Die große Vorschau auf die spektakulären April-Marathonrennen beginnend am 11. April mit Rotterdam, Paris, Mailand und Zürich
Die besten drei Wochen in Folge, die der internationale Marathonlauf im Jahr zu bieten hat, beginnen am kommenden Sonntag in Rotterdam und enden dann Anfang Mai in Düsseldorf. Zu den spektakulären April-Marathonrennen gehören auch zwei Läufe der World Marathon Majors (WMM), die schon im Vorfeld Schlagzeilen produzierten: Während in London 120.000 Menschen Marathon laufen wollten, stehen in Boston gleich 17 Athleten mit Bestzeiten von unter 2:10 Stunden auf der Startliste.
Es ist in diesem Jahr auch ein Marathon-Frühling der Jubiläen: Das Rennen in Rotterdam wird ebenso zum 30. Mal gestartet wie der London-Marathon, in Hamburg steht der 25. Marathon auf dem Programm und in Hannover gibt es die 20. Auflage. Vor einem Jahr produzierten die Frühjahrs-Rennen bei den Männern außerordentliche Ergebnisse: Vier der schnellsten zehn je gelaufenen Zeiten stammen aus dem April 2009. Das macht Appetit auf neue, hochklassige Rennen an den Wochenenden nach Ostern.
Der am stärksten besetzte City-Marathon findet seit Jahren in London statt. Das wird auch dieses Mal so sein. „Der Virgin London-Marathon ist vergleichbar gut besetzt wie ein Rennen bei einer Weltmeisterschaft. Ich laufe gerne in London und nehme die Herausforderung an. Ich hoffe, dass ich mich gut vorbereiten kann“, sagte Irina Mikitenko, bevor sie in ein mehrwöchiges Höhentrainingslager nach Kirgisien reiste.
Im vergangenen Jahr triumphierte die Läuferin des TV Wattenscheid zum zweiten Mal in Folge in London und sicherte sich ebenfalls zum zweiten Mal den Jackpot der World Marathon Majors (WMM)-Serie. „Es ist mein Ziel, zum dritten Mal in London zu gewinnen, aber ich weiß natürlich, dass es angesichts der starken Konkurrenz sehr schwer wird“, erklärte Irina Mikitenko, die in der Vorbereitung auf London, wie 2008 und 2009, noch ein Testrennen beim Paderborner Osterlauf bestreiten wird. Noch nicht entschieden hat die 37-Jährige, ob sie am kommenden Sonnabend kurz nach ihrer Rückkehr aus Kirgisien über 10 km oder im Halbmarathon starten wird.
In London gehören 22 Tage später dann sowohl die Olympiasiegerin Constantina Dita (Rumänien) als auch die stark einzuschätzende Berliner Weltmeisterin Bai Xue (China) zu den Gegnerinnen der deutschen Marathon-Rekordlerin, die mit ihrer Bestzeit von 2:19:19 Stunden die schnellste Läuferin im Londoner Feld ist. Neben Irina Mikitenko haben gleich neun weitere Athletinnen Bestzeiten von unter 2:23:30. Und darunter ist noch nicht einmal die vielleicht stärkste Konkurrentin der Deutschen: Die Russin Liliya Shobukhova (2:24:24) verfügt über eine sehr starke Grundschnelligkeit und profitierte davon beim Chicago-Marathon im vergangenen Oktober, den sie vor Irina Mikitenko gewann.
Auch im Rennen um den Sieg in der World Marathon Majors-Serie 2009-2010 ist die 32-jährige Russin die zurzeit größte Konkurrentin von Irina Mikitenko. Wer hier über einen Zeitraum von zwei Jahren bei den Rennen der WMM-Serie am meisten Punkte aus maximal vier Rennen sammelt, gewinnt eine halbe Million US-Dollar.
Extrem stark besetzt ist auch das Rennen der Männer an der Themse: Gleich ein halbes Dutzend Athleten hat Bestzeiten von unter 2:05:30 Stunden! Nie zuvor, auch nicht bei Olympia oder bei einer WM, trafen sechs Läufer mit derartig schnellen persönlichen Rekorden in einem Marathon aufeinander. Darunter ist mit dem Rotterdam-Marathon-Sieger 2009, Duncan Kibet (Kenia), der zweitschnellste Läufer aller Zeiten (2:04:27) sowie der Weltmeister Abel Kirui (Kenia/2:05:04) und der Titelverteidiger Sammy Wanjiru (Kenia/2:05:10), der zugleich auch der Olympiasieger ist. Und dann haben die Londoner auch noch Zersenay Tadese (Eritrea) verpflichtet, der im vergangenen Jahr dort bei seinem Debüt ausstieg und nun einen zweiten Marathonversuch unternimmt. Ende März sorgte Tadese mit einem Weltrekord über die Halbmarathondistanz für Furore. In Lissabon lief er 58:23 Minuten.
