Prof. Dr. Helmut Digel ©Universität Tübingen
Die Deutsche Schulsportstiftung ist auf dem richtigen Weg – Helmut Digel
In der jungen Geschichte der Bundesrepublik hat Sport nur ganz selten einen prioritären Platz in den Tagesordnungen der Kultusministerkonferenz eingenommen. Umso bemerkenswerter ist es, wenn in diesen Tagen die Deutsche Schulsportstiftung auf einen außergewöhnlichen Erfolg hin-weist, der vor allem den Kultusministern der Länder zu verdanken ist. Der Wettbewerb „Jugend trainiert für Olympia“ findet nunmehr im fünften Jahrzehnt statt.
Mehr als 800.000 Schülerinnen und Schüler nehmen dabei jährlich an diesem Wettbewerb teil. Vor allem in jüngster Zeit sind neue Sportarten hinzugekommen, mittlerweile werden Wettbewerbe in 16 Sportarten ausgetra-gen. Zu den neuesten Errungenschaften gehört der paralympische Wettbewerb, der bereits bei seiner Premiere große Erfolge und höchste Resonanz aufzuweisen hat.
In der erziehungswissenschaftlichen Diskussion über das öffentliche Schulwesen hat das Pro-blem der Inklusion seit mehreren Jahren eine besondere Beachtung bekommen. Die Deutsche Schulsportstiftung hat sich diesem Thema sehr praxisnah zugewandt und so ist es möglich, dass in diesem Jahr zum ersten Mal gemeinsame Finalentscheidungen für behinderte und nichtbehin-derte Schülerinnen und Schüler in Berlin stattfinden können. Der Deutsche Olympische Sportbund weiß diese besondere Leistung zu würdigen.
Immer mehr Spitzenfachverbände erkennen die besondere Bedeutung des Wettkampfes „Jugend trainiert für Olympia“ und kooperieren auf kommunaler, regionaler und nationaler Ebene mit jenen Schulen und Lehrern, die sich um diesen Wettbewerb bemühen.
Das Wettkampfprogramm wurde in Zusammenarbeit mit den Spitzenfachverbänden modernisiert und den neuen schulischen Herausforderungen angepasst. Es wurden aber auch die besonderen Bedingungen in den jeweiligen Sportarten berücksichtigt, die teilweise einem erheblichen Wandel unterliegen. Vorbildlich haben sich dabei der Deutsche Skiverband und der Deutsche Turnerbund engagiert. In jüngster Zeit hat der Deutsche Leicht-athletikverband ein neues Kinderprogramm verabschiedet. Die für den Schneesport gefundenen Wettkampflösungen wurden beispielsweise mit dem FIS Award 2012 ausgezeichnet.
Wer bei den Finalwettbewerben in Schonach im Schwarzwald die Schülerinnen und Schüler bei diesem besonderen Schneesportwettbewerb hat beobachten können, für den ist diese Auszeichnung mehr als naheliegend. Die Entwicklung im Schneesport verweist stellvertretend auf die ideenreiche Weiterentwicklung der Wettkämpfe, wie sie von Kreis- über Landesebene bis hin zum Bundesfinale ausgerichtet werden. Selbst China hat mittlerweile Interesse an diesem Wettbewerb gezeigt. In den internationalen Schulsportgremien wird der deutsche Schulsportwettbewerb mit großer Aufmerksamkeit verfolgt.
Angesichts solcher Erfolge kann es kaum überraschen, dass auch immer mehr Sponsoren die besondere Bedeutung dieses Schülerwettbewerbs erkannt haben. Beispielhaft hervorzuheben ist dabei die Deutsche Bahn, Dank ihrer Unterstützung können Tausende von Schülern zum Finale nach Berlin reisen. Besonders wichtig ist dabei, dass die Deutsche Schulsportstiftung mit ihren starken Partnern aus der Wirtschaft in wirtschaftlich schwierigen Zeiten diesen beispiellosen Wettbewerb in eine sichere Zukunft führen kann. Die finanzielle Situation der Deutschen Schulsportstiftung ist aktuell und mittelfristig stabil. Die Schulsportstiftung, so kann man es akzentuiert betonen, ist zukunftsfähig, genauso wie dies für den Wettbewerb selbst gilt.
