2015 World Outdoor Championships Beijing, China August 22-30, 2015 Photo: Victah Sailer@PhotoRun Victah1111@aol.com 631-291-3409 www.photorun.NET
Doping in Kenia – „Mehr Epo für Athleten als für Kranke“ – Michael Reinsch, Peking in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
Üble Nachrede schimpfte Isaiah Kiplagat stets Berichte, die sich mit Doping unter den Langläufern Kenias beschäftigten. Wenn es nach ihm ginge, bliebe Kenia auf ewig das Wunderland des Laufens.
Auf Doping-Fälle wie jüngst den spektakulären der Weltklasse-Marathonläuferin Rita Jeptoo reagierte er mit der Drohung, die Athleten-Manager aus Europa und Amerika des Landes zu verweisen. In seinem Verständnis können nur sie die braven kenianischen Sportsleute verdorben haben.
Als die ARD mit einer Reportage über Doping in Kenia die Regierung aufschreckte, zeigte Kiplagat, warum er sich 22 Jahre an der Spitze von Kenya Athletics gehalten hatte: Er sorgte dafür, dass die Untersuchungskommission völlig überdimensioniert besetzt wurde; das Gremium unter der Leitung des in Natur- wie Rechtswissenschaft ausgebildeten Professors Moni Wekesa reiste und tagte so lange, bis das Budget verbraucht war. Glücklicherweise empfand die Politik das Thema als so wichtig, dass sie nachlegte.
Aber die neuesten Ergebnisse aus Peking übertreffen in ihrer Prägnanz alles, was die Wekesa-Kommission ermitteln konnte: Zwei kenianische Läuferinnen sind positiv auf Doping-Mittel getestet worden und diskreditieren die phänomenale Leistung der überragenden Auswahl dieser WM. Zunächst verbreitete am Mittwoch das kenianische Internet-Portal sportsnewsarena.com die Meldung.
Während die Leitung der Mannschaft, die bei der Weltmeisterschaft in Peking mit elf Medaillen die Medaillenwertung anführt, noch lavierte, bestätigte der Weltverband IAAF, dass Joyce Zakari und Francisca Koki wegen positiver Proben von Donnerstag und Freitag vorläufig suspendiert seien.
Die eine unterbot im Vorlauf über 400 Meter in 50,71 Sekunden den kenianischen Rekord und trat zum Halbfinale am Dienstag nicht an. Die Mannschaftsleitung behauptete, die Läuferin sei wegen Unwohlseins im Krankenhaus. Francisca Koki ist Zweite der Afrika-Meisterschaft über 400 Meter Hürden und schied im Vorlauf aus.
Prophylaxe gibt es nicht in Kenia
„Go Kenya, Bring The Glory Home!“ lautet das Motto, unter dem der kenianische Verband seine Mannschaft nach China geschickt hat. Zum Ruhm, den die Goldmedaillen von Speerwerfer Julius Yego und Hindernisläuferin Hyvin Kiyeng Jepkemoi vom Mittwochabend, die Titel von Vivian Cheruiot über 10.000 Meter und von David Rudisha über 800 Meter bringen sollen, die von Ezekiel Kemboi über 3000 Meter Hindernis und von Nicholas Bett über 400 Meter Hürden, kommt nun die Schande.
Vor allem die sensationellen Siege von Yego und Bett erscheinen in einem trüben Licht.
Weiter als der Kenianer warfen in den vergangenen 30 Jahren nur der Tscheche Zelezny und der Finne Parviainen. Yegos Wurf war der weiteste seit dem Jahr 2001. Schlimm genug, dass Athleten zu leistungssteigernden Substanzen greifen. Schlimmer aber noch, dass Leute wie Kiplagat die Verantwortung für den Sport übernommen haben und ihren Verband geführt haben, als handele sich um einen privaten Krämerladen, sich schlicht weigerten, die Realität anzuerkennen.
Julius Yegos Speerwurf in Peking war der weiteste seit dem Jahr 2001.
Seit Kiplagat in der vergangenen Woche mit dem Versuch scheiterte, als Vize ins Präsidium von Sebastian Coe einzuziehen, befürchten Sportfunktionäre, dass er als kenianischer Verbandspräsident zurückkommt. Irgendwie klang sein Rücktritt im Mai so, als gelte er nur für den Fall der Wahl in die IAAF.
Käme der Mann zurück, hätte der Verband nicht nur ein Problem mit dessen Selbstbedienungs-Mentalität. So etwas wie Prophylaxe gibt es nicht in Kenia. Das Doping-Kontrolllabor, dessen Einrichtung in Nairobi seit Jahren angekündigt wird, bleibt ebenfalls ein Phantom. Dabei sind die IAAF und die größten Marathon-Veranstalter der Welt bereit, dessen Betrieb finanziell zu unterstützen.
Eine besonders schlechte Figur macht Craig Reedie, der Präsident der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada). Am Wochenende tat er sich mit der Behauptung hervor, seine Organisation brauche in Kenia nicht zu ermitteln; die Regierung erledige das schon.
„Heute weiß ich doch nicht mehr, wer sauber ist“
Noch in der vergangenen Woche hatte Moses Kiptanui, in den neunziger Jahren dreimal Weltmeister über 3000 Meter Hindernis, drastisch formuliert, warum er sich vom Sport zurückgezogen hat. „Heute weiß ich doch nicht mehr“, sagte er im Interview mit dem Magazin der französischen Sport-Tageszeitung L’Équipe, „wer sauber ist.“
Er setze keinen Fuß mehr in ein Stadion, schaue sich im Fernsehen keinen Wettkampf mehr an und weigere sich, Athleten zu trainieren.
Die Legende, dass geldgierige Manager die Athleten zu Doping treiben, widerlegte das deutsche Fernsehen, indem es einheimische Ärzte dabei filmte, wie sie bereitwillig Doping-Mittel applizierten.
Der Reporter von L’Équipe kaufte in einer Apotheke in Eldoret, nahe der Hochburg des kenianischen Langlaufs in Iten, ohne Schwierigkeiten rezeptpflichtiges Epo.
Michael Reinsch, Peking in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Mittwoch, dem 26. August 2015
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