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03
06
2016

„Was muss noch passieren, dass etwas passiert?“: Andrea Gotzmann fordert Konsequenzen nach dem russischen Doping-Skandal ©NADA

Doping in Russland – „Das Anti-Doping-System wird mit Füßen getreten“ – Michael Reinsch, Berlin, in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung

By GRR 0

„Ich sehe, wie das Anti-Doping-System mit Füßen getreten wird“, sagt Andrea Gotzmann, die Vorstandsvorsitzende der Nationalen Anti-Doping-Agentur (Nada). „Das muss Konsequenzen haben. Wir müssen Fakten schaffen.“

Die Korruption im Welt-Leichtathletikverband (Iaaf), der Nachweis systematischen Dopings in der russischen Leichtathletik, die Manipulation von Doping-Proben bei den Olympischen Winterspielen von Sotschi: „Was muss noch passieren, dass etwas passiert?“, rief die Sportwissenschaftlerin und Biochemikerin bei der Jahres-Pressekonferenz der Nada in Berlin am Mittwoch. 
 

Ihre Erwartung ist eindeutig: Länder, deren Doping-Kontroll-System nicht dem Kodex der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) entspricht, die in der Sprache des Sports also non-compliant sind, sollten von großen internationalen Wettbewerben ausgeschlossen werden.

Also auch von den Olympischen Spielen. Auch dafür, dass ein Dutzend internationaler Sportverbände, unter ihnen die Amateurboxer, 2015 keine einzige Doping-Kontrolle außerhalb von Wettkämpfen veranlasste, erwartet sie strengste Konsequenzen. „Es kann doch nicht sein, dass Athleten durch die Versäumnisse ihres internationalen Verbandes um die Olympia-Teilnahme gebracht werden“, sagte sie dazu und setzte voraus: „Keine Kontrollen, keine Teilnahme.“

Im Fall Russland – „Da wurde Unfassbares aufgedeckt. Wir sind zutiefst schockiert“ – fordert sie schnelle und lückenlose Aufklärung.

Dafür empfiehlt sie, den einstigen Laborleiter von Moskau, Gregorij Rodschenkow, als Whistleblower zu behandeln und sein Angebot zur Zusammenarbeit anzunehmen. „Ich möchte die ganze Wahrheit aus Sotschi erfahren“, sagte sie. „Ich möchte wissen, wie wir das alles aufklären können.“

Sollten die B-Proben von den Winterspielen, wie es die Aussagen von Rodschenkow suggerieren, im Gegensatz zu den A-Proben nicht manipuliert worden sein, sollten diese in A- und B-Probe geteilt und noch vor den Spielen von Rio im August analysiert werden.

Zudem müsse festgestellt werden, und dies sei Aufgabe der Wada, ob auch bei der Leichathletik-Weltmeisterschaft 2013 in Moskau und bei der Schwimm-Weltmeisterschaft in Kazan 2015 die Proben russischer Athleten manipuliert worden sein. Rodschenkow hatte berichtet, dass er in Sotschi 2014 gemeinsam mit dem russischen Geheimdienst mehr als hundert belastende Proben russischer Olympiateilnehmer ausgetauscht habe, ohne Spuren an deren angeblich manipulationssicheren Behältern hinterlassen zu haben.

27 Doping-Sanktionen in Deutschland

Dem Vorwurf von Jelena Issinbajewa, der russischen Olympiasiegerin im Stabhochsprung, auch in Deutschland gebe des systematisches Doping, widersprach sie unter Hinweis auf die gestiegene Qualität der Kontrollen. 14 746 Proben im Jahr 2015 lösten 27 Sanktionen aus; das entspricht 0,18 Prozent.

Gegenüber dieser Zeitung kommentierte Andrea Gotzmann den Fernsehauftritt von Jelena Issinbajewa so: „Ich vermisse da etwas. Nämlich die Aussage: Ich dope nicht, ich habe nie gedopt, und ich werde nie dopen. Ich höre nur: Ich bin soundso oft negativ getestet worden. Das kommt mir bekannt vor. Ich fordere das klare Bekenntnis zum sauberen, zum Doping-freien Sport ein.“

Gegenseitige Kontrollen als Zukunftsmodell?

Für nationale Anti-Doping-Agenturen und große Sportverbände forderte die Chefin der Nada ein unabhängiges Controlling. Auf die Frage, ob das durch die Suspendierung der russischen Anti-Doping-Agentur entstandene Engagement der britischen Nada in Russland ein Beispiel sein könnte für generell gegenseitige Kontrollen in der Zukunft, antwortete sie: „Es wäre interessant, darüber nachzudenken.“

„Unsere Aufgabe ist es, Athleten vor Doping zu schützen“, sagt Andrea Gotzmann.

Für faire Wettkämpfe in Rio zu sorgen, scheint den Doping-Bekämpfern allerdings nicht möglich. „Was wäre die Konsequenz?“, fragt sie. „Sollen wir in Deutschland weniger machen? Das wäre fatal.“ Die Nada gehe aus den internationalen Krisen relativ gestärkt hervor.

Doping-Bekämpfer aus aller Welt fragten die Expertise deutscher Analytiker nach. Das Anti-Doping-Gesetz erweist sich zumindest auf dem Papier als stark nachgefragter Exportartikel.

Michael Reinsch, Berlin, in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Donnerstag, dem 2. Juni 2016 

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