Die Vorstellung der schönsten Schweizer Läufe aus dem Heft „Swiss Runners 2013“ – Energie bis zum Schluss – Greifenseelauf am 21.09.2013
Die schnellsten Männer werden von den zahlreichen Zuschauern an der Zürichstrasse mit dem 180-Grad-Turn und der Zielgeraden sehnlichst erwartet und dementsprechend frenetisch empfangen. Letztes Jahr etwa Jacob Kendagor. Der 28-jährige Kenianer wurde mit lautem Klatschen und Zurufen zum neuen, imposanten Streckenrekord von 1:01:14 Stunden «getragen ». Und trotzdem, für das Stimmungshoch sorgte nicht Kendagor, sondern Sabine Fischer, die unter den Männern schier unterzugehen schien.
Die Glarnerin des LC Rapperswil-Jona brillierte mit einem nie erlahmenden Erfolgshunger und erspurtete sich vor den faszinierten Augen der Fans auf den letzten 80 m den Triumph. Die bis dorthin führende Kenianerin Nancy Koech hatte keine Chance. Mit starken 1:13:18 Stunden durfte sich Fischer als erste Schweizer Siegerin seit 16 Jahren feiern lassen. Damals sorgte Daria Nauer für den Einheimischensieg. Die Glanzleistung von Sabine Fischer wurde vom Publikum als solche erkannt: Mit einer Standing Ovation wurde sie bedacht.
Versöhnung mit der Distanz
Sabine Fischer war keine gewesen, der die Halbmarathon-Distanz von 21,098 km behagte. «Ich hatte den Zugang zu dieser langen Strecke nie richtig gefunden», sagte sie. Mit dem Greifenseelauf verband sie zusätzlich «schlechte Erinnerungen». 2006 trat sie zum zweiten Rennen über die klassische Distanz an und brach ein. «Bei Maur musste ich spazieren, derart angeschlagen war ich», erinnerte sie sich. Als Fünfte kämpfte sie sich damals schliesslich noch ins Ziel. Unterwegs hatte sie sich geschworen: «nie wieder».
Darauf kam sie nun zurück und lieferte die eindrückliche Antwort. Nach einer enttäuschenden Bahn-EM Ende Juni in Helsinki und der verpassten Limite für die Olympischen Spiele entschloss sich die 39-Jährige zu einem erneuten Versuch im Halbmarathon. Gezielt bereitete sie sich darauf vor. Will heissen: Sie legte erstmals in ihrer langen Karriere überhaupt einige Einheiten von mehr als 20 km zurück. Das Rennen meisterte sie mit einer intelligenten Renneinteilung. «Ich schob den Tempomaten ein und konzentrierte mich nur auf mich und meinen Rhythmus», sagte sie. Regelmässiger als Fischer war von den Topläuferinnen keine unterwegs. Die Folge davon: Auf den letzten Kilometern verfügte sie über mehr Kraft als die Widersacherinnen. Drei Kilometer vor dem Ziel erst entdeckte sie die beiden vor ihr laufenden Gegnerinnen und stellte fest «dass ich immer näher komme». Zuerst fing sie die Ukrainerin Tetyana Vernygor ab, einen Kilometer vor dem Ziel Koech. Doch die Afrikanerin verstand es vorerst zu kontern. Erst als sich Sabine Fischer ihrer einstigen Mittelstreckler-Qualitäten erinnerte und «im Schlussspurt alles auspackte», wars auch um Koech geschehen. Neben dem Sieg errang Sabine Fischer logischerweise auch den Schweizer-Meister-Titel vor der zweitplatzierten ehemaligen Berglauf-Europameistersin Martina Strähl. Bei den Männern sicherte sich Michael Ott die Goldmedaille.
Für Sabine Fischer handelte es sich generell um ein «eminent wichtiges Erfolgserlebnis». Nicht nur die Saison vermochte sie zu retten, sondern auch jenes Ergebnis zu erzielen, das sie zum Weiterziehen ihrer Karriere bis zu den Europameisterschaften 2014 in Zürich bewegte: «Ja, ich hänge nochmals zwei Jahre an», kommunizierte sie nach reiflicher Überlegung vor Weihnachten.
Innovationen für alle
Der Erfolg des Greifenseelaufs – er gehört zu den fünf grössten Schweizer Laufveranstaltungen – beruht aber nur bedingt auf der Zugkraft erstklassiger Spitzenläufer und Spitzenläuferinnen wie etwa Sabine Fischer. Und auch nicht nur auf der attrak- tiven, genormten Strecke, die neben starken Zeiten auch ein besonderes Naturerlebnis bietet. Der Greifenseelauf überzeugt auch durch eine professionelle Organisation mit dem entsprechenden Know-how. Davon profitieren alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer, ob im Kinderrennen, dem Walking über 10 km oder im Hauptrennen engagiert.
Innovation ist beim Greifenseelauf mehr als nur Lippenbekenntnis. Das zeigt sich etwa beim Mittun an der Migros-Aktion «I’m fit». Gegen die Tendenz, dass immer mehr Kinder und Jugendliche übergewichtig sind, will der bekannte Detailhändler mit seinem Engagement ankämpfen. Beim Greifenseelauf kommen nicht weniger als 30 Schulklassen in den Genuss eines Gratisstarts.
Das sorgt für Bewegung.
In dieselbe Richtung zielt seit mittlerweilesechs Jahren auch die City Challenge. Läuferinnen und Läufer aus einem Kanton fordern den letztjährigen Sieger (diesmal der Thurgau) heraus. Herangezogen fürs Klassement wird jeweils der Durchschnittswert von je 50 gemeldeten Kantonsvertretern. Als bereichernd hat sich dieser Wettbewerb im Rennen erwiesen. «Mit der City Challenge gelingt es uns, nicht nur ein zusätzliches Gruppenelement einzubinden, sondern ebenso unser Rennen für Nicht-Zürcher bedeutender werden zu lassen», sagen die beiden Greifenseelauf-Zugpferde Urs und Markus Ryffel.
Jörg Greb
Mehr zum Greifenseelauf unter www.ryffelrunning.ch