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2004 Stefano Baldini ITA 2:10:55 ©Victah Sailer

Die historische Olympia-Laufserie 1896 -2012 (XII): Marathon der Männer – Zwei Goldmedaillen für Waldemar Cierpinski – Bronze für Stephan Freigang – Horst Milde berichtet – Teil II und Schluss

By GRR 0

Am Freitag, dem 5. August 2016 begannen die XXXI. Olympischen Sommerspiele Rio de Janeiro 2016 – am Freitag, dem 12. August 2016 begann die Leichtathletik im Olympiastadion, am Sonntag, dem 14. August 2016, liefen die Frauen ihren olympischen MARATHON, der MARATHON der Männer findet als Höhepunkt und Abschluss der Olympischen Spiele in Rio am Sonntag, dem 21. August 2016 statt.

Die historische Dokumention des MARATHON der Männer ab 1896 wurde schon im Teil I dieser insgesamt zwölfseitigen Serie abgehandelt, hier folgen nur noch die Ergebnisse und Beiträge über ATHEN 2004, PEKING 2008 und LONDON 2012.

Athen 2004 – Irischer Priester  stoppt den Führenden – Baldini mit der Goldmedaille

1. Stefano Baldini (ITA) 2:10:55 – 2. Mebrahtom Keflezighi (USA) 2:11:29 – 3. Vanderlei de Lima (BRA) 2:12:11 – 4. Jon Brown (GBR) 2:12:26 – 5. Shigeru Aburaya (JPN) 2:13:11 – Toshinari Suwa (JPN) 2:13:24 – 7. Eric Wainaina (KEN) 2:13:30 – 8. Alberto Chaica (POR) 2:14:17 – DLV nicht vertreten

Der Bericht bei German Road Races über den Marathon von Athen 2004:

Olympia: Baldini gewinnt Marathon vor Keflezighi, Bronzemedaillengewinner Lima von irischem Priester gestoppt

Mit einem Überraschungssieg von Stefano Baldini endete der letzte Wettbewerb der Olympischen Spiele von Athen. Allerdings wurde der Marathon, den der Italiener in 2:10:55 Stunden gewann, von einem skandalösen Vorfall geprägt.

Ein Zuschauer rannte etwa bei Kilometer 36 auf die Straße und stoppte den zu diesem Zeitpunkt in Führung liegenden Vanderlei Lima. Der Brasilianer konnte allerdings nach kurzer Zeit weiterlaufen und gewann nach 2:12:11 noch die Bronzemedaille. Silber ging überraschend an den US-Amerikaner Mebrahtom Keflezighi, der 2:11:29 lief. Lima hätte aber auch ohne den Vorfall sicher nicht Gold oder Silber gewonnen, denn seine Verfolger liefen in der Endphase des Rennens ein deutlich höheres Tempo als der Brasilianer.

Bei dem Rennen über die klassische Distanz, das wie vor 108 Jahren bei den ersten Olympischen Spielen der Neuzeit von Marathon ins Athener Panathinaikon-Stadion führte, hatte sich Vanderlei Lima bereits kurz vor der Halbmarathonmarke, die nach 67:22 Minuten passiert wurde, von der Spitzengruppe abgesetzt. Als Sieger des Hamburg-Marathons 2004 und mit einer Bestzeit von 2:08:31 Stunden galt er jedoch nicht als ein ernster Kandidat für die Goldmedaille. So ließen ihn die Favoriten gewähren. Doch Lima lief im Laufe des Rennens bei Temperaturen von bis zu 30 Grad im Schatten einen großen Vorsprung heraus. Bei Kilometer 30 lag er 46 Sekunden vor seinen Verfolgern.

Doch nun machten sich Baldini, Keflezighi, der Marathon-Weltrekordler Paul Tergat (Kenia), der später Zehnter wurde, und der Weltmeister Jaouad Gharib (Marokko) an die Verfolgung. Sie hatten bis dahin Kräfte gespart und liefen nun deutlich schneller als Lima. Der Vorsprung des 35-Jährigen schmolz. Bei 35 Kilometern waren es nur noch 29 Sekunden. Kurz danach stürmte der bunt gekleidete Zuschauer auf die Strecke. „Plötzlich tauchte er vor mir auf, drängte mich zum Streckenrand und hielt mich fest“, erzählte Vanderlei Lima später im Ziel. Zuschauer befreiten den Brasilianer aus der Umklammerung, so dass er ohne Verletzungsfolgen weiterlaufen konnte.

