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15
03
2013

DLV zeichnet neun Best-Practice-Modelle aus ©DLV

DLV zeichnet neun Best-Practice-Modelle aus

By GRR 0

Wie werden Talente in Verein und Schule gegen Zeitgeist und Sportarten-Konkurrenz für die Leichtathletik begeistert. Wie kann man sie an die Vereine binden? Wie vermittelt man Leichtathletik alters- und kindgemäß?

Wie können Minderheiten und Schwächere integriert werden? Fragen, auf die die am vergangenen Wochenende beim DLV-Kongress in Kienbaum vorgestellten Best-Practice-Modelle Antwort geben.

„Wem es gelingt, jungen Menschen mit der Leichtathletik leuchtende Augen zu schenken, der tut Großes auf diesem Gebiet." Nach diesem leicht abgewandelten Zitat Pestalozzis hat eine achtköpfige Jury des Deutschen Leichtathletik-Verbands (DLV) herausragende Modelle aus der Leichtathletikpraxis ausgewählt und beim Kongress in Kienbaum ausgezeichnet.

„Das ist die gelebte pädagogische Offensive im DLV", sagte Dr. Wolfgang Killing, Leiter der DLV-Trainerschule, über die neun Modelle und ergänzte: „Dies sind alles nachahmenswerte Beispiele und deshalb hoffen wir, dass sie auch Nachahmer finden."

Laut Kongress-Mitorganisator Fred Eberle (Gmünd) zeigen die Projekte, dass es in der Leichtathletik nicht bloß um Disziplinen geht. „Diese Modelle sind Beispiele für Begegnungsfelder mit der Leichtathletik, die alle Teamorientierung aufweisen."

Spannungsfeld neu-alt

Bei den insgesamt neun vom DLV ausgezeichneten Best-Practice-Modellen ist eine große Vielfalt an Aktivitäten im Bereich der Kooperation Schule-Verein und der vielseitigen Gestaltung von Bewegungsangeboten durch personelle und Infrastrukturmaßnahmen vorhanden. Dabei werden Elemente aus den bekannten Bereichen wie Kinderleichtathletik und „Kinder stark machen" aufgegriffen.

„Bemerkenswert ist die Tatsache, dass wir viele neue, innovativen Ideen erhalten haben, die mit Bewährtem im Zusammenhang gebracht wurden", sagte Dr. Wolfgang Killing und zeigte sich vom Spannungsfeld alt-neu sehr angetan. Auch DLV-Präsident Dr. Clemens Prokop konnte sich beim Besuch der Ausstellung der einzelnen Projekte davon überzeugen.

„Der gesellschaftliche Wandel ist Aufgabe und Chance zugleich, über den pädagogischen Spielraum der Leichtathletik nachzudenken", forderte Fred Eberle, Mitorganisator des Kienbaumer Kongresses, die über 200 Teilnehmer aus Vereinen, Verbänden und Schulen auf.

Kontinuierliche Projekte

Fast alle Projekte zeichnen sich durch eine hohe Kontinuität der beteiligten Personen und der durchgeführten Veranstaltungen aus. „Dies liegt wohl daran, dass die verantwortlichen Projektleiter starke Persönlichkeiten sind", stellte Dr. Wolfgang Killing fest.

Die Auszeichnungen für die neun Best Practice-Modelle nahmen Wilhelm Brand (Bremen), Guido Kluth (Neuss), Ewald Walker (Reutlingen), Thomas Eickmann (Rhein-Sieg), Silvia Hackenberg (Darmstadt), Anton Siemer (Osnabrück), Matthias Ströher (Mainz), Jan Dreier (Weiche) und Kirsten Gaiser-Dölker (Gomaringen) entgegen.

