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07
2012

2008 Olympic Games Beijing, China August 8-24, 2008 Photo: Victah Sailer@Photo Run Victah1111@aol.com 631-741-1865 www.photorun.NET

Die historische Olympia-Laufserie (I): 800 Meter der Frauen – Erste Goldmedaille in Amsterdam 1928 für Deutschland seit Beginn der Olympischen Spiele – Horst Milde berichtet

By GRR 0

Am Freitag, dem 27. Juli  2012 beginnen die XXX. Olympischen Sommerspiele London 2012 – am Freitag, dem 3. August wird die Leichtathletik im Olympiastadion gestartet. Bis dahin wird hier in loser Reihenfolge jeweils eine der elf Laufdisziplinen vorgestellt, natürlich mit besonderer Berücksichtigung der deutschen Teilnehmer.

In dieser Serie geht es jedoch um die Historie – um die medaillenreiche Vergangenheit der deutschen Leichtathletinnen und Leichathleten aus West (FRG) und Ost (GDR). Während die Vergangenheit der deutschen Leichtathletik bei Olympischen Spielen doch sehr erfolgreich war, ist nach Peking 2008 hoffentlich in London einiges mehr zu erwarten. Umso mehr erscheint es angebracht sich der Erfolge und der großen Leistungen der Deutschen in der Vergangenheit insgesamt zu erinnern und sich deren Namen zu erinnern sowie deren Einsatz zu würdigen.

 

Es geht heute los mit den 800 Metern der Frauen.

800 m – die Strecke der deutschen Frauen: Erste Goldmedaille für Deutschland seit Beginn der Olympischen Spiele

Die 800 m erscheinen rückblickend als eine der erfolgreichsten Disziplinen der deutschen Frauen bei Olympischen Spielen. Drei Goldmedaillen seit 1928 sind eine stolze Ausbeute.

Amsterdam 1928

„Der 2. August 1928 in Amsterdam ist ein historisches Datum für die deutsche Leichtathletik. An diesem Tag wurde endlich jener Bann gebrochen, gegen den die deutschen Männer vergeblich angekämpft hatten. Lina Radke-Batschauer (geb. am 8. Oktober 1903 in Karlsruhe) gewann im 800-m-Lauf die erste Goldmedaille für Deutschland seit Beginn der Olympischen Spiele“ schreibt Ekkehard zur Megede in seinem Buch „Die Geschichte der olympischen Leichathletik“, Band 1, 1896 – 1936.

Lina Radke-Batschauer war nicht die Favoritin für den Endlauf in Amsterdam, obwohl sie mit 2:23,7 Minuten am 7. August 1927 in Breslau einen neuen Weltrekord aufgestellt hatte. Etwas besser war die Zeit der Engländerin Edith Trickey, die über 880 Yards in 2:24,0 gelaufen war (1. August 1925 in London).

Im Endlauf zog Radke-Batschauer 300 m vor dem Ziel einen Spurt an, den sie durchhielt und der ihr die Goldmedaille brachte und zusätzlich noch einen sensationellen Weltrekord in 2:16,8. Auf dem 7. Platz kam als weitere deutsche Läuferin Marie Dollinger in 2:23,0 ins Ziel, die später noch eine Karriere als erfolgreiche Sprinterin hatte. Neunte wurde Elfriede Wever (ohne Zeit).

Im Jahr 1928 waren die 800 m für Frauen völlig neu, so dass Kritiker sofort einwandten, die Frauen würden sich völlig übernehmen, da sie nach dem Zielleinlauf völlig erschöpft ins Gras sanken. Die 800 m der Frauen wurden deswegen bis 1956 wieder aus dem olympischen Programm völlig gestrichen.

Erst nach 32 Jahren wieder 800 m der Frauen in Rom 1960

In Rom trat zum ersten Mal eine gesamtdeutsche Mannschaft des DLV (Deutscher Leichtathletik-Verband) und des DVfL (Deutscher Verband für Leichathletik der DDR) an. Es gab im Vorfeld knallharte Ausscheidungen in Hannover und Erfurt.
Der Weltrekord hatte sich von den 2:16,8 im Jahr 1928 von Radke-Batschauer gewaltig auf 2:04,3 von Ludmilla Lyssenko-Scherzowa (UdSSR – in Moskau am 3.07.1960) verbessert.