„Wer weiß, vielleicht hätte ich ohne diesen Vorfall gewinnen können. Das hat mich sehr behindert. Ich hatte Angst, denn ich wusste nicht, was er mit mir macht. Es war dann schwer, den Laufrhythmus wieder zu finden“, sagte Vanderlei Lima. Aufgehalten wurde der Brasilianer bei diesem Vorfall rund zehn Sekunden. Am Ende erreichte er 1:16 Minuten hinter dem Sieger Baldini und immer noch 42 Sekunden hinter dem zweitplatzierten US-Amerikaner Keflezighi das Ziel. Tragisch wäre gewesen, wenn er aufgrund des Angriffs eine Medaille um wenige Sekunden verpasst hätte. So aber lief Vanderlei Lima jubelnd in das Panathinaikon-Stadion von Athen und feierte seine Bronzemedaille. „Ich bin wirklich froh über diese Bronzemedaille“, erklärte Lima.

Der internationale Leichtathletik-Verband (IAAF) hatte sich kurz nach dem Ende des Marathons in einer Sitzung mit dem Fall befasst. Später gab dann das Internationale Olympische Komitee (IOC) bekannt, dass Vanderlei Lima zusätzlich zur Bronzemedaille noch eine Ehrenmedaille des IOC erhalten wird.

Lima wird nun ebenso in die mit vielen Anekdoten gespickte olympische Marathon-Geschichte eingehen wie der italienische Sieger. „Es ist eine fantastische Geschichte, hier den Marathon gewonnen zu haben. Denn das Panathinaikon-Stadion, das ist die Heimat des Marathonlaufes“, erklärte Stefano Baldini, der dem zweitplatzierten US-Amerikaner die höchste Prämie in seinem Leben verwehrte.

Denn die Marathonrennen von Chicago und New York hatten für einen US-Marathonsieg in Athen 500.000 Dollar ausgelobt. 35 Sekunden fehlten Mebrahtom Keflezighi dafür am Ende.

Einige englische Journalisten waren sich gestern Abend in Athen sicher, dass es sich bei dem Mann, der Lima stoppte, um einen irischen Priester handelte, der schon mindestens zweimal zuvor für ähnliche Vorfälle gesorgt haben soll.

Wie es heißt, war es dieser Mann, der im vergangenen Jahr bereits im englischen Silverstone während eines Formel-1-Rennens auf die Strecke gelaufen sei und das Rennen damit unterbrochen hatte.

Außerdem habe er auf diese Art und Weise ein Pferderennen in Irland gestoppt.

PS: Vanderlei Lima hatte als Ausgleich seinen großen Auftritt in Rio de Janeiro 2016, als er die Fackel als letzter Läufer in das Olympiastadion tragen durfte (Pelé hatte kurzfristig abgesagt, Lima erhielt auf dem Weg ins Stadion als Zuschauer per Handy den "Einsatzbefehl" zum Fackeleinsatz).

Peking 2008 – Erstes Marathon Gold für Kenia – Wanjiru überlegen

1. Samuel Wanjiru (KEN) 2:06:32 – 2. Jaouad Gharib (MAR) 2:07:16 – 3. Tsegay Kebede (ETH) 2:10:00 – 4. Deriba Merga (ETH) 2:10:21 – 5. Martin Lel (KEN) 2:10:24 – 6. Viktor Röthlin (SUI) 2:10:35 – 7. Gashaw Asfaw (ETH) 2:10:52 – 8. Yared Asmerom (ERI) 2:11:11 – DLV nicht vertreten

Der Bericht bei German Road Races über den Marathon von Peking  2008:

Sammy Wanjiru – Kenias Stolz im Marathon

Sammy Wanjiru hat sich in Peking den Status eines kenianischen Volkshelden erlaufen. Der 21-Jährige wurde am Sonntag zum ersten Marathon-Olympiasieger seines Landes. Obwohl die Kenianer seit Jahren die Marathonszene dominieren, war es zuvor in der olympischen Geschichte nie einem ihrer Topläufer gelungen, den Klassiker über 42,195 km zu gewinnen.