Auch breitensportlich ist London zumindest im Frühjahr die Nummer eins. Vor knapp einem Jahr konnten sich die Läufer für die Startnummern-Lotterie registrieren. Innerhalb von nur 64 Stunden hatten sich 120.000 Teilnehmer gemeldet, die in der britischen Metropole Marathon laufen wollten. Die Kapazitätsgrenze der Lotterie war in Rekordzeit erreicht. Gut 51.000 von ihnen wurde eine Startnummer zugelost.
Das zweite WMM-Rennen des Frühjahrs findet sechs Tage vor London in Boston statt. Die 114. Auflage des Traditionsrennens ist bei den Männern so stark besetzt wie seit einigen Jahren nicht mehr. Gleich 17 Läufer wurden verpflichtet, die Bestzeiten von unter 2:10 Stunden aufweisen. In dieser Hinsicht ist Boston die Nummer eins im April. Während Deriba Merga (Äthiopien/2:06:38) als Titelverteidiger ins Rennen um die 150.000-Dollar-Siegprämie geht, will Kursrekordler Robert K. Cheruiyot (Kenia/2:07:14) nach 2003, 2006, 2007 und 2008 zum fünften Mal in Boston gewinnen. Der Schnellste im Boston-Elitefeld, das in der Vergangenheit so oft von Kenianern dominiert wurde, kommt aus Marokko: Abderrahim Goumri hat eine Bestzeit von 2:05:30 Stunden.
Auch bei den Frauen ist eine Vierfach-Siegerin am Start: Die zweifache Weltmeisterin Catherine Ndereba (Kenia/Bestzeit 2:18:47) hat das Rennen 2000, 2001, 2004 und 2005 gewonnen. Sie trifft unter anderen auf die Vorjahressiegerin Salina Kosgei (Kenia/2:23:22) und Dire Tune (Äthiopien/2:24:40), die im vergangenen Jahr nur mit einer Sekunde Rückstand Rang zwei belegt hatte.
Den Anfang der Kette großer Frühjahrs-Marathonrennen machen am Sonntag nach Ostern Rotterdam und Paris. Während in Paris noch nicht bekannt gegeben wurde, welche Eliteläufer am Start sein werden, kehrt James Kwambai nach Rotterdam zurück. In einem dramatischen Zweikampf hatte er vor einem Jahr in Holland ganz knapp der Kürzeren gezogen. Als Zweiter wurde Kwambai einen Schritt hinter seinem Landsmann Duncan Kibet, der nun in London läuft, ebenfalls zum zweitschnellsten Läufer aller Zeiten (2:04:27). „Mit dem Ziel vor Augen hatte ich mich schon auf das Jubeln vorbereitet“, erinnert sich James Kwambai an die Situation vor einem Jahr, als er auf den letzten Metern das Rennen verlor.
So etwas wird ihm sicher nicht wieder passieren. Als schärfster Rivale gilt Vincent Kipruto (Kenia), der im vergangenen Jahr in Paris einen Kursrekord aufgestellt hatte und seine Bestzeit auf 2:05:47 Stunden verbesserte. Zwei Landsleute könnten für eine Überraschung sorgen: Patrick Makau Musyoki, der im vergangenen Jahr in Rotterdam bei seinem Debüt auf Anhieb 2:06:14 Stunden lief, und der Debütant Bernard Kipyego werden zu beachten sein.
Ein Mann, der bei den Europameisterschaften in Barcelona eine gute Rolle spielen könnte, will beim Wien-Marathon am 18. April starten: Der frühere Hindernisläufer Günther Weidlinger (Österreich) steigerte sich im vergangenen Herbst in Frankfurt bereits auf beachtliche 2:10:47. Allerdings hatte Weidlinger zuletzt aufgrund einer leichten Wadenverletzung einen Trainingsausfall. Ebenfall auf der Startliste steht mit Luke Kibet (Kenia) ein Läufer, der 2007 zunächst in Wien gewann und dann Weltmeister wurde. Gespannt blicken Österreichs Marathonfans auch auf das Frauenrennen, wo Andrea Mayr den Landesrekord auf unter 2:30 Stunden drücken möchte und zugleich möglichst dicht an Hellen Kimutai (Kenia/2:25:53) und die zweimalige Wien-Siegerin Luminita Talpos (Rumänien/2:26:43) herankommen möchte.