DLV-   Ewald Walker

DIE AUSGEZEICHNETEN MODELLE IM ÜBERBLICK

LG Bremen-Nord

In Bremen wurde mit dem Bewegungsgarten im Löh eine ganze Leichtathletik-Landschaft geschaffen. Eine Abenteuerbahn mit Steilkurven, Slalom-, Bergauf- und Bergab-Strecken regt zum vielfältigen Laufen und Sprinten an. Am Schnittpunkt von Leichtathletikbegeisterung, Bauleidenschaft und Organisationstalent entstand diese einzigartige Trainingslandschaft, die mittlerweile Tausende Schüler erkundet und dabei Freude an der Leichtathletik erlebt haben. Für Anfänger taugliche Geräte wie die „Fittiehürden" und Maßnahmen wie der Bewegungszehnkampf „Bremenfittie" setzen diese Begeisterung in Schritte zu einem dauerhaften Leichtathletik-Interesse um.  Solche Anlagen und Geräte herzustellen, braucht einen langen Atem.
Verantwortlich: Wilhelm Brand

DJK Rheinkraft Neuss

In Neuss ist durch die einzigartige Bündelung der Kräfte aus Verein, Stadtsportbund, Kindergärten, Schulen und Behindertensportverband eine Symbiose entstanden. Das gemeinsame Motiv, die Leichtathletik neu zu beleben, Kinder zu begeistern und Jugendliche zu fördern, hat eine Reihe altersgerechter Angebote hervorgebracht, LA-Bambini in den Kindergärten, Schnupper-LA und Kids-Camps für die Schüler bis zu Kinderspaß-Wett- und -Zehnkämpfen. Dies hat der Leichtathletik in Neuss enormen Auftrieb gegeben, die Leichtathletik-Abteilung wurde neu gegründet und mit einer hauptamtlichen, professionell agierenden Kraft belebt, eine Übungsleiteroffensive gestartet, die Trainingsbedingungen verbessert und sowohl quantitativ wie qualitativ die Leichtathletik am Standort gefördert.
Verantwortlich: Dr. Guido Kluth

BZN Reutlingen

Bei dem einzigen Schulprojekt des Best-Practice-Wettbewerbs handelt es sich um eine Schul-Arbeitsgemeinschaft, die seit 26 Jahren erfolgreich als Bindeglied zwischen Schule und Verein arbeitet. Die Vorbereitung der Schüler auf außerschulischen Sport ist ein wesentliches Ziel. Immer wieder gelingt es, nationale und internationale Spitzenathleten für Demonstrationstrainings zu gewinnen. Zusätzliche Motivationsmomente sind außerordentliche Maßnahmen wie Trainingsaufenthalte in Landessportbundschulen und natürlich Wettkämpfe, aber auch deren Präsentation bei eigenen Veranstaltungen und in den Medien. So genannte Schülermentoren werden von den Sportlehrern als Multiplikatoren angelernt, sie sind potenzielle Übungsleiter. Auf diesem Wege sind schon viele talentierte und leichtathletikbegeisterte Kinder in die umliegenden Vereine gelangt.
Verantwortlich: Ewald Walker

LAZ Puma Rhein-Sieg

Mannschaften, Trainingsgruppen und LA-Abteilungen mehrerer Vereine haben sich am Standort Rhein-Sieg zusammengetan, um bei Sportstättennutzung, gemeinsamer Infrastruktur, Trainingslager und Wettkampfteilnahme Synergien zu erzeugen. Wenn die Kinder nicht mehr (von alleine) in den Verein kommen, muss der Sport eben zu den Kindern, sprich in die Schulen kommen. So wurde das Projekt LAZ-Leichtathletik-Tour ins Leben gerufen, bei dem ein kompetentes Trainerteam systematisch alle Schulen der Region besucht. Mit einem altersgemäßen Leichtathletik-Programm wurde große Resonanz, ja LA-Begeisterung bei den Schülern hervorgerufen, die zu einem sprunghaften Mitgliederzuwachs in den beteiligten Vereinen, sportlichen Erfolgen der LAZ und einer öffentlichen Wahrnehmung, Ehrungen der Verantwortlichen geführt hat, durch die die positiven Effekte noch einmal verstärkt werden.
Verantwortlich: Thomas Eickmann

LG Osnabrück

Ziel dieses Modells ist ein erhöhtes bürgerschaftliches Engagement für die gemeinsame gute Sache, Kinder und Jugendliche werden mit geeigneten Maßnahmen an die Leichtathletik herangeführt. Ein Projekt, das im engeren Sinne des Wortes viele Menschen in Bewegung bringt, ist die jährlich durchgeführte 100×100-, in Worten Hundert mal Hundert-Meter-Staffel, an der sich verschiedene Gruppen, insbesondere Schulen, beteiligen. Die jungen Teilnehmer werden nicht nur zum Sporttreiben angeregt, sondern durch frühzeitige Übernahmen von Verantwortung, z. B. bei der Mitgestaltung von Veranstaltungen wie dem nationalen Qualifikationssportfest in Burg Gretesch, in ihrer Persönlichkeitsentwicklung gefördert.
Verantwortlich: Anton Siemer

