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23
02
2013

Große Ehre für Gustav Schwenk: Deutschlands dienstältester Leichtathletik-Journalist erhielt am Freitag einen Tag vor den 60. Deutschen Hallen-Meisterschaften im Rahmen eines Empfangs der Stadt Dortmund aus den Händen von DLV-Präsident Dr. Clemens Prokop den Medienpreis des Deutschen Leichtathletik-Verbands (DLV). ©Sportmuseum Berlin – AIMS Marathon-Museum of Running

DLV-Medienpreis für Gustav Schwenk

By GRR 0

Große Ehre für Gustav Schwenk: Deutschlands dienstältester Leichtathletik-Journalist erhielt am Freitag einen Tag vor den 60. Deutschen Hallen-Meisterschaften im Rahmen eines Empfangs der Stadt Dortmund aus den Händen von DLV-Präsident Dr. Clemens Prokop den Medienpreis des Deutschen Leichtathletik-Verbands (DLV).

„Gustav Schwenk ist das wandelnde Lexikon der Leichtathletik, nicht nur im Sinne einer statistischen Erhebung. Er bringt auch viel Herzblut für unsere Sportart mit, und Wissen und Herzblut in dieser Kombination ist er einzigartig“, würdigte Dr. Clemens Prokop die zahlreichen Verdienste des Leichtathletik- Journalisten.

Als Gustav Schwenk den Medienpreis in der Hand hielt, bekam er lang anhaltenden Beifall. Der Grandseigneur der Leichtathletik, der seine fünfminütige Dankesrede frei  hielt, zeigte sich gerührt. „Das ist  ungewohnt für mich, denn normalerweise erhalten Journalisten  höchstens Schelte, aber keinen Applaus. Die Hälfte dieses Preises gehört meiner Frau, die mir früher immer geholfen hat, wenn ich  telefonieren oder etwas per Fernschreiber durchgeben musste.“

66 Berufsjahre als Journalist

Der begeisterte Sportreporter erinnerte bei seinen Ausführungen unter anderem  an die Universiade 1953 in Dortmund, bei der er Pressechef war: „Dortmund war damals  eine Leichtathletik- und keine Fußballstadt. Seit den Olympischen Spielen 1912 hat es in der Westfalen-Metrople immer gute Leichtathleten geben. Daher freue ich mich ganz besonders, dass ich in dieser Stadt den Medienpreis erhalten habe.“     

Die  Gehirnleistung lässt im Alter erfahrungsgemäß nach.  Bei Gustav Schwenk, der in diesem Jahr am 17. Dezember seinen 90. Geburtstag feiert, scheint die Gedächtnisleistung jedoch keinem Verfallsdatum zu unterliegen, denn er kann  fast noch alle Daten, die er im Laufe seiner 66 Berufsjahre  gespeichert hat, abrufen.

So konnte das wandelnde Leichtathletik-Lexikon im Vorfeld der Deutschen Hallen-Meisterschaften in Dortmund alle Jahre nennen, in denen DLV-Hallen-Titelkämpfe in der Westfalenmetropole durchgeführt wurden. Auch welche Leistungen wann in Dortmund erzielt wurden, konnte er problemlos abrufen.

Karrierestart beim sid

Gustav Schwenks lange journalistische Laufbahn begann 1947 beim Sport-Informations-Dienst (sid) in Neuss. Bei der Einstellungsprüfung brach der damalige sid-Sportchef das Gespräch bereits nach der zweiten von  zehn Fragen ab, weil Gustav Schwenk nicht nur den Torwart, sondern auch die gesamte damalige Handball- Nationalmannschaft namentlich nennen konnte.

Beim sid  betreute der junge Sportjournalist  Leichtathletik, Handball, Ringen und Gewichtheben. Von diesen Sportarten faszinierte ihn die Leichtathletik am meisten. Seit 1952 war er bei allen Deutschen Leichtathletik-Meisterschaften, ebenso bei fast allen Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften dabei. Lediglich bei den Spielen 2008 in Peking (China) fehlte er, weil ihm sein Sohn Wolfgang, der ein bekannter Medizin- Professor ist, aus gesundheitlichen Gründen „Schreibverbot“ erteilte.

