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Lebensschule Laufen ©tredition Verlag

Die wichtigsten Bücher des Jahres 2017 … laufliterarische Neuerscheinungen – Von Prof. Dr. Detlef Kuhlmann in Laufzeit/Condition (Heft 12/2017)

By GRR 0

Wer läuft, der schreibt! Jahr für Jahr erreichen uns neue Laufbücher. Die meisten davon sind geschrieben worden von Autorinnen und Autoren, die selbst den Laufsport aktiv ausüben. Ist das in anderen Sportarten auch so?

Wohl kaum! Deswegen interessieren sich auch so viele Leserinnen und Leser für das, was andere über ihren Lieblingssport schreiben. Alle können sich meist darin mit ihrer eigenen „Laufkarriere" irgendwie selbst wieder finden.

Schon traditionsgemäß stellen wir im Dezember-Heft (der „Weihnachtsausgabe) von LAUFZEIT & Condition eines jeden Jahres Neuerscheinungen auf dem Laufbuchmarkt vor, wobei der Schwerpunkt mehr auf laufliterarischen Werken im weitesten Sinne liegt als bei reinen Trainings- und sog. Anleitungsbüchern.

Im letzten Jahr haben wir ausschließlich Bücher präsentiert, die von Frauen publiziert worden sind. In der diesjährigen Aufstellung finden sich (leider!) nur Autoren: Es ist eine Auswahl mit den wichtigsten Neuerscheinungen des Jahres 2017, und weil die Männer im letzten Jahr pausieren mussten, sind darunter auch einige Bücher, die schon seit 2016 auf dem Markt sind. Aber jetzt erstmal der alphabetischen Reihenfolge nach:  

Achim Achilles: Sehnen lügen nicht. Neues vom Läufer der Herzen. München 2017: Wilhelm Heyne Verlag. 230 S.; 9,99 €; ISBN 9783453604230

Dieses Buch setzt die Reihe der Bücher fort, die Deutschlands bekanntester Freizeitläufer in den letzten Jahren bereits auf den Markt gebracht hat – schließlich läuft der Berliner Autor und Journalist Dr. Hajo Schumacher (so sein Klarname) inzwischen seit fast 20 Jahren. Das merkt man den gleichsam ernsten wie heiteren Texten im Band an: Achim Achilles reflektiert seine eigene Laufkarriere und deren mögliche Fortsetzung im zunehmenden Alter.

Warum macht Laufen Sinn? Warum tue ich mir das an? Dazu bietet er sehr persönliche, aber nachvollziehbare Antworten an – am besten man beginnt die Suche im Nachwort auf Seite 239: „Laufen entfaltet seine wahre Macht erst dann, wenn wir's laufen lassen, ohne Druck, dafür mit Freude und Gelassenheit". Wer wollte dieser Erkenntnis nicht (laufend) folgen … und Achim Achilles vorlaufen lassen!

Waldemar Cierpinski (mit Beiträgen von Klaus Weidt): 42,195. Auf den Spuren zweier Marathon-Olympiasiege. Böttingen 2017: acasa Werbung & Verlag. 116 S.; 12,90 €; ohne ISBN

Dieses Buch nimmt uns noch einmal mit nach Mexiko in das Jahr 1976 und Moskau in das Jahr 1980, wo einst Waldemar Cierpinski die Goldmedaille im Marathonlauf gewann. Damit ist er der erfolgreichste deutsche Langstreckenläufer bei Olympischen Spielen. Genau 40 Jahre nach seinem ersten Olympiasieg bewegt er sich mit uns (gemäß Untertitel) noch einmal auf den Spuren, erläutert uns aber auch den schweren, weil in mehrfacher Hinsicht anstrengenden (Trainings-) Weg dorthin.

Irgendwo in der Mitte des Buches kommt dann noch Sportreporter Heinz Florian Oertel zu Wort, der sich mit seinem Ausspruch, den mittlerweile wohl jeder kennt, nicht nur in Läuferkreisen unsterblich gemacht hat. Im hinteren Teil gibt Waldemar Cierpinski Trainingstipps und Trainingspläne vor, die das Buch zum Begleiter durch das Laufjahr machen.

