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15
09
2010

Zwar unterscheidet die Untersuchung zwischen Vereins- und Freizeitsport, als wäre das eine Beruf und das andere Hobby

Die Jugend von heute – Mut zum Kopfstand – Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung – Öfter mal die Perspektive wechseln: Sport macht Mut

By GRR 0

Warum eigentlich rannten und sprangen junge Menschen über den Bildschirm, als die Tagesschau am Dienstagabend über die aktuelle Shell-Jugendstudie berichtete? Sport und Spiel kommen in der 400 Seiten umfassenden Studie doch praktisch gar nicht vor. Aber so ist es nun mal: Niemand verkörpert besser den Optimismus, den die Untersuchung der kommenden Generation attestiert, als ein Schüler, der gerade auf den Schultern zweier Sportkameraden Kopfstand macht.

Er sei sicher, sagt dieser nach der Übung in die Kamera, dass er später Arbeit finden werde. Die Zukunft sei gut.

So steht es, statistisch gesehen, tatsächlich um junge Sportler. In vier Gruppen teilen die Forscher die Jugend 2010 zu gleichen Teilen ein. „Gesellige Jugendliche“ und „Medienfixierte“, die eine Hälfte, bevorzugt demnach Treffen, Disco und Shopping sowie Fernsehen, Computer und Kopfhörer. Die andere Hälfte, die besonders optimistische „kreative Freizeitelite“ und „engagierte Jugendliche“, ist dagegen stark in Bewegung.
 

Die Freizeitelite treibt Sport

Zwar unterscheidet die Untersuchung zwischen Vereins- und Freizeitsport, als wäre das eine Beruf und das andere Hobby. Doch der Befund ist deutlich: Die Freizeitelite treibt zu 17 Prozent Sport im Verein und zu 47 außerhalb, die engagierten Jugendlichen sind gar zu 74 Prozent Vereinssportler und zu 42 Freizeitsportler – macht 116 Prozent!

Dazu wüsste man gern mehr, steht doch durch Ganztagsschule und zwölfjährigem Abitur ein Umbruch außerschulischen Engagements bevor. Stattdessen versucht die Studie, dem Körperselbstbild der Jugend mit Fragen nach Tätowierung, Piercing und Idealgewicht auf die Spur zu kommen. Kreativität und Engagement, so viel ist festzustellen, stehen bei Jüngeren höher im Kurs als bei Älteren. Diejenigen, die auf Bild- und Tonkonsum fixiert sind, stammen überwiegend aus der Unterschicht.

Niemand verkörpert besser den Optimismus der Jugend als ein Schüler, der auf den Schultern seiner Freunde Kopfstand macht. Laut Shell-Studie sind „engagierte Jugendliche“ sehr stark in Sportvereinen vertreten.

Wer einen Kopfstand wagt, verändert seine Perspektive

 
Vieles lässt sich mit der Herkunft erklären. Eltern, die Sport treiben, legen ihren Kindern die Selbstverständlichkeit von Bewegung und die Freude daran in die Wiege. Daraus kann ein Engagement über Rennen und Springen hinaus werden, bietet Sport doch die Chance, sich früh selbst zu organisieren und seine Interessen zu vertreten. In sechs von zwanzig Fallstudien stellen sich Jugendliche als Sportler vor.

Das Bild des Jungen im Fernsehen, der so offenkundig Spaß an Akrobatik mit Lust aufs Leben verbindet, ist mehr als die beiläufige Illustration einer Nachricht. Es strahlt aus, was Sport zu bieten hat, auch ohne intellektuelle Voraussetzungen:

Schon wer einen Kopfstand wagt, verändert seine Perspektive.

Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Mittwoch, dem 15. September 2010

author: GRR

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