Letztes Jahr feierte der Swissalpine seine 25. Austragung. Mit einem neuen Teilnehmerrekord glückte dies beeindruckend. Einzigartiges zeichnet den Klassiker nach wie vor aus – etwa ein «Notspital» am höchsten Punkt.
Die Vorstellung der schönsten Schweizer Läufe aus dem Heft „Swiss Runners 2011“ – Kulminationspunkt als Zwischenziel – 26. Swissalpin am 30. Juli 2011
Die Keschhütte und der Swissalpine – das Paar gehört zusammen. Grossartiges haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bis zum höchsten Punkt der Strecke bereits geleistet. 53 km sind zurückgelegt, 1900 Höhenmeter bewältigt von all jenen, die in Davos zum K78 gestartet sind. Stundenlang sind sie bereits unterwegs auf der Königsdistanz. Und sie sind hoch oben angelangt, genau auf 2632 m über Meer. «Geschafft», sagen etliche. Erleichterung macht sich breit. Doch diese trügt: Das Ziel ist noch fern.
Geschafft ist ein Grossteil des Aufstiegs. Geschafft sind auch viele beschwerliche Kilometer, etwa die happigsten von Bergün (Km 39,2) über Teva (42,4), Tuors (44,9), Chants (47,2), Valzana (48,7) und Tschüvel (50,1) bis Keschhütte. Noch längst nicht bewältigt ist aber die gesamte Herausforderung. Mehr als ein Zwischenziel stellt die Keschhütte beim Swissalpine nicht dar. Noch stehen 25 km an. Noch warten weitere Anstiege, vor allem aber Abstiege. Noch folgt Beschwerliches. Doch es kann auch Beflügelndes kommen.
Bei der Keschhütte erfolgt so etwas wie eine medizinische Schnellbeurteilung. «Die Aktiven empfangen, ihnen in die Augen blicken, Kontakt mit ihnen aufnehmen und innert Sekunden beurteilen, ob sie Unterstützung brauchen», so beschreibt Rennarzt Walter Kistler die Aufgabe des Mediziners und seiner Helferinnen beim höchsten Punkt des Swissalpine. Dabei geht es um nichts weniger, als den Grad der Erschöpfung richtig zu beurteilen.
Denn längst nicht alle Ultra-Langstrecklerinnen und -Langstreckler schätzen ihre Verfassung vernünftig ein. Allenfalls gilt es, Leute aus dem Rennen zu nehmen. Seit der Verlängerung der maximalen Wettkampfzeit von 12 auf 14 Stunden sind aber die brenzligen Augenblicke mit dem Kontrollschluss entschärft worden.
Blick in die Augen
Die Equipe an diesem Kulminationspunkt ist vorbereitet. Quasi ein Notspital wissen sie in ihrem Rücken. Bagatellbeschwerden wie etwa Blasen oder Muskelkrämpfe werden sofort behandelt. Vorgesorgt ist ebenso für heiklere Fälle. Sauerstoffgerät und Defibrillator mit integriertem EKGGerät stehen bereit. Eine breite Palette von Notfallmedikamenten ist vorhanden. Und bereit steht der Helikopter.
«Hallo wie geht’s?», fragt der Mediziner Tausende von Läuferinnen und Läufern, jedwelcher Leistungsstufe. Die Reaktion sowie der subjektive Eindruck führen zu einer schnellen Beurteilung. Wer benötigt eine Pause oder gar weitere medizinische Hilfe? lautet eine zentrale Frage. Die Erfahrung und das Gespür (Blick in die Augen) des Mediziners spielen eine bedeutende Rolle. Viele melden ihre Wünsche selber an – in der Hoffnung, auch der Schluss der Strecke lasse sich noch bewältigen. Oftmals entscheiden Mediziner und Athlet nach etlichen Minuten gemeinsam, ob ein Weiterlaufen möglich ist oder eben nicht.
Zu wissen ist, dass der nun folgende Abschnitt, nicht einfach ist. Die 7,2 km mit dem einzigartigen Panoramatrail bis zum Scalettapass (2608 m) führen über einen engen Bergpfad. Dieser erfordert Trittsicherheit. Die dauernde Höhenlage fordert zusätzlich. Anschliessend folgt der steile Abstieg nach Dürrboden, ehe der Parcours leicht abfallend dem Ziel entgegenstrebt.
Der K78 ist das, womit der Swissalpine primär in Verbindung gebracht wird. Den Klassiker auf diese Königsdistanz zu reduzieren, wäre aber falsch. Kein anderer Berglauf bietet eine solche Breite an unterschiedlichen Ausdauer-Wettbewerben. Um Teildistanzen des K78 handelt es sich ebenso wie um Zusatz-Rennen wie den K21 von Klosters nach Davos oder den K11 von Davos Laret ins Ziel bei der Eisbahn oder ums Walking (ebenfalls von Klosters) sowie traditionell um den MINI-Marathon am Vorabend für die Jüngsten.
Mehr Informationen zum 26. Swissalpin 2011 unter
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