Rafael Fuchsberger & Ralf Kerkeling: Passion Laufen von Marathon bis Ultra. Bielefeld 2017: Delius Klasing Verlag. 176 S.; 29,90 €; ISBN 9783667110503

Dieses Buch besticht durch seine eindrucksvollen Bilder …von Laufstrecken im knöchelhohen Wasser, von Bergaufläufen mit Stöcken in luftigen Höhen auf Trialabschnitten, im Wüstensand, erschöpft, aber glücklich im Ziel etc. etc. Nach dem Prolog besteht es textlich aus insgesamt 14 Kapiteln. Sie handeln u.a. von der „Faszination Langstrecke", von der „Traumwelt Ultra", aber auch über „Die Krise als Baustein des Erfolges" und „Von der Freiheit zu laufen" – kurzum: Das Buch ist eine Liebeserklärung für alle und an alle, die "Von Marathon bis Ultra" (Untertitel des Buches) unterwegs waren und immer noch unterwegs sind oder sich demnächst dorthin aufmachen wollen.

Damian Hall & Daniel Soex: Ein Jahr in Laufschuhen. 365 Geschichten aus der Welt des Laufens. Stuttgart 2016: Verlag Freies Geistesleben. 320 S.;  25,- €; ISBN 9783772528224

Dieses Buch ist eigentlich ein Laufkalender, dazu ein historischer. Das soll heißen: Zu jedem Tag des Jahres vom 1.1. bis 31.12. gibt es einen etwa halbseitigen Eintrag über ein Ereignis oder über eine Person. Das alles hat immer mit dem Laufen zu tun, ruft uns laufhistorische Daten und Läuferinnen und Läufer in Erinnerung, die wir längst vergessen haben oder von denen wir bisher nicht ahnen konnten, dass es sie gibt.

Beispiel gefällig? Am 14. Juni 2015 gewann der 44-jährge Finne Ashprihanal Aalto das längste offiziell registrierte Rennen der Welt in der kürzesten Zeit, die jemals dabei gelaufen wurde: das „Self-Transcendence"-Rennen über 4.989 Km in 40 Tagen 9:6:21 Std. in New York … der indische Guru Sri Chinmoy lässt grüßen! Für den Monat September gibt es übrigens im Buch einige Eintragungen vom Berlin-Marathon. Da wurden schließlich die meisten Weltrekorde über 42,195 km erzielt.

Hubert Karl: lebens prinzip laufen. Wege und Umwege eines Läufers. Zeil 2016: Verlag Hubert Karl. 352 S.; 29,95 €; ISBN 9783000544514

Dieses Buch zeichnet die Laufwege des Herbert Karl nach – jenem Ultraläufer, der vereinsmäßig für den TV 1884 Zeil am Main im Landkreis Hassberge (Bayern) in aller Welt unterwegs ist und dabei von 1983 bis 2016 über 160.000 Laufkilometer zurückgelegt hat (u.a. 20-mal den Spartathlon über 245 km von Athen nach Sparta gefinisht). Das Buch ist chronologisch nach Jahren mit den wichtigsten Wettkampfereignissen aufgebaut.

Hubert Karl nimmt uns beispielsweise mit zum Swiss-Jura-Marathon über 323 km, aber auch zur deutschen Meisterschaft über 100 km in Hanau-Rodenbach. Im hinteren Teil des Buches, für das der „Laufpapst" Werner Sonntag (91) das Vorwort geschrieben hat, verrät uns Hubert Karl u.a. etwas über seine spezielle Ernährungsweise, die ihn nach eigenem Bekunden nun schon seit mehreren Jahrzehenten zusammen mit dem regelmäßigen ausdauernden Laufen gesund hält. So funktioniert das „Lebensprinzip Laufen"!

Peter Keglevic: Ich war Hitlers Trauzeuge. Roman. München 2017: Verlag Knaus. 576 S.; 26,- €; ISBN 9783813507270

Dieses Buch wird im hinteren Einband als ein grandioser, tragikomischer Roman angekündigt. Ist es deswegen schon ein Laufbuch? Nein – aber: Wir schreiben den Ostersonntag 1945. Der untergetauchte Berliner Jude Harry Freudenthal wird völlig überraschend nominiert als Läufer für den Deutschland-Wettkampf mit dem (damals durchaus zeitgemäßen) Slogan:

„Wir laufen für den Führer", der bereits zum 13. in Berchtesgaden gestartet wird und den Führerbunker von Adolf Hitler in Berlin als Ziel hat … klingt alles wirklich ziemlich grandios und tragikomisch. Ober das Buch tatsächlich alles hält, was es verspricht? Das können nur diejenigen entscheiden, die im Roman mitrennen auf den über 500 Seiten – bis zum Finish am Montag, dem 30. April 1945!