Drei deutsche Läuferinnen waren am 7. September im Endlauf in Rom: Ursula Donath, Vera Kummerfeldt und Antje Gleichfeld.

Die Russin Scherzowa gewann und egalisierte ihren eigenen Weltrekord von 2:04,3 vor Brenda Jones (Australien) in 2:04,4 und die Bronzemedaille gewann überraschend Ursula Donath in 2:05,6, wobei ihr zu Hilfe kam, dass Dixie Willis (Australien) stürzte und Vera Kummerfeldt zu spät ihren Spurt ansetze. Vierte wurde Vera Kummerfeldt in 2:05,6 vor Antje Gleichfeld in 2:06,5 – ein großer Erfolg für den Mittelstreckenlauf der deutschen Frauen.

Wieder fünfter Platz für Antje Gleichfeld in Tokio 1964

Antje Gleichfeld, zweifache Mutter aus Hamburg, brachte das Kunststück fertig wieder in einem olympischen Endlauf zu stehen und wiederum Fünfte zu werden. Dabei verbesserte sie zweimal den deutschen Rekord von Waltraud Kaufmann auf zunächst 2:04,6 im Zwischenlauf und im Finale auf 2:03,9. Siegerin war Ann Packer (GBR) in 2:01,1 (neuer Weltrekord) vor Maryvonne Dupureur (FRA) 2:01,9 und Marise Chamberlain (NZL) in 2:02,8.

„Dies war der schönste Tag der Olympiasiegerin Hildegard Falck“

so überschrieb das Fachmagazin LEICHTATHLETIK v. 14. September 1972 den Sieg von Hildegard Falck, (geb 8.06.1949) im 800 m Endlauf in München 1972. Im Stadion in München war beste Stimmung, die Deutschen hatten Medaillen gewonnen, Klaus Wolfermann im Speerwerfen, Heide Rosendahl wurde Zweite im 200 m Lauf, Bernd Kannenberg hatte im 50 km Gehen die Nase vorn: Brachte der 800 m Lauf weiteres Gold ?

Zwei deutsche Läuferinnen standen im Endlauf: Hildegard Falck (VfL Wolfsburg) und Gunhild Hoffmeister (6.07.1944 in Forst/SC Cottbus, Trainer Werner Janke) – ausgeschieden waren in den Zwischenläufen Sylvia Schenk mit 2:01,5 und Gisela Ellen-berger mit 2:03,0.

Vor dem Endlauf am 3. September 1972 um 18.00 Uhr gab es Unruhe, weil man wegen der Ankunft der Geher den Start möglicherweise verschieben wollte, doch dann blieb es beim Zeitplan. Die 400 m wurden in 58,31 zurückgelegt, vorne liefen Zlateva, Nikolic und Silai, Falck hielt sich an Hoffmeister. Kurz vor der Zielgeraden lief Hildegard Falck auf Bahn 2 bis 3 und trat dann an, das brachte ihr die Führung mit vier bis 5 Metern Vorsprung, aber jetzt kam auch Niele Sabaite (UdSSR) mächtig auf. Auf den letzten zwanzig Metern konnte Falck noch einmal steigern und mit ei-nem Meter Vorsprung gewinnen.

LEICHTAHTLETIK schrieb: „Eine Olympiasiegerin, wie sie im Buche steht: läuferisch stark, auf Tempowechsel vorbereitet, kämpferisch hart, in taktischer Beziehung klug; die Goldmedaille fiel einer ihrer Würdigen zu."
Gold: Hildegard Falck 1:58,6 (OR) – 2. Niele Sabaite (UdSSR) 1:58, 7 und die Bronzemedaille ging an Gunhild Hoffmeister 1:59,2

Montreal 1976 mit Bronzemedaille durch Elfi Zinn

Im olympischen Endlauf in Montreal 1976 waren wieder einmal drei deutsche Frauen vertreten. Elfi Zinn, geb. Rost – (geb. 24.08.1953 in Rathebur – SC Neubrandenburg – Trainer Walter Gladrow) wurde Dritte in 1:55,60 (neuer DDR Rekord).

