Die Leichtathletik ist derzeit nur noch ein Schatten ihrer Selbst ©Horst Milde
Doping-Skandale – Die Leichtathletik steht am Abgrund – Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
Die Leichtathletik ist nicht tot. Sie riecht nur schlecht. Weil das Laufen, Springen und Werfen immer noch als Kern des Sports gilt, als Herz und Seele der Olympischen Spiele sowieso, zieht deren grassierende Vertrauenskrise den gesamten Sport in Mitleidenschaft.
Nepotismus, Gier, Korruption und immer wieder: Doping – das ist es, was der Weltverband der Leichtathleten, die IAAF, überwinden muss, wenn am Mittwoch die Herrschaft des senegalesischen Patriarchen Lamine Diack endet.
Vor sechzehn Jahren trat er das Erbe von Primo Nebiolo an, einem Funktionär, der sich für seine Machenschaften gern als, je nach dem, großer oder kleiner Mafioso loben ließ.
So schlimm ist die Situation inzwischen, dass selbst die Welt-Anti-Doping-Agentur im Zweifel zu sagen scheint: Erspart uns Details, wir können nichts tun.
Die Sportart retten
An Sebastian Coe, dem smarten Engländer, oder an Sergej Bubka, dem schlauen Ukrainer, wird es sein, die Sportart zu retten, deren beste Athleten einst als Könige des Sports galten und die heute je schneller, desto tiefer in den Verdacht rennen. Beide Kandidaten erwarben mit Weltrekorden und Olympiasiegen Ruhm, von dem sie bis heute zehren.
Welcher die größere Hoffnung trägt, am Mittwoch Präsident zu werden, ist schwer zu sagen. Beide vermeiden geradezu planmäßig, sich substantiell zu den dringendsten Themen ihres Sports zu äußern.
Berichte über die Verkommenheit der Leichtathletik nahm Coe als „Kriegserklärung“ auf und wandte sich mit der Rhetorik von Landser-Heftchen gegen Fernsehen und Presse. Doch das galt nicht wirklich den Berichterstattern. Coe will eine Wagenburg-Mentalität unter den Delegierten aus 213 Verbänden erzeugen und für sich nutzen.
Er weiß so gut wie Bubka, dass auf keinen Fall diejenigen verschreckt werden dürfen, die mit der Präsidentenwahl die Pflege ihrer Pfründe verbinden.
Hoffnung, den Sumpf trocken zu legen, in dem die Leichtathletik steckt, beruht auf einem Paradoxon: dass derjenige, der morgen aufräumen soll, sich heute um so mehr an Verbandsfürsten ranschmeißen muss, die das Großreinemachen fürchten. Der Gerechtigkeit halber muss man an Coes Forderung erinnern, Dopingbekämpfung einer unabhängigen Institution außerhalb der Leichtathletik zu übertragen.
Sollte der künftige IAAF-Präsident die dringend notwendige Reform durchsetzen wollen, wäre dies eine bemerkenswerte Wendung: weg von der Klientel-Politik, nach der die eigenen Leute mit Pöstchen, Zuwendungen und Medaillenchancen versorgt werden müssen.
Rechenschaft abzulegen gegenüber der Öffentlichkeit, sich ihr erklären, sich ihr verpflichtet fühlen: Dies durchzusetzen ist auch Aufgabe der Partner des Sports. Nur wenn Wirtschaft und Staat, die großen Sponsoren und die Käufer von Übertragungsrechten und Veranstaltungen, Sauberkeit und Transparenz einfordern, hat die Leichtathletik eine Zukunft.
Die Wiederbelebungsversuche beginnen in Peking.
Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Dienstag, dem 18. August 2015
Hier die Online-Petition zum Unterstützen gegen die DLV-LAUFMAUT:
Online-Petition "Stoppt die DLV-Laufmaut"
German Road Races e.V. (GRR) auf facebook:
https://de-de.facebook.com/germanroadraces
German Road Races e.V. (GRR) auf twitter:
https://twitter.com/germanroadraces