Mike Kleiß: Laufwunder. Wie sie dein Leben verändern. Gütersloh 2016: Gütersloher Verlagshaus. 224 S.; 17,99 €; ISBN 9783579086507

Dieses Buch besteht aus 30 Geschichten, die das Laufen schreibt: „Laufen ist ein Energiefeld, eine konstante Säule, die fest im Alltag verankert ist, die Halt gibt und sogar Leben retten kann". Das ist zumindest die Philosophie des Autors (Jahrgang 1970), der früher Programmchef beim ARD Hörfunk war, heute eine Kommunikationsagentur in Köln betreibt und seit einiger Zeit für die Zeitung „Der Tagesspiegel" Berlin wöchentlich eine Kolumne über das (sein) Laufen schreibt. Mike Kleiß war übrigens in diesem Jahr zu Gast beim 29. Literatur-Marathon in Berlin.

Sven Lorig: Lässig laufen. Warum Fitness keine Folter braucht. Köln 2016: Bastei Lübbe. 318 S.; 10,- €; ISBN 9783404608713

Dieses Buch zeichnet einerseits den Weg nach, den der Autor als 100kg-Mann beim Laufen eingeschlagen hat und es will damit andererseits gleichsam viele Menschen einladen, es dem Autor nachzumachen. Dazu gibt es im Buch zahlreiche erfahrungsgesättigte Anleitungen. Das alles soll gemäß Titel nicht verbissen, sondern eben „lässig" daherkommen, wie uns der lebensfrohe Rheinländer es nahe legt, der hauptberuflich u.a. das ARD-Morgenmagazin moderiert, in Düsseldorf Geschichts- und Politikwissenschaft studiert hat und danach u.a. auch als Sportreporter gearbeitet hat.

Georg Neumann & Kuno Hottenrott: Das große Buch vom Laufen. Aachen 2016: Meyer & Meyer Verlag. 682 S.; 30,80 €; ISBN 9783898999243

Dieses Buch ist nicht nur ein großes vom Laufen, sondern gleichzeitig mit seinen knapp 700 Seiten auch eines der dicksten und schwersten, das jemals in deutscher Sprache zum Laufen verfasst wurde. Beide Autoren sind durch ebenso große wissenschaftliche Exzellenz ausgewiesen: Der eine (Georg Neumann) war sportmedizinischer Leiter des Instituts für Angewandte Trainingswissenschaft (IAT) in Leipzig und langjähriger Verbandsarzt der Deutschen Triathlonunion (DTU).

Der andere ist Professor für Sportwissenschaft mit dem Schwerpunkt Trainingswissenschaft an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und war selbst Marathonläufer mit einer passablen Bestzeit von 2:36 Std. und ist gegenwärtig Präsident der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs). Inhaltlich deckt das Buch so ziemlich alles ab, was man über das ausdauernde Laufen wissen muss oder wissen sollte. Die 23 Kapitel handeln von Lauftechnik und Trainingsbereichen im Lauf, von Trainingsmethoden und Ernährung im Laufsport etc.: ein Buch, das geradezu durch seinen enzyklopädischen Charakter glänzt!

Klaus Richter, Raphael Richter & Wolfgang W. Schüler (Hrsg.). Lebensschule Laufen. Grundlegende Texte Alexander Webers zur Lauftherapie. Hamburg 2017: tredition Verlag. 364 S.; 24,99 €. ISBN 9783743920613

Dieses Buch ist aus Anlass des 80. Geburtstages von Prof. Dr. Alexander Weber im Juni dieses Jahres erschienen. Er gilt als Begründer der Lauftherapie in Deutschland und ihm ist es (laut hinterem Klappentext) gelungen, „gesundheitsorientiertes Laufen zu einem systematischen Behandlungsansatz zu entwickeln".