Im letzten Wettbewerb der olympischen Leichtathletik stellte Sammy Wanjiru einen olympischen Rekord auf: Nach 2:06:32 Stunden lief er ins Ziel im Olympiastadion, wo am Morgen rund 60.000 Zuschauer auf die Marathonläufer warteten.

Für den kenianischen Youngster war es erst der dritte Marathon seiner Karriere:

Im Dezember 2007 hatte er sein Debüt in Fukuoka (Japan) gewonnen und war dabei mit 2:06:39 Stunden das drittschnellste Marathondebüt aller Zeiten gelaufen. Im April wurde er dann knapp geschlagener Zweiter beim London-Marathon in 2:05:24 Stunden. Sieger war damals sein Lands- mann Martin Lel (2:05:15), der in Peking als Fünfter mit 2:10:24 ins Ziel kam.

Hinter Sammy Wanjiru gewann der Marokkaner Jaouad Gharib die Silbermedaille mit 2:07:16 Stunden, auf den Bronzerang lief Tsegay Kebede in 2:10:00. Erst im Stadion hatte der Äthiopier seinen Landsmann Deriba Merga (2:10:21) überholt und noch auf Rang vier verdrängt. Als bester nicht-afrikanischer Läufer zeigte der WM-Dritte Viktor Röthlin (Schweiz) einmal mehr eine hochklassige Leistung. Als Sechster lief er 2:10:35 Stunden.

In einem Meisterschaftsrennen bei warmem Wetter mit Temperaturen die im Laufe des Rennens von 24 auf 30 Grad Celsius stiegen und einer von 52 auf 39 Prozent fallenden Luftfeuchtigkeit ist die Siegzeit von 2:06:32 Stunden außerordentlich stark.

Bei einem City-Marathonrennen mit Tempomachern und kühlen Temperaturen sollte Sammy Wanjiru in der Lage sein, den Weltrekord von Haile Gebrselassie (Äthiopien/2:04:26 Stunden) brechen zu können. Den 24 Jahre alten olympischen Rekord von Carlos Lopes verbesserte der Kenianer in Peking um fast drei Minuten. Der Portugiese hatte 1984 in Los Angeles in 2:09:21 Stunden gewonnen.

„Unsere Athleten haben für Kenia schon viele Medaillen gewonnen, aber ich bin froh, dass ich diese hier gewonnen habe. Es ist ein tolles Gefühl, Geschichte geschrieben zu haben für Kenia“, sagte Samuel Wanjiru, der im vergangenen Jahr bereits Haile Gebrselassie den Halbmarathon-Weltrekord abgenommen hatte und auf 58:33 Minuten gesteigert hatte.

Beim olympischen Rennen durch Peking überraschten die Kenianer, weil sie von Anfang an ein für Meisterschaftsrennen ungewöhnlich schnelles Tempo vorlegten. „Es war unser Plan, schnell loszulaufen, denn wir wollten die Spreu vom Weizen trennen und vor allem die Europäer und Amerikaner hinter uns lassen“, erklärte Martin Lel. Diese Taktik ging auf. Schnell zog sich das Feld der 95 Läufer weit auseinander.

Als die Halbmarathonmarke nach extrem schnellen 62:34 Minuten erreicht war, waren die Afrikaner unter sich: Neben Sammy Wanjiru und Martin Lel rannten der Äthiopier Deriba Merga und Yonas Kifle (Eritrea) sowie der Marokkaner Jaouad Gharib an der Spitze. Rund fünf Kilometer vor dem Ziel löste sich Wanjiru dann von seinem letzten, verbliebenen Konkurrenten Gharib.

„Es war ein hartes Rennen aufgrund der hohen Temperaturen“, erklärte Sammy Wanjiru, der teilweise in Japan lebt und die Sprache beherrscht. Im Alter von 16 Jahren hatte er ein Stipendium bekommen und war nach Japan gezogen. Eine Reihe von kenianischen

Weltklasseläufern hatten dies bereits vor ihm gemacht.
„Das war am Anfang nicht einfach, aber ich hatte einen sehr rücksichtsvollen Lehrer, der mir sehr geholfen hat“, erzählte Sammy Wanjiru, dessen Trainer Koichi Morishita ist. Der Japaner hatte beim olympischen Marathon in Barcelona 1992 die Silbermedaille gewonnen. Für den Olympia-Marathon hat Wanjiru allerdings in Kenia trainiert.