Gustav Schwenk kannte alle Athletinnen und Athleten und alle kannten ihn. Daher freute er sich besonders, dass Ex-Zehnkampf-Olympiasieger Willi Holdorf und die ehemalige Doppel-Olympiasiegerin Annegret Richter bei der Verleihung des Medienpreises zugegen waren.

Einspruch für Armin Hary

Unvergessen ist eine Geschichte, die bereits über 52 Jahre alt ist. Als Armin Hary am 21. Juni 1960 beim internationalen Leichtathletik-Meeting in Zürich die 100 Meter in der neuen Weltrekordzeit von 10,0 Sekunden herunterfegte, wurde der Lauf anschließend annulliert, weil dem Frankfurter ein Fehlstart unterlief und der Starter nicht zurückschoss.

Gustav Schwenk konnte  beim  Kampfgericht durchsetzen, dass Armin Harry eine zweite Chance erhielt. Armin Harry nutzte diese, lief wiederum 10,0 Sekunden und erzielte damit einen regulären Weltrekord.

Nahe an den Athleten

Gustav Schwenk   ging während seiner langen Berufslaufbahn meist  eigene Wege. So bildeten die Deutschen Jugend- und Junioren-Meisterschaften für ihn alljährlich Pflichttermine. Bei vielen Welt- und Junioren-Europameisterschaften war er der einzige deutsche Journalist vor Ort.

Falls die Nachwuchsathleten, von denen er bereits alle Daten kannte, dann in die Erwachsenenklasse aufstiegen, hatte er einen großen Wissensvorsprung gegenüber anderen Journalisten.  Zudem  hielt er sich bei Deutschen Meisterschaften oder Olympischen Spielen oft mehr auf dem Einlaufplatz als auf der Pressetribüne auf, um so Informationen aus erster Hand zu beziehen.

International engagiert

Gustav Schwenk war auch als Berufsvertreter aktiv. So war er Mitbegründer und langjähriger Sekretär der Leichtathletik-Kommission des Sportpresse-Weltverbandes und  Mitglied der Pressekommission des Weltverbands IAAF.

Zahlreiche Ehrungen hat er in der Vergangenheit erhalten. So zeichnete ihn der DLV unter anderem mit dem Carl-Diem-Schild (1984) und dem Heinz-Cavalier-Preis (1987) aus. Die IAAF überreichte ihm 2007 den „Plaque de Merite“ und ernannte ihn anlässlich der Leichtathletik-Weltgala 2009 in Monte Carlo zum ersten „World Athletics Journalist.“

Gustav Schwenk hat wie kein anderer deutscher Sport-Publizist mit seinen profunden Sach- und Fachkenntnissen sowie seinen spannenden und interessanten Hintergrundgeschichten die nationale und internationale Leichtathletik journalistisch begleitet, und sein Gedächtnis hat sicherlich noch genügend Platz für weitere Daten.

„Schreiben ist Gehirn-Jogging“

Für Jüngere hat er einen wichtigen Tipp, wie man auch im hohen Alter noch geistig fit bleiben kann, parat. „Ganz einfach“, lacht  Gustav Schwenk, „man darf nicht sagen, dass man mit 65 Jahren zu alt zum Arbeiten ist. Das Schreiben ist für mich Gehirn-Jogging. Das hält mich jung. So habe ich gestern und heute noch drei Seiten für die Fachzeitschrift Leichtathletik gefüllt. Zudem habe ich einer Athletin geschrieben, die für die Elfenbeinküste starten will, aber noch  nie  in diesem Land  gewesen ist.“

Gustav Schwenk nahm die Verleihung des Medienpreises zum Anlass, um ein Missverständnis auszuräumen: „Viele Leute meinen, ich wüsste nur etwas über die Leichtathletik. In der Schule war Geschichte mein Lieblingsfach, und ich interessiere mich  heute immer noch dafür. Sehr viel lese ich auch über Länder, in denen ich schon einmal gewesen bin. Inzwischen sind es bei mir über 100. Das kann kein Fußball-Journalist von sich behaupten.“

 

DLV – Peter Middel

author: GRR

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