Dafür steht das sog. „Paderborner Modell" mit der Einrichtung des Deutschen Lauftherapiezentrums (DLZ) in Bad Lippspringe (Kreis Paderborn), wo die Zertifizierungskurse zur Lauftherapie seitdem stattfinden. Das Werk zeichnet das weite pädagogisch-psychologische Schaffen von Alexander Weber anhand seiner Referenztexte aus vier Jahrzehnten nach und wird von drei Dozenten des DLZ herausgegeben.

Siegfried R. Schmidt: trilalyrik. Wenn Gedichte laufen lernen. Willebadessen 2017: Zwiebelzwerg Verlag. 70 S.; 12,- €; ISBN 9783868067897

Dieses Buch ist allein schon deswegen ein „Schätzchen" unter den laufliterarischen Entdeckungen des Jahres 2017, weil es die Textsorte Lauflyrik vereint. Davon gibt es nicht soviel Publikationen im deutschsprachigen Raum. Der Berliner Siegfried R. Schmidt, selbst langjähriger Läufer und Triathlet gilt als renommierter und kreativer Kopf unter den Laufliteraten, und zwar speziell für dieses literarische Segment. Allein die Titelzeilen der meist kurzen Gedichte verraten etwas von dem Stoff, aus sich seine „trilalyrik" (auch so eine S. R. Schmidt-Schöpfung) speist: start, tageslauf, der marathon, laufen als chance, kampf an der Spitze, hartes training, es ist geschafft … 

Wolfgang W. Schüler & Klaus Richter (Hrsg.): Running forever. Das Geheimnis lebenslangen Laufens. Hildesheim 2017: arete Verlag. 170 S.; 16,80 €; ISBN 9783942468824

Dieses Buch gilt als der „heimliche Star" unter den Neuerscheinungen des Jahres 2017: Insgesamt 25 Läuferinnen und Läufer erzählen kurzweilig von ihrer persönlichen Laufkarriere. Was alle gemeinsam verbindet? Sie laufen alle mindestens seit 30 (!) Jahren. Demnach sind sie alle Lebensläufer. Deswegen können sie alle „Das Geheimnis lebenslangen Laufens" (Untertitel) lüften. Alle Leserinnen und Leser erhalten bei der Lektüre Einblicke in diese Geheimnisse, die nun keine mehr sind.

Denn wer wollte nicht irgendwann von sich selbst behaupten, zur Gemeinde der „Running forever" Läuferinnen und Läufer zu gehören. Zu den Autoren im Band gehören u.a. so prominente Läufer wie Manfred Steffny, Klaus Weidt, Werner Sonntag, Hubert Karl, Dietmar Knies und Horst Preisler, der Mann mit den weltweit meisten Marathonläufen … 

Michele Ufer: Mentaltraining für Läufer. Weil Laufen auch Kopfsache ist. Aachen 2016: Meyer & Meyer. 272 S.; 19,95 €; ISBN 9783898999267

Dieses Buch möchte weder ein Lehrbuch noch eine Überblicksdarstellung sein zum Einsatz psychologischer Maßnahmen im Sport. Was ist es dann? Zunächst einmal muss man wissen, dass es von einem Mentaltrainer und Experten für Sport- und Managementpsychologie geschrieben worden ist, der sich selbst zu der Gruppe der Extremläufer zählt … also weiß, wovon er schreibt. Das Buch will uns helfen, mit Übungen zum Mentaltraining unsere Leistungen und unser Wohlbefinden (nicht nur) im Laufsport zu verbessern.

Am Beispiel: In Kap. 6.3 geht es um „Selbstgespräche: Wie wir die Stimmen in unserem Kopf konstruktiv steuern". Wer hat sich nicht schon einmal selbst dabei ertappt und „selbstredend" darüber beklagt, dass die Füße heute weh tun, dass das Wetter heute schlecht ist … alles negative Gedanken, die nicht weiterhelfen.

Daraus leitet der Autor Hinweise zur „Gestaltung von Selbstgesprächen" (S. 175) ab (z.B. Formuliere, was du willst und nicht, was du nicht willst).

Prof. Dr. Detlef Kuhlmann in Laufzeit/Condition (Heft 12/2017)

  

author: GRR

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