Sein nächstes Ziel ist klar: „Im nächsten Jahr werde ich in Berlin starten. Aber nicht bei der WM sondern beim Berlin-Marathon. Auf der schnellen Strecke möchte ich den Weltrekord brechen und unter 2:04 Stunden laufen“, erklärte der Olympiasieger.

Glänzend schlug sich einmal mehr Viktor Röthlin. Der 33-jährige Schweizer, der in diesem Jahr bereist den Tokio-Marathon gewonnen hatte, musste dabei weite Teile des Rennens alleine laufen. „Hier Sechster zu werden und bester Weißer zu sein, das ist super für mich. Eine Medaille wäre natürlich der Supergau gewesen, leider hat es dazu nicht gereicht“, erklärte Viktor Röthlin und fügte hinzu: „Das Tempo war am Anfang zu schnell für mich. Ich wollte hier nicht im Bus enden sondern ins Stadion laufen. Ich denke, ich habe eine sehr gute Balance gefunden. Ich bin am Limit gelaufen, aber nicht über das Limit hinaus gegangen“, sagte Viktor Röthlin.

„Diese Olympischen Spiele waren meine Chance, denn vor vier Jahren war ich noch nicht so weit und in vier Jahren werde ich zu alt sein.“

London 2012 – Gold für Uganda – Keine deutschen Läufer am Start

12. August 2012, 12:00 Uhr

Platz Name Nation Zeit Anmerkung
1 Stephen Kiprotich Uganda Uganda 2:08:01 h  
2 Abel Kirui Kenia Kenia 2:08:27 h  
3 Wilson Kipsang Kenia Kenia 2:09:37 h  
4 Mebrahtom Keflezighi Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten 2:11:06 h  
5 Marílson dos Santos Brasilien Brasilien 2:11:10 h  
6 Kentarō Nakamoto Japan Japan 2:11:16 h  
7 Cuthbert Nyasongo Simbabwe Simbabwe 2:12:08 h PB
8 Paulo Roberto Paula Brasilien Brasilien 2:12:17 h  
9 Henryk Szost Polen Polen 2:12:28 h  
10 Ruggero Pertile Italien Italien 2:12:45 h  
11 Viktor Röthlin Schweiz Schweiz 2:12:48 h  

DLV nicht vertreten

Der Bericht bei German Road Races über den Marathon von London 2012:

Stephen Kiprotich überrascht die Kenianer – und gewinnt Gold für Uganda 

Der Marathon-Olympiasieger heißt Stephen Kiprotich. Mit der Flagge Ugandas über seinem Kopf lief er ins Ziel beim Triumph seines Lebens. Der 23-Jährige sorgte damit für eine große Überraschung, denn er hatte zuvor keines der bedeutenden Rennen über die klassischen 42,195 km gewonnen.

Bei den Weltmeisterschaften im vergangenen Jahr war er Neunter. In einem Hitzerennen, bei dem am Ende in der Sonne Temperaturen von über 25 Grad Celsius herrschten, lief Stephen Kiprotich, der in Kenia lebt und trainiert, 2:08:01 Stunden. Für Uganda war dies die erste Leichtathletik-Goldmedaille bei Olympischen Spielen seit John Akii-Bua vor 40 Jahren in München die 400 m Hürden gewonnen hatte.

Über alle Sportarten hinweg hatte Uganda zuletzt in  Atlanta 1996 eine olympische Medaille gewonnen. „Ich bin sehr froh, hier für mein Land die Goldmedaille gewonnen zu haben. Ich liebe die Menschen in Uganda. Sie sind jetzt sehr froh, denn wir hatten im Marathon noch nie eine Medaille“, erklärte Stephen Kiprotich.

Die Silbermedaille gewann am Sonntagvormittag der Weltmeister von 2011, Abel Kirui (Kenia), mit 2:08:27. Bronze sicherte sich der zweifache Frankfurt-Marathon-Gewinner Wilson Kipsang (Kenia), der nach 2:09:37 im Ziel war. Vor enormen Zuschauermassen hatte Stephen Kiprotich knapp fünf Kilometer vor dem Ziel die führenden Kenianer Kirui und Kipsang überholt.

