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2010 Bank of America Chicago Marathon October 10, 2010, Chicago, IL Photo by: Lisa Coniglio Victah1111@aol.com 631-741-1865 www.photorun.NET

Dopingskandal: Keine russischen Läufer bei der Cross-EM, Irina Mikitenko bekommt Marathon-Master-Weltrekord zurück

By GRR 0

Die Crosslauf-Europameisterschaften im französischen Hyères sind am Sonntag der erste bedeutende internationale Titelkampf, bei dem die Sperre gegen den russischen Leichtathletik-Verband sichtbar wird.

Russische Läufer werden bei dieser EM nicht starten können. In einer bisher einmaligen Sanktion im Anti-Doping-Kampf hatte der internationale Leichtathletik-Verband IAAF unter der neuen Führung des Briten Sebastian Coe den russischen Verband und damit alle für Russland startenden Athleten bis auf weiteres von sämtlichen internationalen Veranstaltungen ausgeschlossen.

Dies gilt somit auch für alle Straßenläufe, wobei natürlich russische Breitensportler weiterhin an den Start gehen können. Die Sperre gegen einen nationalen Verband ist der bisherige Höhepunkt im größten Dopingskandal der Leichtathletik. Während sich unter anderem auch Kenia im Fokus der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA befindet, könnte es den nächsten großen Dopingskandal in Italien geben.

Nachfolgend ein Überblick über die Geschehnisse der letzten Zeit:

Russischer Verband von IAAF gesperrt

Nach entsprechenden Untersuchungen der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA hat der internationale Leichtathletik-Verband den russischen Verband und damit alle Athleten, die über Vereine mit dem Verband verbunden sind, gesperrt. Die WADA hatte den Russen staatlich unterstütztes Doping vorgeworfen und in der Folge auch dem international anerkannten Anti-Doping-Labor in Moskau die Zulassung entzogen.

Dem Chef des Labors, der laut einem Bericht der BBC inzwischen seine Position aufgegeben hat, warf die WADA vor, 1.400 Dopingproben vernichtet zu haben.

Immer mehr russische Athleten wurden in der letzten Zeit des Dopings überführt. Darunter sind etliche Athleten aus dem Ausdauerbereich und Medaillengewinner von Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften. 52 russische Leichtathleten finden sich auf der aktuellen IAAF-Liste gesperrter Athleten – damit liegt Russland in dieser Statistik mit Abstand vorne. Die prominenteste des Dopings überführte Marathonläuferin ist Liliya Shobukhova, die unter anderem die Rennen von London und Chicago gewann.

Die zweimalige russische World Marathon Majors (WMM)-Siegerin – diese Titel wurden ihr inzwischen entzogen – darf jedoch in dem Augenblick wieder starten, wenn die Sperre gegen Russland aufgehoben wird. Wie die WADA erklärte, wurde die Sperre gegen Shobukhova um sieben Monate auf zwei Jahre und sieben Monate verkürzt. Dieser Zeitraum endete bereits Ende August. Die WADA erklärte, die Verkürzung hinge damit zusammen, dass Shobukhova die WADA entscheidend bei der Aufklärung des russischen Dopingskandals unterstützte.

In den Dopingskandal verwickelt sind offenbar auch der langjährige, senegalesische IAAF-Präsident Lamine Diack – der im August von Sebastian Coe abgelöst wurde -, dessen Sohn Papa Massata, sein Berater Habib Cisse und der frühere Anti-Doping-Chef des Verbandes, Gabriel Dolle.

Laut BBC und anderen Medien ermittelt die französische Polizei gegen diese Personen, denen vorgeworfen wird, Bestechungsgelder kassiert und dafür positive Dopingproben unter den Tisch gekehrt zu haben. Bereits im vergangenen Winter hatte die ARD in einer Sendung über das russische Dopings-System auf die Verbindung zu hohen IAAF-Funktionären hingewiesen.

Nach Konovalova-Dopingfall nun wieder Mikitenko Master-Weltrekordlerin

Zu den neueren russischen Dopingfällen gehört auch die Marathonläuferin Mariya Konovalova. Sie hatte als Zweite des japanischen Nagoya-Marathons im März den Master-Weltrekord (Altersklasse ab 40 Jahre) von Irina Mikitenko gebrochen. Konovalova lief damals als 40-Jährige sogar eine persönliche Bestzeit von 2:22:27 Stunden. Dieses Ergebnis wurde nun annulliert. Damit ist Irina Mikitenkos Zeit von 2:24:54 Stunden, die sie 2013 in Berlin aufstellte, wieder der Master-Weltrekord.

Die Sperre gegen den russischen Leichtathletik-Verband bedeutet aber noch nicht, dass die russischen Athleten auch bei den Olympischen Spielen im kommenden Sommer in Rio de Janeiro nicht starten dürfen. Laut WADA sollten die Russen relativ schnell in der Lage sein, die Forderungen bezüglich eines Anti-Doping-Systems umzusetzen, das den WADA-Voraussetzungen entspricht.