1. Tatyana Kazankina (UdSSR) 1:54,94 (WR) – 2. Nikolina Schterewa (Bulgarien) 1:55,42 – 3. Elfi Zinn (DDR) 1:55,60 – 4. Anita Weiss (DDR) 1:55,74 – 7. Doris Gluth (DDR) 1:58,99

Moskau 1980

4. Martina Kampfert 1:56,21, 5. Hildegard Ullrich 1:57,20
1. Nadiya Olizarenko (SOV)1:53,43 (WR) – 2. Olga Mineyava (SOV) 1:54,81 3.Tatyana Providokina (SOV) 1:55,46

Los Angeles 1984

7. Margrit Klinger 2:00,65
1. Doine Melinte (ROM) 1:57,60 – 2. Kim Gallagher (USA) 1:58,63 – 3. Fita Lovin (ROM) 1:58,83

Seoul 1988 Gold und Silber durch Wodars und Wachtel

„In 56,43 durchlief Christine Wachtel (geb. 6.01.1965 in Altentreptow / SC Neubrandenburg – Trainer Walter Gladrow) im olympischen 800-m-Finale die ersten 400 m, und damit hatte sie einigen der Endlaufteilnehmerinnen schon den Schneid abgekauft. Mit Sigrun Wodars (geb. 7.11.1965 in Neu-Kaliß / SC Neubrandenburg – Trainer Walter Gladrow) im Schlepp entwickelte sich das Rennen genau nach der Machart der beiden Neubrandenburgerinnen“ so schrieb LEICHTATHLETIK.
„Der Ausgang des olympischen Endlaufs auf Platz eins und zwei entspricht dem vorjährigen WM-Finale in Rom, wo auch Sigrun Wodars zuletzt die Stärkere war.“
Gold für Sigrun Wodars 1:56,10 – 2. Christine Wachtel 1:56,64 – 3. Kim Gallagher (USA) 1:56,91

Die Vergangenheit ist bei den deutschen Frauen im 800 m Lauf durchaus ein Aushängeschild gewesen – aber seit 1988 sind viele Jahre ohne weitere große Erfolge vergangen. Freuen wir uns über eine große läuferische Vergangenheit.

In London, wie auch schon in Peking,  wird keine deutsche Läuferin über 800 m am Start sein!

Zur Erinnerung an die Spiele von Athen 2004 – die Ergebnisse der 800 m der Frauen:

1. Kelly Holmes (GBR) 1:56,38 – 2. Hasna Benhassi (MAR) 1:56,43 – 3. Jolanda Ceplak (SLO) 1:556,43 – 4. Maria Mutola (MOZ) 1:56,51 – 5. Tatjana Andrianova (RUS) 1:56,88 – 6. Jearl Miles-Clark (USA) 1:57,27 – 7. Maria Cioncan (ROM) 1:59,62 – 8. Zulia Calatayud (CUB) 2:00,95 –

Claudia Gesell (GER) 4. VL 2:03,87

XXIX. Olympische Spiele Peking 2008 – die Ergebnisse 800 m der Frauen:

1. Pamela Jelimo (KEN) 1:54:87 – 2. Janeth Busienei (KEN) 1:56:07 – 3.  Hasna Benhassi (MAR) 1:56:73 – 4. Svetlana Kljuka (RUS) 1:56.94 – 5. Maria Mutola (MOZ) 1:57,68 -6. Kenia Sinclair (JAM) 1:58,24 – 7. Julia Krewsun (UKR) 1:58,73 – 8. Tatjana Andrianowa (RUS) 2:02,63 – DLV nicht vertreten.

 

Der Bericht über den 800 m Endlauf von Peking  2008 auf GRR:

 

Pamela Jelimo startet eine neue Ära für Kenia – Results – XXIX. Olympische Sommerspiele Peking 2008 – 800 m der Frauen

Pamela Jelimo sorgte in dieser Saison bereits vor Olympia für viel Aufsehen. Die frühere 400-m-Läuferin eroberte die 800-m-Distanz im Sturm. Erst 18 Jahre alt, hat sie alle ihre Rennen über die zwei Stadionrunden gewonnen. Das olympische Finale war erst 800-m-Lauf Nummer elf in ihrer Karriere.

Nachdem ihre Freundin und Trainingspartnerin Janeth Jepkosgei (Kenia), die 800-m-Weltmeisterin von Osaka, in der ersten Runde des Finales von Peking für das Tempo gesorgt hatte, ging Pamela Jelimo an die Spitze und siegte schließlich in 1:54,87 Minuten vor ihrer Landsfrau – damit hatte sie zum vierten Mal in diesem Jahr einen Juniorinnen-Weltrekord aufgestellt und zum dritten Mal einen Afrika-Rekord.