Ein glänzendes Rennen lief Meb Keflezighi (USA), der als Vierter nach 2:11:06 das Ziel am Buckingham Palast erreichte. Marilson dos Santos (Brasilien/2:11:10) und Kentaro Nakamoto (Japan/2:11:16) belegten die nächsten Ränge. Als bester Europäer lief der Pole Henryk Szost auf einen beachtlichen neunten Platz mit 2:12:28.

Der Italiener Ruggero Pertile wurde Zehnter (2:12:45) vor Viktor Röthlin (Schweiz/2:12:48). Keiner der drei hoch eingeschätzten äthiopischen Läufer erreichte das Ziel. In der Hitze beendeten sie das Rennen vorzeitig.

Überraschend früh hatte Wilson Kipsang die Initiative ergriffen.
Der schnellste Läufer im Feld, der in Frankfurt im vergangenen Jahr mit 2:03:42 Stunden den Weltrekord um lediglich vier Sekunden verpasst hatte, galt als Favorit im Rennen um Gold. Nachdem das Feld in verhaltenen 30:38 Minuten die 10-km-Marke passiert hatte, schlug Wilson Kipsang ein Tempo ein, mit dem man bezogen auf die gesamte Marathondistanz den aktuellen Weltrekord von 2:03:38 Stunden um mehrere Minuten unterbieten könnte. 14:11 Minuten benötigte der 30-Jährige für den Abschnitt von Kilometer 10 bis 15. Schneller war noch niemand in einem olympischen Marathon auf irgendeinem 5-km-Teilstück.

Doch mit diesem enormen Vorstoß schwächte sich Wilson Kipsang am Ende selbst. Er wollte offenbar im Stil des verstorbenen Marathon-Olympiasiegers von Peking 2008, Sammy Wanjiru, zur Goldmedaille laufen. Sein Landsmann hatte vor vier Jahren mit durchweg hohem Tempo die Konkurrenten mürbe gemacht und in olympischer Rekordzeit von 2:06:32 Stunden gewonnen. Die Taktik von Wilson Kipsang ging nicht auf.

In seinem ersten Meisterschafts-Marathon hatte er zwar an der Halbmarathonmarke, die er nach 63:15 Minuten erreicht hatte, 16 Sekunden Vorsprung vor Abel Kirui, Stephen Kiprotich, dem hoch eingeschätzten Äthiopier Ayele Abshero, der im Januar den Dubai-Marathon in der Jahresweltbestzeit von 2:04:23 Stunden gewonnen hatte, sowie Marilson dos Santos und Stephen Mokoka (Südafrika). 

Aber bald darauf begann der Vorsprung wieder zu schmelzen, was zum Teil auch daran lag, dass Wilson Kipsang an einem Verpflegungspunkt seine Flasche verpasst hatte und dann ein paar Meter zurücklaufen musste, um noch an das Getränk zu kommen. An der 25-km-Marke lag er mit 1:14:58 Stunden dann nur noch sieben Sekunden vor Abel Kirui, Stephen Kiprotich und Ayele Abshero. Während kurz danach Kirui und Kiprotich zu Kipsang aufschlossen, fiel Abshero weit zurück und gab schließlich auf.

In dem spannenden Dreikampf waren es dann zunächst die Kenianer, die die Initiative ergriffen. Kurz nach der 35-km-Marke (1:46:03) trat Wilson Kipsang an und löste sich. Abel Kirui folgte ihm und leistete dann ebenfalls Führungsarbeit. Knapp 50 Meter Vorsprung hatten die beiden bereits auf Stephen Kiprotich. „Ich dachte in diesem Augenblick, dass Wilson und ich um Gold kämpfen werden und rechnete damit, dass wir auf den letzten Kilometern wohl um den Sieg sprinten würden“, erzählte Abel Kirui später.

Doch Stephen Kiprotich holte plötzlich wieder auf und ging kurz nach 37 km sogar an den Kenianern vorbei. „Es war überraschend für mich, als Stephen plötzlich wieder da war. Er war dann stärker und konnte sich lösen. Wir konnten ihn nicht mehr einholen. Aber ich freue mich für Stephen”, sagte Abel Kirui. Stephen Kiprotich war nicht mehr aufzuhalten auf dem Weg zur Marathon-Goldmedaille. Abel Kirui und Wilson Kipsang blieben Silber und Bronze.

Auch Wilson Kipsang zeigte sich als fairer Verlierer: „Stephen ist ein Freund. Er hat heute gewonnen, weil in einem Wettbewerb immer der Beste gewinnt“, erklärte Wilson Kipsang.