ASC Darmstadt

Die Darmstädter legen einen besonderen Wert auf die Kooperation zwischen Schule und Verein, da noch einmal auf die Integration von Migrationskindern. Der Verein hat dazu Talentgruppen in den örtlichen Schulen initiiert, mit denen u. a. die Teilnahme an „Jugend trainiert" vorbereitet wird. Der Verein unterstützt Kinder aus sozial schwachen Familien, nimmt am Europaprojekt „gesunde Kinder …" teil, betreibt Integrationsprojekte, fördert gemeinsame Trainingslager und reist mit Jugendgruppen zu internationalen Schülerspielen. Eine Reihe von Veranstaltungen in Darmstadt wie Stadtlauf und Cross, Spielfeste und Demonstrationswettbewerbe zur Kinderleichtathletik schaffen am Ort eine hohe Akzeptanz für die Leichtathletik.
Verantwortlich: Silvia Hackenberg

TSV Schott Mainz

In Mainz hat man die Talentsichtung und -förderung schon in jungen Jahren in den Mittelpunkt gestellt und dazu die Mainzer Kinder-Sport-Akademie gegründet, die für 3- bis 4-Jährige beginnt und dann in insgesamt drei Alters-Stufen eine breite sportliche Basis legt. Mit Elternabenden werden die Familien in den Ausbildungsprozess integriert. Den einzelnen Stufen werden altersgemäße Sportinhalte und -umfänge zugeordnet. Gemeinsame Erlebnisse wie Sommercamps und spielerische Wettkämpfe flankieren diese Phase. Anschließend können die Kinder in die normalen Leichtathletikgruppen wechseln, langfristige Zielstellung ist das dauerhafte Leben mit Sport. Damit die Sportausbildung auf hohem Niveau verläuft, werden Trainertalente gesucht, ausgebildet, in den wachsenden Trainerstamm mit konkreten Aufgaben integriert. Stabilisierend wirkt hier die Verzahnung mit Trainern aus anderen Sportarten. Aufgrund dieses Maßnahmenbündels hat der Verein eine enorme Entwicklung durchlaufen.
Verantwortlich: Matthias Ströher 

LK Weiche

Das Motto „Kein Kind ohne Sport" ist schon an sich modellgebend. Durch niedrige Mitgliedsbeiträge, geringe Kosten für Ausrüstung, Trainingslager und Wettkämpfe wird die Eintrittsschwelle für Kinder und Jugendliche unabhängig vom Einkommen der Eltern deutlich erniedrigt. Großen Wert legen die Verantwortlichen auf Erlebnisse jenseits des normalen Trainings, natürlich Wettkämpfe, aber auch traditionelle Trainingslager und viele Events wie den Spargelmehrkampf, das Neujahrssportabzeichen, Tempovolleyball, Spaßschießen oder Spätradfahren. Bewährte Förderkonzepte werden in die Vereinsarbeit übernommen, so das Projekt „Kinder stark machen" oder die Beteiligung am Forschungsprojekt Regenerationsmanagement. Ziel ist es, Kinder in die Vereinsarbeit einzubeziehen und so deren Fortbestand zu sichern.
Verantwortlich: Jan Dreier
 
 

Förderverein Leichtathletik Gomaringen

Eine schwierige Ausgangslage ohne LA-Angebot im Verein haben die Verantwortlichen als Startmotivation genutzt. Sie haben das Trainerpotential vor Ort (re-)aktiviert und die gute Infrastruktur für eine Aufbruchstimmung in Gomaringen genutzt. Sportbegeisterte werden in Kindergärten und Schulen angeworben und mit einem zeit- und altersgemäßen, in spielerische Bewegung verpackten Angebot für die Leichtathletik gewonnen. Nicht nebenbei, sondern ganz gezielt werden Integration, Inklusion und Miteinander praktiziert. Die Folge ist ein immens gewachsenes Interesse an der Leichtathletik, seitens der kleinen Sportler und ihrer Familien, aber auch der Öffentlichkeit.
Verantwortlich: Kirsten Gaiser-Dölker

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author: GRR

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