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Die Vorstellung der schönsten Schweizer Läufe aus dem Heft „Swiss Runners 2013“ – Schmerzen und Glücksmomente – 28. Aletsch-Halbmarathon
Der Kamm, das ist der Grat, der sich vom Bettmerhorn, über Moosfluh bis zur Riederfurka zieht, hoch über der Bettmer- und der Riederalp, der die touristisch genutzte Südseite von der streng unter Naturschutz stehenden Nordseite trennt. Nach 13 Kilometern erreichen die Läuferinnen und Läufer diesen Kamm und der Blick auf den Aletschgletscher wird frei, was sich dem Betrachter auftut, ist atemberaubend. 23 Kilometer lang ist der grösste Eisstrom der Alpen, mitten im Unesco-Weltnaturerbe, alle Sinne einnehmend, für einen Moment ist alles um einen herum vergessen: die angestrebte Zeit, der Gegner, den man noch überholen wollte, die schmerzende Wadenmuskulatur – alles ganz weit weg.
Was Frank Pohl als «Treppen» beschreibt, ist der Schlussaufstieg. Auf den letzten zwei Kilometern hinauf aufs Bettmerhorn sind 400 Höhenmeter zu bewältigen. Kein richtiger Weg, man kämpft sich von Stein zu Stein dem Ziel entgegen. Es fehlt die Kraft, man bringt die Beine fast nicht mehr hoch. Auch Spitzenläufer sind hier schon regelrecht eingebrochen, haben auf den letzten Metern den greifbar nahe liegenden Sieg noch vergeben.
Lieber Naturbelag
Frank Pohl ist 35-jährig, Berliner, vor sechs Jahren hat er mit dem Laufsport begonnen und nahm an Strassenläufen teil. Doch bereits nach zwei Jahren musste er sich umorientieren. «Die Belastung auf der Strasse ist gross, immer diese Schläge, das ist nicht gut für die Knochen», so der für einen Läufer doch eher kräftig gebaute Frank Pohl. Er suchte nach Natur- und Landschaftsläufen, kam auf den Aletsch-Halbmarathon und erinnerte sich an die Bettmeralp, wo er als Kind bereits die Winterferien verbracht hatte, dabei aber nichts von einem Laufanlass mitbekommen hatte.
Die ungewohnte Unterlage, die ungewohnt harten Aufstiege, die ungewohnt dünne Luft: Frank Pohl wagte sich an die Herausforderung, aber gänzlich ohne Vorbereitung wollte er es dann doch nicht anpacken. «Ich las von der Trainingswoche von Birgit und Udo Lennartz und dachte, es wäre vielleicht angebracht, eine Woche vorher anzureisen », so der Berliner. «Die Natur, die Ruhe, die Luft hier oben, das ist schon eindrücklich », so Frank Pohl. «Wenn man von der Grossstadt kommt, braucht man ein bis zwei Tage um herunterzufahren». Auch das Laufen ist völlig anders. «In der Stadt kann man lange laufen, aber es gibt Schläge, die man noch lange danach spürt. In den Bergen hingegen kommt man schnell ans Limit, aber man erholt sich auch wieder schnell. Das Laufen ist angenehmer, weil es nicht so in die Gelenke geht. Im Ziel auf dem Bettmerhorn ist man völlig ausgepumpt, aber schon eine Viertelstunde später spürt man nichts mehr. Wer einmal einen Berglauf gemacht hat, will nichts mehr anderes», ist Frank Pohl überzeugt.
In der Trainingswoche liefen sie einzelne Streckenabschnitte ab, es gab aber auch Entspannung und Vorträge und insbesondere wurden sie darauf vorbereitet, wie man den Lauf richtig einteilt. «Es ist bei diesem Lauf halt schon von Vorteil, wenn man weiss, was auf dem letzten Kilometer noch kommt», so Frank Pohl.
Freunde und einige Unbekannte
Mittlerweile hat er schon fünfmal am Aletsch-Halbmarathon teilgenommen und kennt das Gelände bestens. An der Trainingswoche aber nimmt er immer noch teil. «Man trifft sich unter Gleichgesinnten, kann sich austauschen und es sind wirklich schöne Freundschaften entstanden», so der Berliner. Der Aletsch-Halbmarathon ist fixer Bestandteil des Jahresprogramms geworden.
Und das Ziel? «Natürlich hat man eine Zeit im Kopf. Man weiss, was man in den Vorjahren gemacht hat und will sich verbessern », so Frank Pohl. «Man weiss aber auch, dass man bei einem Berglauf nie weiss, was einen erwartet. Das Wetter kann von einem Moment auf den anderen ändern, vielleicht kommt man in eine schlechte Gruppe, vielleicht will der Körper ausgerechnet am Wettkampftag eine Ruhepause, die man ihm aber natürlich nicht geben kann», so der Berliner. «Bei einem Berglauf gibt es viele Faktoren, die man nicht selber bestimmen kann und das ist gerade das Faszinierende », so der 35-Jährige.
Am 30. Juni 2013 steht die 28. Auflage des Aletsch-Halbmarathons auf dem Programm. Frank Pohl wird wieder dabei sein und hat ein klares Ziel. Er will diesmal wieder die 3-Stunden-Grenze knacken. Die hat er in diesem Jahr knapp verpasst.
Alban Albrecht (Walliser Bote)
Mehr zum Aletsch-Halbmarathon unter www.aletsch-halbmarathon.ch