„Das bedeutet viel für Uganda. Seit 1972 hatten wir keine Goldmedaille mehr gewonnen“, erklärte Stephen Kiprotich. „Das Tempo war zunächst sehr schnell, so dass es für mich erst einmal nur darum ging, mitzuhalten“, sagte der erst 23-Jährige Olympiasieger. „Dann musste ich irgendwann alles versuchen, denn ich wollte diese Goldmedaille gewinnen.“

„Jetzt bin ich endlich ein bekannter Athlet“, sagte Stephen Kiprotich, der in London seinen vierten Marathon lief. Im Frühjahr 2011 war er eigentlich nur als Tempomacher für den Enschede-Marathon vorgesehen. Doch Stephen Kiprotich fühlte sich gut, lief weiter und gewann in der nationalen Rekordzeit von 2:07:20 Stunden. Daraufhin wurde er für den Weltmeisterschafts-Marathon in Daegu (Südkorea) nominiert. Bei der WM wurde er in einem Hitzerennen Neunter. In Tokio lief Stephen Kiprotich, der in Kenia unter anderem mit dem 5.000-m-Weltklasseläufer Eliud Kipchoge trainiert, dann im Februar sein drittes Rennen über die 42,195 km und kam als Dritter mit 2:07:50 ins Ziel.

In London gelang ihm jetzt der größtmögliche Durchbruch.

Resumé nach dem Marathon von London 2012 (keine Änderungen bei diesem Beitrag im folgenden von London 2012!)

Die Marathon-Bilanz der deutschen Männer bei den Olympischen Spielen ist mit den beiden Goldmedaillen von Waldemar Cierpinski und der Bronzemedaille von Stephan Freigang eigentlich ausgezeichnet. – keine andere Laufdisziplin der deutschen Teilnehmer hat zwei Goldmedaillen!

Aber es fehlt völlig das sogenannte Mittelfeld, wenn man die Plätze von vier bis zehn so bezeichnen darf. In allen anderen Laufwettbewerben gab es auf diesen Rängen viele deutsche Platzierungen im Laufe der 112 Jahre. Wie man den Statistiken entnehmen kann, fehlten im Anfang des Jahrhunderts bis fast in die dreißiger Jahre deutsche Läufer beim Marathon fast völlig, eine einleuchtende Erklärung dafür gibt es eigentlich nicht so richtig, denn die langen Strecken wurden in Deutschland schon immer gerne gelaufen.

Bei den den Spielen in Athen und Peking – und auch jetzt in London 2012 – setzt sich diese Serie der Nichtbeteligung von deutschen Marathonläufern leider fort – eine Folge der restriktiven Nominierungpolitik des DLV.

Wer nicht teilnimmt, kann sich auch nicht profilieren – oder auch nur lernen, was so bei internationalen Wettbewerben so "abgeht".  Der DLV, als größter nationaler Leichtathletikverband der Welt, und der jetzt behauptet, der Laufsport würde gerade von ihm gefördert und stehe im Fokus seines Bemühens als "Kompetenzpartner Laufsport", was tut er zur Förderung des nationalen Laufsports in Deutschland?

WENIG bis gar nichts! Er wartet auf  den Zufall, statt in die Offensive zu gehen und gezielt langfristig (jugendliche) Mittel- und Langstreckler auf große Aufgaben in der Zukunft vorzubereiten.

Stattdessen kann man leider die Entwicklung der internationalen Laufszene nur beobachten und sich über die  Aktivitäten, Anstrengungen und Entwicklung anderer Nationen im Laufsport und die globale Popularität des Marathon in aller Welt freuen.

Horst Milde (Beitrag nach London 2012 – ohne Änderungen)

Resumé 2016: HALT, es hat sich doch etwas geändert gegenüber 2012. Die restriktive Nominierungspolitik des DLV (zumindest was die Langstreckler betrifft) wurde in den letzten Monaten durch den Druck der Laufcommunity, der Öffentlichkeit, der Medien und German Road Races (GRR) so stark, das der DLV – auch durch die Änderungen der vorgegebenen Nomierungszeiten der IAAF – sich eines Besseren besann – und jeweils 3 Frauen und Männer für Rio 2016 nominierte.

