Und nun? IOC-Präsident Thomas Bach. ©DOSB
Doping-Kommentar – Das IOC hat keine Wahl – Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
Falls es stimmt, was seit Freitag kolportiert wird, dann hat das Internationale Olympische Komitee kein ruhiges Wochenende: Der sogenannte McLaren-Bericht zu den Doping-Vorgängen in Russland soll bestätigen, was selbst Optimisten befürchteten.
Ein Doping-System weit über die Leichtathletik hinaus, tief hineinreichend in andere Sportarten. Und von alldem soll die russische Regierung nicht nur gewusst haben.
Auch ohne diese Details aus dem Bericht im Auftrag der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) – er wird am Montag in Montreal veröffentlicht – hätte man längst zu diesem Schluss kommen können.
Die Aussagen russischer Trainer allein über die Machenschaften in der Kernsportart Schwimmen legten schon länger nahe, dass das IOC kein Glück haben würde mit der Hoffnung, die perfide Doping-Systematik habe nur die Leichtathletik und die Winterspiele 2014 in Sotschi betroffen.
Der Kronzeuge der Anklage, der ehemalige Leiter des Anti-Doping-Labors, hat längst die Vernichtung von mehreren tausend Doping-Proben eingeräumt. Dafür reicht die überschaubare Gruppe der besten russischen Bobfahrer, Langläufer und Biathleten dann doch nicht. Welche Logik steckte auch dahinter, „nur“ aussichtsreiche Leichtathleten und Wintersportler einem Manipulationsprogramm zu unterziehen?
Die Deutschen haben genügend Erfahrung mit dem fatalen Reiz, so ein Betrugsprogramm als flächendeckenden Menschenversuch zu installieren.
Zu den plausiblen Aussagen und Andeutungen von Schwimmtrainern in den vergangenen Monaten auch gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, es habe massive Doping-Angebote russischer Anti-Doping-Beauftragter gegeben, kommt eine Klage ernstzunehmender Doping-Gegner aus aller Welt. Sie können belegen, dass es in Russland über einen langen Zeitraum, vermutlich über Jahre hinweg, kein halbwegs funktionierendes Doping-Kontrollsystem gegeben hat. So wie es von der Wada weltweit vorgeschrieben ist.
Da russische Athleten demnach zur Vorbereitung auf Weltmeisterschaften und nun die Sommerspiele schlucken oder spritzen konnten, was sie wollten, wie kann man sie dann guten Gewissens in drei Wochen in Rio starten lassen?
Die Wirkung des Trainings unter Doping, Regenerationszeiten werden verkürzt und Trainingsintensitäten erhöht, halten weit über die Nachweisbarkeit der verbotenen Unterstützung an. Neben den Bestätigungen, die der McLaren-Bericht nun liefern soll, ist diese Feststellung ein wichtiges Kriterium für die Entscheidung des IOC.
Es hat keine Wahl, falls es seiner Maxime „Null Toleranz“ folgt: Dann darf es in Rio kein russisches Team geben.
Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Sonntag, dem 17. Juli 2016
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