Liliya Shobukhova (RUS) an der 40 km Marke beim Chicago Marathon 2009 unweit der legendären CHESS Studios. ©Helmut Winter
Die Marathonläuferin Liliya Shobukhova tritt zurück: Its all over now … Helmut Winter berichtet
Die Szene war in der Nachschau von erheblicher Symbolik. Im Finale des Chicago Marathon 2009 war die russische Ausnahmeläuferin Liliya Shobukhova der Konkurrenz (Irina Mikitenko) enteilt und passierte nach genau 40 km die legendären CHESS-Studios oder was davon heute als Museum noch übrig geblieben ist.
Dort hatten Anfang der 50er-Jahre die beiden Brüder Chess, Emigranten aus Polen, den einmaligen Ruf dieses Plattenlabels begründet, das vor allem durch berühmte Blues-Musiker (Muddy Waters, etc.) und später auch Rock´n´Roll Legenden (Chuck Berry, etc.) von sich Reden machte.
Es waren vor allem auch die Rolling Stones, die bei ihrem ersten Kontakt mit US-amerikanischen Boden direkt vom Flughafen in die 2120 South Michigan Avenue fuhren, um dort das gleichnamige Instrumental zu produzieren.
Auch das berühmte „Satisfaction“ der Stones wurde bis auf das Eingangsriff in Chicago aufgenommen.
Liliya Shobukhova (RUS) gewann den Chicago Marathon von 2009 bis 2011 dreimal in Folge. (C) H. Winter
Und der erste große Hit dieser Gruppe „Its all over now“ hat mit gut 50 Jahren Verspätung direkten Bezug zu der russischen Topläuferin vergangener Jahre, die in diesen Tagen das Ende ihrer in den letzten Jahren zwielichtigen Karriere bekannt gab. Dabei waren es auch für die Russin die Chess-Studios, die im Jahr 2009 für Furore sorgten.
Hier lagen nämlich bei 40 km des Chicago Marathon Shobukhova und Irina Mikitenko in 2:19:20 gleichauf. Dann beschleunigte Shobukhova ungemein, löste sich von Mikitenko und lief den Schlusspart ins Ziel (2195 m) in unglaublichen 6:36, das sind exakt ein 3 Minuten/km.
Soetwas hat es in der Geschichte des Marathon nie wieder gegeben, selbst Paula Radcliffe brauchte bei ihrem Weltrekord 6:56. Und es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass die Männerelite an diesem Tag langsamer war als die Russin. Sammy Wanjiru gewann damals den Lauf mit einem Schlusspart von 6:45 und auch der Zweite, Abderrahim Goumri (MAR) mit 6:42 kam nicht an Shobukhovas Zeit heran (wohl aber an deren auffällige Blutwerte und wurde später genauso gesperrt).
Vor und nach dem Chicago Marathon 2012 (da wurde sie nur Vierte) wurde Shobukhova durch ihre Blutwerte auffällig und 2014 vom russischen Verband gesperrt. Davor soll es schon eine Posse um ihren Start bei Olympia 2012 in London gegeben haben, wo der damalige IAAF-Präsident Diack und dessen Clan eine mehr als unrühmliche Rolle gespielt haben sollen.
Warum allerdings Shobukhova ihre angemessene Strafe erhielt und Diack immer noch unbehelligt auf freien Füßen durch die Welt läuft, ist eine der vielen Ungereimheiten in einem Spiel, das mitnichten auf die Athleten beschränkt ist. Die sind nun leider das schwächste Glied einer unsäglichen Kette.
Vielleicht wäre „Dopingexperte“ Hajo Seppelt gut beraten, seine (Spür-)Nase noch stärker in diesen Saustall der Verbände zu stecken und selbigen gehörig auszumisten.
Weitere Recherchen zur Athletin Shobukhova kann er sich in Zukunft sparen, die hat aufgegeben und laut einer Meldung der TASS ihre Karriere beendet. Ihre Zeiten und Plätze in den Listen von Chicago sind schon eliminiert, inwieweit sie die zurückgeforderten Preis-Gelder noch erstatten kann, wird sich zeigen.
Der London Marathon unternimmt auf jeden Fall erhebliche Anstrengungen, das Geld an die rechtmäßigen Siegerinnen weiterzuleiten.
Elminiert aus den Listen wurde auch ihre Bestleistung aus dem Jahr 2011, wo sie 2:18:20 lief. Nur Paula Radcliffe war (allerdings mehrmals) schneller als die Russin.
Aber im Gegensatz zu Paulas Fabelzeiten wird man Liliyas Leistungen nun schnell vergessen oder sogar in schlechter Erinnerung behalten:
Its all over now!
Die vergrößerte Anzeige ihrer Armbanduhr zeigte 2:17:27, sie hatte noch eine knappe Minute bis ins Ziel auf dem Columbus Drive im Grant Park. (c) H. Winter
Helmut Winter