Die Läuferinnen und Läufer, die sich jetzt für Rio 2016 qualifizierten, sind die Laufbotschafter der Bundesrepublik Deutschland und die Aushängeschilder und Vorbilder für die Fans und die Jugend.

Sie sollten sich dessen bewusst sein und den Generationen nacheifern, die sich seit 1896 für den olympischen Sport eingesetzt und gekämpft haben.

Horst Milde

Ergänzungen und/oder Korrekturen zum Beitrag sind erwünscht. Auch Bilder deutscher Läufer, die hier erwähnt wurden, sind zum Einfügen erwünscht (mit Copyright Freigabe). Danke im voraus!

MARATHON – Männer (lt. IAAF)

1896 40km Spyridon Louis GRE 2:58:50 Harilaos Vasilakos GRE 3:06:03 Gyula Kellner HUN 3:06:35
1900 40.26km Michel Théato FRA 2:59:45 Émile Champion FRA 3:04:17 Ernst Fast SWE 3:37:14
1904 41km Thomas Hicks USA 3:28:53 Albert Corey FRA 3:34:52 Arthur Newton USA 3:47:33
1906 41.86km Billy Sherring CAN 2:51:23.6 John Svanberg SWE 2:58:20.8 William Frank USA 3:00:46.8
1908 John Hayes USA 2:55:18.4 Charles Hefferon RSA 2:56:06.0 Joseph Forshaw USA 2:57:10.4
1912 40.2km Kenneth MacArthur RSA 2:36:54.8 Christian Gitsham RSA 2:37:52.0 Gaston Strobino USA 2:38:42.4
1920 42.75km Hannes Kolehmainen FIN 2:32:35.8 Jüri Lossman EST 2:32:48.6 Valerio Arri ITA 2:36:32.8
1924 Albin Stenroos FIN 2:41:22.6 Romeo Bertini ITA 2:47:19.6 Clarence DeMar USA 2:48:14.0
1928 Boughèra El Ouafi FRA 2:32:57 Manuel Plaza CHI 2:33:23 Martii Marttelin FIN 2:35:02
1932 Juan Carlos Zabala ARG 2:31:36 Sam Ferris GBR 2:31:55 Armas Toivonen FIN 2:32:12
1936 Sohn Kee-Chung JPN 2:29:19.2 Ernie Harper GBR 2:31:23.2 Nam Sung-Yong JPN 2:31:42.0
1948 Delfo Cabrera ARG 2:34:51.6 Tom Richards GBR 2:35:07.6 Etienne Gailly BEL 2:35:33.6
1952 Emil Zátopek CZE 2:23:03.2 Reinaldo Gorno ARG 2:25:35.0 Gustaf Jansson SWE 2:26:07.0
1956 Alain Mimoun FRA 2:25:00 Franjo Mihalic YUG 2:26:32 Veikko Karvonen FIN 2:27:47
1960 Abebe Bikila ETH 2:15:16.2 Rhadi ben Abdesselem MAR 2:15:41.6 Barry Magee NZL 2:17:18.2
1964 Abebe Bikila ETH 2:12:11.2 Basil Heatley GBR 2:16:19.2 Kokichi Tsuburaya JPN 2:16:22.8
1968 Mamo Wolde ETH 2:20:26.4 Kenji Kimihara JPN 2:23:31.0 Michael Ryan NZL 2:23:45.0
1972 Frank Shorter USA 2:12:19.8 Karel Lismont BEL 2:14:31.8 Mamo Wolde ETH 2:15:08.4
1976 Waldemar Cierpinski GDR 2:09:55.0 Frank Shorter USA 2:10:45.8 Karel Lismont BEL 2:11:12.6
1980 Waldemar Cierpinski GDR 2:11:03 Gerard Nijboer NED 2:11:20 Satym. DzhumanazarovURS 2:11:35
1984 Carlos Lopes POR 2:09:21 John Treacy IRL 2:09:56 Charlie Spedding GBR 2:09:58
1988 Gelindo Bordin ITA 2:10:32 Douglas Wakiihuri KEN 2:10:47 Ahmed Salah DJI 2:10:59
1992 Hwang Young-cho KOR 2:13:23 Koichi Morishita JPN 2:13:45 Stephan Freigang GER 2:14:00
1996 Josia Thugwane RSA 2:12:36 Lee Bong-Ju KOR 2:12:39 Eric Wainaina KEN 2:12:44
2000 Gezahegn Abera ETH 2:10:11 Eric Wainaina KEN 2:10:31 Tesfaye Tola ETH 2:11:10
2004 Stefano Baldini ITA 2:10:55 Meb Keflezighi USA 2:11:29 Vanderlei de Lima BRA 2:12:11
2008 Samuel Wanjiru (KEN) 2:06:32 – Jaouad Gharib (MAR) 2:07:16 – Tsegay Kebede (ETH) 2:10:
2012 1. Stephen Kiprotich (UGA) 2:08:01 – 2. Abel Kirui (KEN) 2:08:27 – 3. Wilson Kipsang (KEN) 2:09:37 h   

