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DISZIPLINARTRIBUNAL: EIN MUSTER VON ‚KRIMINELLEM VERHALTEN‘ UND ‚MEDIZINISCHEM WISSEN‘ IN KENIANISCHEN MANIPULATIONSFÄLLEN – AIU
4. APRIL 2023, MONACO: Auffällige Ähnlichkeiten in mindestens zwei aktuellen Manipulationsfällen, in die kenianische Athleten verwickelt waren, haben ein Disziplinartribunal zu der Schlussfolgerung veranlasst, dass es eine medizinisch versierte Vorgehensweise gibt, die Athleten dabei hilft, Dopingvergehen zu vertuschen – ein Verhalten, das „kriminelles Verhalten mit Betrug an der (Athletics Integrity Unit) AIU“ darstellt.
Diese Behauptung folgt auf die jüngste Sanktion gegen den kenianischen Athleten Eglay Nafuna Nalyanya, der von der AIU wegen dreier Verstöße gegen die Anti-Doping-Bestimmungen der World Athletics (ADR) für acht Jahre gesperrt wurde: Anwesenheit einer verbotenen Substanz (ADR 2. 1; 19-Norandrosteron), Verwendung einer verbotenen Substanz (ADR 2.2; Nandrolon und/oder Nandrolon-Vorläufer) und Manipulation oder Versuch der Manipulation eines Teils der Dopingkontrolle (ADR 2.5).
Ihre Sperre begann am 18. März 2022, dem Tag, an dem sie vorläufig suspendiert wurde, und ihre Ergebnisse am und seit dem 1. Februar 2022 (dem Tag, an dem sie zum ersten Mal positiv getestet wurde) wurden disqualifiziert. Die Verstöße gegen das Vorhandensein und den Gebrauch wurden gemeinsam als ein Verstoß behandelt, für den Nalyanya mit einer vierjährigen Sperre belegt wurde, wobei eine weitere vierjährige Sperre für Manipulationen nacheinander zu verbüßen ist.
Bei der Beurteilung des Sachverhalts in Nalyanyas Fall stellte das dreiköpfige Gremium ein ähnliches Erklärungs- und Beweismuster der Athletin in Zusammenhang mit ihren beiden von der Norm abweichenden Analyseergebnissen (die aus Urinproben von Wettkämpfen in Deutschland am 1. Februar und 12. Februar 2022 stammten) fest wie bei ihrer Landsfrau Betty Lempus, die im Januar wegen zweier Verstöße gegen Anti-Doping-Bestimmungen für fünf Jahre gesperrt wurde. Nalyanya und Lempus erklärten gegenüber der AIU, sie hätten intramuskuläre Injektionen erhalten, während sie in demselben kenianischen Krankenhaus behandelt wurden, und legten gefälschte medizinische Unterlagen vor, um ihre jeweiligen Behauptungen zu untermauern. In beiden Fällen ergaben die Untersuchungen der AIU in Zusammenarbeit mit der kenianischen Anti-Doping-Agentur (ADAK), dass die Dokumente gefälscht waren, dass die angegebenen Ärzte frei erfunden waren und dass keine der Athletinnen die jeweilige Injektion erhalten hatte, obwohl beide Frauen an den fraglichen Tagen im Krankenhaus waren. Im Fall von Nalyanya sagte ein Krankenhausbeamter aus, dass das Krankenhaus das Medikament (Sustanon), das Nalyanya nach eigenen Angaben erhalten hatte, nie vorrätig gehabt habe.
Das Disziplinargericht wies darauf hin, dass Vergleiche der gefälschten Dokumente in den beiden Fällen unverkennbare Ähnlichkeiten aufwiesen.
„Aus dem fast identischen Wortlaut von Teilen des Schreibens des angeblichen Arztes (Dr. Philip Murey) im Fall Lempus ist ersichtlich, dass es von derselben Person verfasst wurde wie das entsprechende Schreiben im vorliegenden Fall. Das Schreiben von Lempus wurde einen Monat vor dem Schreiben von Dr. Davis Lukorito Wanambisi im vorliegenden Fall verfasst“, erklärte das Gremium.
„Das Verhaltensmuster ist in beiden Fällen bemerkenswert ähnlich. Unserer Ansicht nach besteht keine Möglichkeit, dass der Athlet im vorliegenden Fall über die nötige Erfahrung oder das medizinische Wissen verfügte, um das Schreiben von Dr. Davis Lukorito Wanambisi oder die E-Mail vom 24. März 2022 zu verfassen oder gar das im vorliegenden Fall angewandte Schema zu entwickeln.“
Letztendlich kam das Gremium zu folgendem vernichtenden Urteil.
„Es hat den Anschein, dass kenianische Spitzensportler von einer oder mehreren Personen, darunter jemandem mit beträchtlichen medizinischen Kenntnissen, dabei unterstützt werden, ein kriminelles Verhalten zu begehen, das Betrug an der AIU beinhaltet, und dass dies nicht auf einen Einzelfall beschränkt ist, sondern ein Verhaltensmuster erkennen lässt. Wir betrachten dieses Verhalten als äußerst besorgniserregend und fordern die AIU dringend auf, alle möglichen Schritte zu unternehmen, um aufzuklären, wie es dazu kommen konnte.“
Als Reaktion auf diese Nachricht bekräftigte der AIU-Vorsitzende David Howman das Engagement der AIU, mit den kenianischen Behörden zusammenzuarbeiten, um die Dopingplage, die die kenianische Leichtathletik in den letzten Jahren heimgesucht hat, zu bekämpfen. Er verwies auf die Zusage der kenianischen Regierung, in den nächsten fünf Jahren jährlich 5 Millionen US-Dollar für den Kampf gegen Doping in der Leichtathletik bereitzustellen, und stellte fest, dass bereits eine Strategie zur Bekämpfung des Problems umgesetzt wird.
„Es ist klar, dass das Doping in Kenia immer besser organisiert ist, und diese Fälle unterstreichen die Tatsache, dass medizinisch erfahrenes Personal beteiligt ist. Dies ist eine ernste Bedrohung für unseren Sport. Die AIU wurde gebeten, mit der kenianischen Behörde, Athletics Kenya und der kenianischen Anti-Doping-Agentur zusammenzuarbeiten, um diese Krise zu bekämpfen. Wir haben einen Lenkungsausschuss eingerichtet, der dieses Sonderprojekt leiten und entscheiden soll, wie die Mittel am besten eingesetzt werden können. Der fachliche Rat der AIU wird in verschiedenen strategischen Bereichen zum Einsatz kommen, unter anderem bei Tests, Ermittlungen und Aufklärung“, erklärte Howman.
„Wir sind uns alle des Ausmaßes dieser Herausforderung bewusst und wir werden alles tun, um die Quellen dieser Dopingoperationen in Kenia zu finden, die entsprechenden Strafen zu verhängen und die Integrität der internationalen Leichtathletik zu schützen.“
DETAILS hier: https://bit.ly/Nalyanya-decision
Horst Milde nach Informationen der Athletics Integrity Unit