Schon früh klare Führung für Florian Orth vor Martin Grau (blaues Trikot) und Timo benitz (gelbes Trikot) ©wus-media -Wilfried Raatz
DM-Cross in Herten: Schlammschlacht vom Feinsten – Richard Ringer der Souverän im tiefen Morast – Überraschung durch Maya Rehberg bei den Frauen – Wilfried Raatz berichtet
Die Sportanlage "Unter den Knöchel" im westfälischen Herten hielt das, was der Namen im eigentlichen Sinne des Wortes versprach, nämlich Morast bis zum Knöchel.
Anhaltender Regen und zuletzt auch noch leichter Schneefall ließ die Crossmeisterschaften zu einer regelrechten Schlammschlacht werden. Die Topathleten ließen sich von dieser Erschwernis kaum von der Siegerstraße abbringen.
Richard Ringer und Florian Orth untermauerten mit Laufdemonstrationen erster Güte ihre Ambitionen auf die beiden Highlights der Leichtathletik-Saison 2016 mit den Europameisterschaften in Amsterdam und den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro.
Es schlug allerdings auch die Stunde für junge Läufer, die mit überzeugenden Leistungen den Aufbruch in der Laufszene signalisierten. Dies trifft in erster Linie für Maya Rehberg zu, die überraschend die Frauenstrecke gewann, aber auch für den U 23-EM-Cross-Dritten Amanal Petros oder Alina Reh und Lukas Eisele in den beiden U20-Wettbewerben.
"Vor zwei Wochen bin ich noch in Diekirch gelaufen und habe mir gesagt: Schlimmer kann es kaum kommen. Doch eine derartige Strecke habe ich in Herten nun doch nicht erwartet!" zeigte sich Richard Ringer überrascht von der Beschaffenheit des Crossparcours. "Es ist eine Strecke zum Quälen". Doch der 27jährige Friedrichshafener bestand auch diese Prüfung mit Bravour. Sein Trainer Eckhardt Sperlich hatte ihm für die 10.400 m lange Strecke ein regelrechtes Intervalltraining verordnet. "Wichtig war für mich, dass ich selbst die letzte Runde so schnell wie die erste Runde laufen konnte!"
Schon nach einer Runde war Richard Ringer alleine auf weiter Flur, denn die Konkurrenz mit Mitku Seboka, Eyob Solomon und Karsten Meier konnte diesen intervallartigen Antritten nicht lange standhalten. nach 32:30 Minuten war sein Schlammbad beendet und der dritte Crosstitel nach 2013 und 2014 unter Dach und Fach.
Stets um einen nicht zu groß werdenden Rückstand bemüht holte sich der 10.000 m-Meister Mitku Seboka mit einem Rückstand von 26 Sekunden den zweiten Rang vor dem glänzend aufgelegten Braunschweiger Karsten Meier. Der anfangs stark mithaltende Eyob Solomon rutschte bis auf Rang fünf zurück. Eine Renaissance erlebte der LAC Quelle Fürth, die mit dem Gewinn des Mannschaftstitels an die Langstrecken-Dominanz früherer Jahre erinnerten.
Zwei Titel vor Wochenfrist bei den Deutschen Hallenmeisterschaften in Leipzig über 1500 m und 3000 m und einen Titel sechs Tage später sind eine eindrucksvolle Leistungsbilanz für Florian Orth.
Auch er war mit einer speziellen Taktik in das Rennen über die 4.500 m lange Mittelstrecke gegangen. "Ich wollte bergauf Druck machen, denn bergab kann jeder!" Mit einem komfortablen Vorsprung konnte er sich immer wieder umschauen und den Abstand zu seinem vermeindlich schärfsten Konkurrenten Timo Benitz taxieren, damit dieser nicht zu seinem gefürchteten Schlussspurt ansetzen konnte. Mit 14:06 Minuten wurde der 27jährige Zahnmediziner souveräner Crossmeister, elf Sekunden dahinter holte Timo Benitz zumindest Silber gegen den am Ende etwas resignierenden 3000 m-Hindernismeister Martin Grau.
"Immerhin habe ich in den letzten sieben Tagen über 10 Wettkampfkilometer gelaufen. die nächsten Tage müssen eindeutig ruhiger werden!" Die LG Telis Finanz Regensburg holte sich in einer spannenden Auseinandersetzung den Mannschaftstitel mit drei Punkten Vorsprung vor dem LSC Höchstadt/Aisch und der mit einem Punkt dahinter rangierenden LG Region Karlsruhe.