Die historische Olympia-Laufserie:

Die historische Olympia-Laufserie 1896 – 2012 (I): 800 Meter der Frauen – Erste Goldmedaille in Amsterdam 1928 für Deutschland seit Beginn der Olympischen Spiele – Horst Milde berichtet

Die historische Olympia-Laufserie 1896 – 2012 (II): 10.000 m der Männer – Seit 1912 im Programm – Hans Grodotzki mit Silber in Rom – Horst Milde berichtet

Die historische Olympia-Laufserie 1896 – 2012 (III): 10.000 m der Frauen – Seit 1988 im Programm – Kathrin Ullrich, Uta Pippig und Sabrina Mockenhaupt – Horst Milde berichte

Die historische Olympia-Laufserie 1896 – 2012 (IV): Marathon der Frauen – Erst seit Los Angeles 1984 im Programm – Kathrin Doerre mit Bronze, einem vierten und fünften Platz – Horst Milde berichtet

Die historische Olympia-Laufserie 1896 – 2012 (V): 800 Meter der Männer – Nils Schumann mit der Goldmedaille und drei Bronzemedaillen für Deutschland seit Beginn der Olympischen Spiele 1896 – Horst Milde berichtet

Die historische Olympia-Laufserie 1896 – 2012 (VI): 3000 Meter Hindernis der Frauen – Antje Möldner-Schmidt und Gesa Felicitas Krause im Endlauf in London 2012 – Horst Milde berichtet

Die historische Olympia-Laufserie 1896 – 2012 (VII): 1500 Meter der Frauen – Drei Silber- und eine Bronzemedaille für die deutschen Frauen – Horst Milde berichtet

Die historische Olympia-Laufserie 1896 – 2012 (VIII): 3000-m-Hindernis der Männer – Alfred Dompert 1936 und Frank Baumgartl 1976 gewinnen jeweils eine Bronzemedaille – Horst Milde berichtet

Die historische Olympia-Laufserie 1896 – 2012 (IX): 5000 Meter der Frauen – Irina Mikitenkos Fünfter Platz in Sydney die bisher beste Platzierung – Horst Milde berichtet

Die historische Olympia-Laufserie 1896 -2012 (X) : 1500 Meter der Männer – Zwei Silber- und vier Bronzemedaillen für Deutschland seit Beginn der Olympischen Spiele

Die historische Olympia-Laufserie 1896 -2012 (XI): 5000 Meter der Männer – Dieter Baumann mit der Goldmedaille, drei Silber- und drei Bronzemedaillen für Deutschland – Horst Milde berichtet

Die historische Olympia-Laufserie 1896 -2012 (XII): Marathon der Männer – Zwei Goldmedaillen für Waldemar Cierpinski – Bronze für Stephan Freigang – Horst Milde berichtet – Teil II und Schluss

Die Olympia-Vorschau Rio 2016:

Olympia-Vorschau 2016 (1): Das deutsche Marathon-Frauenteam in Rio

Olympia-Vorschau 2016 (2): Das deutsche Marathon-Männerteam in Rio

Olympia-Vorschau Rio 2016 (3): Sieben Marathon-Favoriten für Rio

Olympia-Vorschau Rio 2016 (4): Sieben Marathon-Favoritinnen für Rio

Olympia-Vorschau (5): Läuferinnen aus Kenia und Äthiopien über die Langstrecken favorisiert, harte Hindernis-Rennen für Gesa Krause

Olympia-Vorschau (6): Mo Farah auf den Spuren von Lasse Viren 

Downloads

2016 Olympic Games Statistics – Men 5000m – By Ken Nakamura.pdf

 

 

author: GRR

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