Es wäre jedoch ein Fehler, wenn sich die Stiftung auf ihren Meriten stolz ausruhen würde, ohne sich den neuen Herausforderungen zu stellen, die längst sowohl die Schule als auch den Sport betreffen. Deshalb sind für eine nachhaltige Absicherung der Wettkampfformate effizientere Arbeitsstrukturen gesucht und die gemeinsame Verantwortung von Sport und Schule für die Weiterentwicklung dieses Wettbewerbs muss sich in neuen Reformen und modernen Arbeitsweisen bewähren. Eine verstärkte mediale Präsenz ist dabei dringend angeraten.
Besonders wichtig ist es, dass die sich wandelnden Bedürfnisse und Interessen der Schülerinnen und Schüler berücksichtigt werden. Die gesellschaftlichen Entwicklungen und Konstellationen im deutschen Bildungswesen sind dabei genau zu beobachten.
Nicht weniger bedeutsam sind die Entwicklungen im Sport selbst. Neue Sportarten sind entstanden, andere haben ihre Bedeutung verloren, traditionelle Sportarten bedürfen einer besonderen Aufmerksamkeit und Pflege. Der Wettbewerb muss sich noch entschiedener auf die Bedingung der Ganztagesschule und den neuen Betreuungsformen von Schülerinnen und Schülern ein-lassen.
Auch die Verkürzung der Schulzeit hat Folgen, die zu beachten sind. Ebenso muss die Frage der Inklusion unter organisatorischen Gesichtspunkten immer wieder neu beantwortet werden. Deshalb sind neue Wettkampfformate zu suchen und neuen Sportarten muss die Gelegenheit gegeben werden, dass sie sich als wünschenswerte Ergänzung des Wettbewerbs „Jugend trainiert für Olympia“ präsentieren können.
Der Wettbewerb „Jugend trainiert für Olympia“ ist ohne Zweifel eine pädagogisch und didaktisch sinnvolle Institution, deren Quantität und Qualität kontinuierlich auf den Prüfstand zu stellen ist. Unter sportpolitischen Gesichtspunkten ist dieser Wettbewerb jedoch auch ein geeigneter Nährboden um die Idee des Olympismus in der deutschen Gesellschaft zu pflegen. Gerade vor dem Hintergrund einer möglichen erneuten Bewerbung um Olympische und Paralympische Spiele in Deutschland ist der Wettbewerb sportpolitisch unverzichtbar.
Diese Bedeutung wird der Wettbewerb allerdings nur dann erhalten können, wenn er sich neuer Kommunikationsinstrumente bedient, sich mit neuen inhaltlichen Schwerpunkten in der Öffentlichkeit präsentiert und wenn der Wettbewerb selbst für die Deutsche Schulsportstiftung immer wieder von Neuem Anlass ist, um weitere Aufgabengebiete zu kreieren, in denen der Bildungswert von Sport, Spiel und Bewegung für die Deutsche Gesellschaft herausgestellt wird.
Ein erster Schritt in diese Richtung kann in der erfolgreichen Einführung eines bundesweiten Schülermentoren-Programmes gesehen werden. Ein deutscher Schulstaffeltag könnte ein weiterer Meilenstein sein. Weitere Schritte sind notwendig und dringend erwünscht. Hierzu bedarf es Kreativität. Doch bedarf es vor allem auch einer noch intensiveren Zusammenarbeit zwischen Schule und Verein und bewusstseinsbildender Maßnahmen für all jene, die als Lehrer oder als Schulleiter in direkter Verantwortung gegenüber Schülern, Eltern und Schulen stehen
Prof. Dr. Helmut Digel
Quelle: DOSB