Bei den Frauen zeichnete sich schon früh eine Überraschung ab, denn mit Maren Kock musste sich die Mitfavoritin um den Meistertitel schon frühzeitig aus einer kompakten Spitzengruppe verabschieden.
"Der Boden war Gift für mich. Letztlich habe ich eher drauf geachtet, dass ich heil das Ziel erreiche", nahm Maren Kock ihren letztlich siebten Rang gelassen. "Die Bahnsaison ist einfach zu wichtig, dass man hier eine Verletzung riskieren müsste!" Maßgeblichen Anteil am unerwarteten Rennverlauf hatte die 22jährige Hindernisspezialistin Maya Rehberg, denn die Kielerin drückte unermüdlich auf das Tempo und erarbeitete sich letztlich einen kleinen, aber sicheren Vorsprung heraus. "Ich wollte es keinesfalls auf einen Spurt ankommen lassen, da sind mir andere läuferisch klar überlegen. Diese Strecke hat Spaß gemacht!"
Wo andere über den Parcours die Nase rümpften, da freute sich eine wie Maya Rehberg, die Cross über alles liebt und in diesem Metier auf europäischem Terrain überaus erfolgreich war. Auf dieser selektiven Strecke triumphierten übrigens vorrangig junge Langstrecklerinnen. Den Spurt um Rang zwei gewann die ebenfalls 22jährige Caterina Granz vor der zeitgleichen Hindernisläuferin Jana Sussmann und der 20jährigen Franziska Reng, die damit den erneuten Sieg für die LG Telis Finanz Regensburg einleitete .
Während die weiblichen U23-Juniorinnen das Feld der Frauen wirkungsvoll beeinflussten, hatten die U23-Junioren ihr eigenes Rennen. Nach einem geruhsamen Auftakt übernahm schon in der zweiten von fünf Runden mit Amanal Petros der Cross-EM-Dritte von Toulon-Hyères das Heft des Handelns. Ohne Mühe schien er dabei auch mit Tobias Blum seinen letztlich verbliebenen Konkurrenten abzuschütteln und mit 25 Sekunden Vorsprung den dritten Crosstitel in Folge einzusammeln.
"Ich habe mit Richard Ringer in Monte Gordo Umfänge wie noch nie trainiert", gestand der 21jährige Bielefelder, "das scheint sich jetzt bereits auszuzahlen!" Rang drei holte sich der 20jährige Patrick Karl.
Auf der 4.500 m langen U20-Strecke war ursprünglich mit einem hochinteressanten Dreikampf zwischen der aktuell von Rekord zu Rekord laufenden Cross-Europameisterin Konstanze Klosterhalfen, der Doppel-Europameisterin Alina Reh und der Berglauf-Europameisterin Sarah Kistner zu rechnen. Doch Konstanze zog es nach einer intensiven Hallensaison vor, beim 10 km-Straßenlauf "Rund um das Bayerkreuz" in Leverkusen zu starten – und Alina hatte es bereits mit dem Startschuss so eilig, dass Sarah zunächst keine Anstalten machte, diesem hohen Tempo zu folgen. "Ich wollte vom Start weg Druck machen, das ist mir auch gelungen. Es lief einfach heute gut!"
Mit 16:05 Minuten lag sie im Ziel über eine halbe Minute vor Sarah Kistner und diese fünfzig Sekunden vor der drittplatzierten Miriam Dattke. Ähnlich überlegen gestaltete Lukas Eisele den lauf der männlichen U20, den er sicher gegen Jannik Seelhöfer und den beiden Berlinern Lennart Mesecke und Thilo Brill gewann.
Große Startfelder bestimmten zum Auftakt der sechsstündigen Veranstaltung die Rennen der Masters. Viele Teilnehmer klagten allerdings über die schwere Strecke, die schon nach wenigen Runden überaus tief und rutschig war. So mancher Spikeschuh blieb dabei im zähen Morast stecken.
Dennoch gab es fast durchgängig ein überzeugendes Bekenntnis: "So muss Cross sein!"
Wilfried Raatz
Cross DM: Herten – Ergebnisse –Quelle: DLV |
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Lauf 1: W50-W75/M60-M80 – Einzel Lauf 1: W50-W75/M60-M80 – Mannschaft Lauf 4: Männer Mittelstrecke – Einzel Lauf 4: Männer Mittelstrecke – Mannschaft Lauf 11: Männer Langstrecke – Einzel |