Liliya Shobukhova gewann 2010 den London-Marathon - fünf Jahre später wurde sie nun endgültig disqualifiziert. ©www.photorun.net
Doping im ganz großen Stil?
Nach Berichten des deutschen Fernsehsenders ARD und der englischen Zeitung Sunday Times geht es um ein Ausmaß, das alles bisher bekannte beziehungsweise vermutete weit überschreitet.
Immer neue Details und Daten gelangten in den letzten Tagen an die Öffentlichkeit, wobei es hauptsächlich um die Ausdauerdisziplinen und besonders den Langstreckenbereich geht. Die beiden Medien unterstellen dabei dem internationalen Leichtathletik-Verband IAAF untätig gewesen zu sein. Die IAAF wehrt sich gegen diese Vorwürfe. Eine Untersuchung der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA soll Klärung bringen.
Nachfolgend die wichtigsten Fakten der letzten Tage:
Im Rahmen von Doping-Recherchen, unter anderem in Russland und Kenia, wurden der ARD Listen der IAAF mit Blutdaten von genau 12.359 Dopingtests zugespielt. Diese Tests stammen von über 5.000 Athleten und betreffen den Zeitraum ab den Weltmeisterschaften 2001 bis zu den Olympischen Spielen 2012.
ARD und Sunday Times ließen diese Daten von zwei anerkannten Anti-Doping-Experten, Robin Parisotto und Michael Ashenden, überprüfen. Diese stellten dabei eine sehr hohe Zahl von unnormalen Blutwerten fest, die sehr wahrscheinlich auf Doping schließen lassen.
Ein Beweis für Doping, darin sind sich offenbar alle Experten einig, können diese Daten alleine jedoch nicht sein. Dies erklärte auch der Generaldirektor der WADA, David Howman. Die WADA wird die Daten untersuchen und soll dabei auch klären, ob die IAAF entsprechende weitere Untersuchungen vorgenommen hat oder nicht und ob es Versäumnisse oder gar eine Verschleierung beziehungsweise Ignorierung des internationalen Leichtathletik-Verbandes gegeben hat.
Die IAAF, die eigentlich zu jenen Sportverbänden gehört, denen großes Engagement und Verdienste im Anti-Doping-Kampf zugeschrieben wurden, hat ihre volle Kooperation gegenüber der WADA zugesagt.
Interessant sind die folgenden statistischen Auswertungen bezüglich jener Athleten, die ungewöhnliche Blutwerte hatten. Demnach gewannen diese bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen im Zeitraum von 2001 bis 2012 rund ein Drittel aller Medaillen in den Ausdauer-Wettbewerben – 146 Medaillen insgesamt, darunter 55 Goldmedaillen.
Wie englische Medien berichten, gab es weder beim britischen 5.000- und 10.000-m-Olympiasieger Mo Farah noch bei Sprint-Superstar Usain Bolt (Jamaika) auffällige Werte.
Die Sunday Times hat die folgenden Statistiken veröffentlicht:
Bei den folgenden Weltmeisterschaften (WM) beziehungsweise Olympischen Spielen (OS) gab es in Ausdauerdisziplinen die jeweilige Zahl von Medaillengewinnern, die laut der nun vorliegenden Liste zumindest einmal einen auffälligen Blutwert hatten:
2001 WM 16
2003 WM 14
2004 OS 16
2005 WM 21
2007 WM 20
2008 OS 19
2009 WM 14
2011 WM 16
2012 OS 10
Diese Medaillengewinner mit zumindest einem auffälligen Blutwert verteilten sich über diesen Zeitraum bei den aufgeführten Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen auf die folgenden Disziplinen:
1.500 m 29
20 km Gehen 28
800 m 16
5.000m 15
3.000 m Hindernis 15
10.000 m 15
50 km Gehen 13
Mehrkampf 9
Marathon 6
Wird die Liste mit den Blutwerten nach Nationenzugehörigkeit der aufgeführten Athleten aufgeteilt, so ergeben sich die folgenden prozentualen Werte von auffälligen Athleten pro Nation.
Russland führt diese Liste an. 30 % der aufgeführten russischen Athleten weisen auffällige Werte auf:
1. Russland 30 %
2. Ukraine 28 %
3. Türkei 27 %
4. Griechenland 26 %
5. Marokko 24 %
6. Bulgarien 22 %
7. Bahrein 20 %
8. Weißrussland 19 %
.
13. Kenia 11 %
.
17. Jamaika 9 %
18. Äthiopien 8 %
Die folgende Liste bezieht sich auf die Top-3-Platzierungen der Männer und Frauen bei den einzelnen World Marathon Majors (WMM)-Rennen im Zeitraum von 2001 bis 2012.
Die meisten Athleten mit auffälligen Blutwerten belegten in Chicago einen Platz auf dem Podium, die wenigsten in Tokio – wobei der japanische Marathon aber auch erst seit wenigen Jahren zu den WMM gehört.
Chicago 31
London 28
New York 27
Boston 19
Berlin 18
Tokio 13
Hinzugefügt werden muss jedoch, dass die WMM sowie verschiedenen andere Marathonrennen in den letzten Jahren ihre Bemühungen im Anti-Doping-Kampf deutlich verstärkt haben.
Den Lauf-Veranstaltern kann man keinen Vorwurf machen, da die Kontrollen und die Ergebnis-Überwachung außerhalb ihres Bereiches liegen. Sie werden von den entsprechenden Verbänden abgewickelt. Den Veranstaltern werden danach nur im Falle einer positiven Probe Details mitgeteilt.
Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass der sicherlich spektakulärste Dopingfall im Marathon inzwischen auch juristisch abgeschlossen ist: Der Russin Liliya Shobukhova konnte mittels des Biologischen Athleten-Passes, der 2009 von der IAAF eingeführt wurde und in dem Blutwerte während der gesamten Karriere gespeichert werden, Doping nachgewiesen werden.
Shobukhova hatte dreimal in Folge den Chicago-Marathon (2009 bis 2011) sowie einmal den London-Marathon (2010) gewonnen. 2010 und 2011 war sie jeweils die Siegerin der World Marathon Majors und kassierte alleine dadurch insgesamt ein Preisgeld von einer Million Dollar. Die WMM haben Shobukhova jetzt aus den Siegerlisten gestrichen.
Wie die Veranstalter des London-Marathons bekannt gaben, soll gegen die Russin geklagt werden, um Preis- und Antrittsgelder zurückzufordern. Rückzahlungen würden dann jene Athletinnen erhalten, denen durch Shobukhova Prämien entgangen sind. Dazu zählt auch die deutsche Marathon-Rekordlerin Irina Mikitenko.
Sie wird nachträglich sogar zur Siegerin der WMM-Serie 2009-2010 und ist damit die bisher einzige Athletin, der drei WMM-Seriensiege in Folge gelungen sind. Siegerin der Serie 2010-2011 wird nun die Kenianerin Edna Kiplagat.
race-news-service.com
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