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Doping-Kommentar: Bachs Gegenspieler – Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
Oder ob das Internationale Olympische Komitee (IOC) sich zu einer spürbaren Strafe durchringt für den Betrug von Sotschi. Die Einberufung einer Reihe von Kommissionen, die Abstrafung der Kronzeugin Julija Stepanowa, der Versuch, den McLaren-Bericht über das russische Doping in Misskredit zu bringen, sind das Gegenteil der Konsequenz, die man sich von den Olympiern wünschte.
Zu Ostern wird man feststellen dürfen: Thomas Bach, der Präsident des IOC, eiert rum.
Das fällt umso unangenehmer auf, als sein einstiger Freund Sebastian Coe klare Kante zeigt. Der Präsident des Leichtathletik-Weltverbandes IAAF hatte einen miserablen Start, als er seinen Vorgänger Lamine Diack als Vorbild pries – kurz bevor Diack verhaftet wurde.
Die Ermittlungen wegen Korruption und Unterschlagung von Doping-Fällen sind nicht abgeschlossen. Coe aber scheint das hinter sich gelassen zu haben. Er hat der IAAF eine Reform verordnet.
Und er steht dafür gerade, dass der Betrug der Russen und ihre hartnäckige Weigerung, ihn einzugestehen, bestraft werden, wie es sich gehört: mit dem Startverbot für die Nationalmannschaft. Als ein Schweizer Gericht diese Woche bestätigte, dass die russische Mannschaft zu Recht von den Paralympics in Rio ausgeschlossen wurde, war dies auch eine Stärkung Coes gegenüber dem Laissez-faire des IOC.
Längst gilt der Lord in der englischsprachigen Welt, bei Wada und Athleten, als Gegenspieler von Bach – und als Hoffnungsträger. Der IOC-Präsident scheint dies zu bestätigen, indem er Coe, den Vertreter der olympischen Kernsportart, nicht ins IOC aufnimmt.
Dabei reichen Doping und Korruption in der Leichtathletik weit über Russland hinaus. Gerade ist Marathon-Olympiasiegerin Jemima Sumgong bei einer Trainingskontrolle des Epo-Dopings überführt worden. Die Ukraine bot – angeblich irrtümlich – Dopern Amnestie gegen Geständnis an.
Coe selbst verteidigt sich gegen den Verdacht, als Vizepräsident des Verbandes jahrelang Mitwisser gewesen zu sein – mit der Behauptung, er habe brisante E-Mails ungelesen weitergeleitet und wisse gar nicht, wie man auf dem Smartphone Mitteilungen verfasse. Mag also sein, dass Coe seinen moralischen Kompass neu ausgerichtet hat.
Vor allem aber sind es die düsteren Aussichten des olympischen Sports, die sein Licht strahlen lassen.
Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Montag, dem 17. April 2017
Autor: Michael Reinsch, Korrespondent für Sport in Berlin.