Alle Wettbewerbe zusammengerechnet, werden in Wien über 30.000 Läufer an den Start gehen. Damit ist das Rennen in Österreich das größte Frühjahrsrennen im deutschsprachigen Raum. Bis zu 20.000 Marathonläufer können in Hamburg starten. Wie das Elitefeld in diesem Jahr aussehen wird, stand bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht fest. In den Jahren bis einschließlich 2008 immer wieder hochklassig, hatte das Eliterennen nach dem Rückzug des ursprünglichen Titelsponsors entsprechend gelitten. „Wir mussten den Eliteetat den wirtschaftlichen Entwicklungen anpassen“, erklärt Race-Direktor Wolfram Götz, auch bei der 25. Auflage mit diesem gekürzten Etat auskommen muss. Immerhin gelang aber die Verpflichtung von Wilfred Kigen (Kenia/Bestzeit: 2:07:33).
Während Martin Beckmann (LG Leinfelden-Echterdingen) in Hamburg Marathon laufen möchte, steht Falk Cierpinski (SG Spergau) in Düsseldorf auf der Startliste. Bei den Frauen plant Melanie Kraus (Bayer Leverkusen) am Rhein ihren ersten Marathonstart seit sie vor einem Jahr an gleicher Stelle verletzungsbedingt nach wenigen Kilometern aus dem Rennen gegangen war. In Düsseldorf setzt man in diesem Jahr bewusst auf europäische Konkurrenz.
So könnte, was schnelle Zeiten an der Spitze betrifft, der Hannover-Marathon bei seiner 20. Auflage in den Blickpunkt rücken. Hier ist mit Samson Bungei (Kenia) der Zweitplatzierte des Köln-Marathons 2009 gemeldet (2:08:36). Er ist der Bruder des 800-m-Olympiasiegers Wilfred Bungei. Zudem startet ein weiterer Läufer mit einem prominenten Bruder: Edwin Kutto (Kenia), der 2009 in Köln als Tempomacher durchlief und 2:11:55 erreichte, ist der Bruder des Marathon-Weltmeisters Abel Kirui. Auch der frühere 3000-m-Hindernis-Weltrekordler Wilson Boit Kipketer (Kenia/2:11:07) läuft in Hannover, wo im Marathon rund 2.000 Meldungen erwartet werden (das wäre ein Plus von rund 40 %). Bei den Frauen stehen die Dublin-Marathon-Siegerin 2009, Kateryna Stetsenko (Russland/2:32:45), und Georgina Rono (Kenia/2:31:49) auf der Startliste.
DIE WICHTIGSTEN MARATHON-TERMINE IM FRÜHJAHR
11. April Rotterdam
Paris
Mailand
Zürich
18. April Wien
Nagano
Belgrad
19. April Boston
25. April London
Hamburg
Madrid
Enschede
2. Mai Düsseldorf
Hannover
9. Mai Prag
Die 10 besten Zeiten aller Zeiten
MÄNNER
2:03:59 Haile Gebrselassie ETH Berlin 2008
2:04:26 Haile Gebrselassie ETH Berlin 2007
2:04:27 Duncan Kibet KEN Rotterdam 2009
2:04:27 James Kwambai KEN Rotterdam 2009
2:04:53 Haile Gebrselassie ETH Dubai 2008
2:04:55 Paul Tergat KEN Berlin 2003
2:04:56 Sammy Korir KEN Berlin 2003
2:05:04 Abel Kirui KEN Rotterdam 2009
2:05:10 Samuel Wanjiru KEN London 2009
2:05:15 Martin Lel KEN London 2008
FRAUEN
2:15:25 Paula Radcliffe GBR London 2003
2:17:18 Paula Radcliffe GBR Chicago 2002
2:17:42 Paula Radcliffe GBR London 2005
2:18:47 Catherine Ndereba KEN Chicago 2001
2:18:56 Paula Radcliffe GBR London 2002
2:19:12 Mizuki Noguchi JPN Berlin 2005
2:19:19 Irina Mikitenko GER Berlin 2008
2:19:26 Catherine Ndereba KEN Chicago 2002
2:19:36 Deena Kastor USA London 2006
2:19:39 Yingjie Sun CHN Peking 2003
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