Doch noch mehr erreichte auch Pamela Jelimo in China: Sie ist die erste kenianische Frau, die über eine Mittelstrecke eine olympische Medaille gewonnen hat. Im vergangenen Jahr hatte Janeth Jepkosgei die erste 800-m-Medaille bei einer WM für Kenias Frauen gewonnen. Für Pamela Jelimo ist sogar der 25 Jahre alte Weltrekord der Tschechin Jarmila Kratochvilova, die 1983 in München 1:53,28 Minuten gelaufen ist, in reichweite – das zeigte das olympische Finale ohne Tempomacherinnen einmal mehr.

Pamela Jelimo wurde einst von ihrer Mutter inspiriert, mit der Leichtathletik zu beginnen.
Die Mutter rannte früher 200 und 400 m. Doch das war zu einer Zeit, als Kenias Frauen in der internationalen Leichtathletik noch keine Rolle spielten. Pamela Jelimo war bis zum letzten Jahr selbst noch eine 200- und 400-m-Läuferin. Doch von der Weltspitze war sie damals weit entfernt. Es war dann unter anderen Janeth Jepkosgei, die sie überzeugte, sich über 800 m zu versuchen. „Das war nicht leicht, mich zu überreden, denn ich wollte zunächst 400-Meter-Läuferin bleiben. Und ich musste dann sehr viel trainieren, um besser zu werden.“ Als Pamela Jelimo dann jedoch überraschend Afrika-Meisterin wurde und dabei die legendäre Maria Mutola (Mozambique) schlug, die in Peking Fünfte wurde, stand für sie fest: die 800 m sind ihre Strecke.

„Es ist gut, dass jetzt auch die kenianischen Frauen Medaillen gewinnen – und einige von ihnen sind sehr schnell. Pamela Jelimo und Janeth Jepkosgei sind für mich wie Schwestern, denn sie kommen aus dem gleichen Dorf wie ich“, erklärte der 800-m-Weltrekordler Wilson Kipketer.

 

Horst Milde

 

800 Metres – Alle Medaillengewinnerinnen, lt. IAAF

1928 Lina Radke GER 2:16.8 Kinuye Hitomi JPN 2:17.6 Inga Gentzel SWE 2:18.8
1932 to 1956: Not contested
1960 Lyudmila Shevtsova URS 2:04.50 Brenda Jones AUS 2:04.58 Ursula Donath GDR 2:05.73
1964 Ann Packer GBR 2:01.1 Maryvonne DupureurFRA 2:01.9 Marise Chamberlain NZL 2:02.8
1968 Madeline Manning USA 2:00.92 Ilona Silai ROU 2:02.58 Maria Gommers NED 2:02.63
1972 Hildegard Falck FRG 1:58.55 Niole Sabaité URS 1:58.65 Gunhild Hoffmeister GDR 1:59.19
1976 Tatyana Kazankina URS 1:54.94 Nikolina Shtereva BUL 1:55.42 Elfi Zinn GDR 1:55.60
1980 Nadyezhda Olizarenko URS 1:53.43 Olga Mineyeva URS 1:54.81 Tatyana Providokhina URS 1:55.46
1984 Doina Melinte ROU 1:57.60 Kim Gallagher USA 1:58.63 Fita Lovin ROU 1:58.83
1988 Sigrun Wodars GDR 1:56.10
Christine Wachtel GDR 1:56.64 Kim Gallagher USA 1:56.91
1992 Ellen van Langen NED 1:55.54 Liliya Nurutdinova EUN 1:55.99 Ana Quirot CUB 1:56.80
1996 Svetlana MasterkovaRUS 1:57.73 Ana Quirot CUB 1:58.11 Maria Mutola MOZ 1:58.71
2000 Maria Mutola MOZ 1:56.15 Stephanie Graf AUT 1:56.64 Kelly Holmes GBR 1:56.80
2004 Kelly Holmes GBR 1:56.38 Hasna Benhassi MAR 1:56.43 Jolanda Ceplak SLO 1:56.43

2008 Pamela Jelimo (KEN) 1:54:87 – Janeth Busienei (KEN) 1:56:07 – Hasna Benhassi (MAR) 1:56:73

author: GRR

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