Fünf weitere Länder verstoßen gegen die Anti-Doping-Richtlinien

Neben Russland gibt es laut WADA fünf weitere Länder, die gegen die internationalen Anti-Doping-Regeln verstoßen. Dies sind Argentinien, die Ukraine, Bolivien, Andorra und Israel. Unter Beobachtung stehen in diesem Zusammenhang zudem zurzeit Brasilien, Belgien, Frankreich, Griechenland, Mexiko und Spanien. Sie müssen bis März Bedingungen der WADA erfüllen.

Unabhängig davon setzten die IAAF und die WADA vor dem internationalen Schiedsgericht CAS vor kurzem durch, dass die spanische Langstreckenläuferin Marta Dominguez wegen Blut-Dopings für drei Jahre gesperrt bleibt. Der spanische Verband hatte die 3.000-m-Hindernis-Weltmeisterin von 2009 im vergangenen Jahr freigesprochen.

Auch in der Ukraine gab es vor kurzem einen prominenten Dopingfall einer Langstrecklerin: Tetyana Gamera-Shmyrko wurde für vier Jahre gesperrt. Sie hatte im Januar zum dritten Mal in Folge den Osaka-Marathon gewonnen. Diese Ergebnisse wurden ebenso annulliert wie ihr nationaler Rekord und ihr überraschender fünfter Platz bei den Olympischen Spielen 2012.

19 Kenianer gesperrt, darunter Rita Jeptoo und Emily Chebet

Kenia stand zuletzt noch nicht auf den beiden „Schwarzen Länder-Listen“ der WADA. Allerdings ist offensichtlich, dass es auch in Ostafrika ein Dopingproblem gibt. Die WADA hat entsprechende Schritte eingeleitet, erklärte aber laut BBC vor kurzem, man sei ermutigt, nachdem die kenianische Regierung die Finanzierung eines nationalen Anti-Doping-Programms beschlossen habe.

Wegen der Veruntreuung von Sponsorengeldern sowie mangelnder beziehungsweise blockierender Aktionen im Anti-Doping-Kampf suspendierte die IAAF den kenianischen Verbandspräsidenten Isaiah Kiplagat sowie die führenden Funktionäre David Okeyo und Joseph Kinyua. Kenias Verbandsfunktionäre galten schon lange als korrupt und willkürlich. Möglicherweise hat auch die Verbandsspitze positive Dopingproben gegen Geldzahlungen unter den Tisch gekehrt.

In der Folge des Skandals in Kenia besetzten Langstreckenläufer der Professional Athletes’ Association of Kenya (PAAK) – in diesem Verbund haben sich etliche Weltklasseläufer zusammengeschlossen, um ihre Interessen gegen den nationalen Leichtathletik-Verband wahrzunehmen – Ende November die Verbandszentrale in Nairobi. Sie forderten die längst überfällige Ablösung der Verbandsführung um Kiplagat. Gut möglich, dass in der Zukunft der frühere Marathon-Weltrekordler Paul Tergat, der auch Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees ist, eine entscheidende Rolle spielt.

19 kenianische Athleten sind zurzeit von der IAAF wegen Dopings gesperrt.

Mit dieser Anzahl liegt auch Kenia weit vorne in dieser Liste. Hinter Russland (52) und Indien (33 Fälle) befindet sich das Land in einem Bereich mit Marokko und der Türkei. Zum Vergleich: Nur ein deutscher Athlet findet sich zurzeit in der IAAF-Doping-Liste. Von den vielen prominenten kenianischen Weltklasseläufern sind es bisher aber nur sehr wenige, die positiv getestet wurden – meist betrifft es Athleten aus der zweiten oder dritten Reihe. Neben der bereits vor einem Jahr überführten Chicago- und Boston-Marathon-Siegerin Rita Jeptoo ist aktuell die zweimalige Crosslauf-Weltmeisterin Emily Chebet die prominenteste kenianische Athletin, die eine Dopingsperre verbüßt.

Ermittlungen gegen prominente italienische Topathleten

Es ist davon auszugehen, dass in den nächsten Wochen und Monate weitere Dopingfälle
und -vergehen ermittelt werden. Aktuell rückt die italienische Leichtathletik in den Fokus. Die nationale Anti-Doping-Agentur hat eine Liste mit 26 Athleten veröffentlicht, die angeblich aufgrund von verpassten Dopingtests für zwei Jahre gesperrt werden sollen.

Darunter finden sich etliche prominente Athleten, auch einige Langstreckenläufer. Unter ihnen sind der Crosslauf-Europameister von 2012, Andrea Lalli, der aktuelle Marathon-Europameister Daniele Meucci und der Marathon-WM-Vierte dieses Jahres, Ruggero Pertile. In diesen Fällen dauern die Ermittlungen noch an.

„Wir müssen hart arbeiten, um das Vertrauen in die Leichtathletik wieder herzustellen und die tatsächlichen Werte und das Potenzial dieser Sportart zu zeigen. Um unseren Sport wieder in eine bessere Position zu bringen, müssen wir die richtigen Leute am richtigen Platz einsetzen und die benötigten Strukturen schaffen“, erklärte Sebastian Coe.

Dem Briten kann man wohl am ehesten zutrauen, diese Krise zu meistern. Der frühere Mittelstrecken-Weltrekordler und Olympiasieger, der die Olympischen Spiele 2012 nach London holte und als Organisations-Chef fungierte, hätte schon eher Lamine Diack ablösen müssen.

race-news-service.com
 

author: GRR

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