein für seine Verdienste in der ehrenamtlichen Arbeit im Sport, für die Förderung der deutsch-französischen Beziehungen und für seinen Beitrag zur Dopinggeschichte im Leistungssport sowie im Bereich der Dopingprävention das Bundesverdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland. Auch mit 80 Jahren ließ ihn der Sport und das Thema Doping nicht los, auch wenn die Kräfte allmählich nachließen.

Im Herbst letzten Jahres war Gerhard Treutlein noch zu Gast bei der Ehrenpromotion (Dr. h.c.) von Peter Lautenbach an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Da wusste noch niemand, dass es sein letzter öffentlicher Auftritt im Sport bzw. in der Sportwissenschaft sein sollte.

Prof. Dr. Detlef Kuhlmann

 

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