DOSB-Präsident Alfons Hörmann ©DOSB
Die seltsame Weltsicht des DOSB-Präsidenten Alfons Hörmann – Von KLAUS BLUME
Wladimir Iljitsch Uljanow, bekannter geworden unter seinem Kampfnamen Lenin, lästerte gern: Würden die Deutschen zu einer Revolution aufbrechen, müssten sie, brav und bieder, zuvor eine Bahnsteigkarte lösen.
Stattdessen haben einige von ihnen, nämlich die olympischen Spitzensportler, einen Verein gegründet, die Initiative „Athleten Deutschland e.V." Er soll sie – auch außerhalb ihrer Verbände – künftig professionell vertreten.
Eine Revolution, die – noch im Vorfeld – prompt zur Konfrontation mit dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) geführt hat:
Funktionäre versus Athleten.
Ein externer Verein, schrieben DOSB-Präsident Alfons Hörmann und dessen Vorstandsvorsitzender Michael Vesper, den aufmüpfigen Athleten ins Stammbuch, könne niemals die Aufstellung von Nominierungskriterien übernehmen oder gar über Leistungssport-Reformen mitbestimmen. Und, und, und.
Kurz und schlimm: Sportler sollen trainieren, Medaillen sammeln – und den Mund halten. Es sei denn, sie plappern, was ihnen ihr Verband und dessen Ausrüster vertraglich in den Mund gelegt haben.
Nun aber sagt der frühere Säbel-Weltmeister Max Hartung (28), als Vorsitzender der „Athleten Deutschland": „Die rein ehrenamtliche Struktur der Athletenkommission genügt angesichts immer größer werdender Herausforderung nicht mehr, es gibt Bedarf für eine professionelle Athletenvertretung."
Diese soll in Köln mit drei hauptamtlichen Mitarbeitern entstehen und mit 300 000 bis 400 000 Euro per annum von Innenministerium bezahlt werden. Wenngleich das noch nicht sicher ist, eine solche Parallel-Gesellschaft, ähnlich einer Gewerkschaft, geführt von mündigen Athleten, scheint ganz und gar nicht ins Weltbild von DOSB-Präsident Alfons Hörmann zu passen.
Ein Weltbild, das er nur allzu vollmundig vertritt.
Dabei hat der CSU-Mann aus dem Kreistag Ostallgäu, zuvor Präsident des konzernfreundlichen Deutschen Ski-Verbandes (DSV), in seiner rund vierjährigen DOSB-Amtszeit nicht allzu viele Erfolge aufzuweisen. Vor allem nicht bei der hiesigen Bevölkerung. Die Münchner lehnten Olympische Winter-, die Hamburger Olympische Sommerspiele ab.
Hörmann argumentierte, mit Olympia habe das alles nichts zu tun, vielmehr habe die Flüchtlingswelle die Hamburger negativ beeinflusst. Das hat zwar in Hamburg bis heute niemand verstanden, aber sei‘s drum. Den Münchnern wiederum hatte Hörmann zuvor die umstrittenen russischen Winterspiele in Sotschi als leuchtendes Vorbild vorgegaukelt; Putins Gigantismus hätte schließlich „sportfachlich betrachtet, neue Maßstäbe gesetzt", endlich sei dort „der Fokus in allererster Linie auf die Athleten gelegt worden."
Gewiss, die olympische Politik ist wirklich schwer erklärbar, doch wie sieht es mit Hörmanns Manager-Fähigkeiten aus?
Dass er als Ski-Boss zuvor mit den Nordischen Weltmeisterschaften in Oberstdorf (2005), mit den alpinen Welttitelkämpfen (2011) in Garmisch-Partenkirchen und mit dem World-Championat der Biathleten in Ruhpolding (2012) jeweils hohe Defizite erwirtschaftet hatte, sprach 2013 ebenso wenig gegen dessen Inthronisierung als oberster deutscher Sportpolitiker, wie seine Zurückhaltung in Dopingfragen.
Auch nicht, dass er sich stets schützend vor nachweisliche Dopingbefürworter aus der früheren DDR gestellt hat. Oder dass er bis heute zu jenen im DOSB zählt, die das jetzige Anti-Dopinggesetz wohl nur deshalb befürwortet haben, weil es Doping in einer überschaubaren Menge straffrei ermöglicht. Würde man nämlich das hiesige Dopinggesetz mit der Verordnung über Trunkenheit am Steuer vergleichen, dürften dort Proben eigentlich erst ab 2,5 Promille erlaubt sein.
Ab 1. Januar 2018 wird Hörmann in Baden-Baden die Position eines Vorstandsvorsitzenden der dortigen Schöck AG übernehmen, einem Bauzulieferanten. Eine Top-Position! Wir wissen nicht, was ihn dafür qualifiziert hat.
Noch 2015 hatte Hörmann schließlich ein Bußgeld von insgesamt 225.000 Euro zahlen müssen, weil er seinem damaligen Arbeitgeber, den Dachziegelhersteller Creaton AG, bei illegalen Preisabsprachen begleitet hatte. Ob die Schöck AG mit ihm glücklich wird?
Wie auch immer, dem DOSB will Hörmann weiterhin zu seinem Glück verhelfen. In dessen Frankfurter Geschäftsräume soll dann vor allem Veronika Rücker – nach seiner Anweisung – das Zepter schwingen.
Die bisherige Chefin der Führungsakademie des deutschen Sports ist zwar mit der Praxis der nationalen und internationalen Sportpolitik ebenso wenig vertraut wie ihr ehrenamtlicher Präsident, vielleicht gab es auch deshalb keine öffentliche Ausschreibung für ihre Position – aber alles passt in unsere chaotischen Zeiten.
Die Initiative „Athleten Deutschland e.V." wird viel zu tun bekommen.
Klaus Blume
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