Und ins Ziel kamen am Ende wohlbehalten 6859 Teilnehmer, das waren 2% mehr als im Vorjahr.
Die BIG25 2011: Weltrekordjagd in Berlins Straßen
Nach dem einmaligen 30. Jubiläum des 25km-Laufs durch die Straßen Berlins mit einem denkwürdigen Doppel-Weltrekord bei Frauen und Männern auf hohem Niveau hatte man in diesem Jahr hohe Erwartungen gedämpft, 2010 ist kaum zu wiederholen.
Bei den Frauen lag man diesbezüglich auch richtig, wo eine Siegerin aus den letzten Jahren, Flomena Chepchirchir (KEN), eine solide Leistung auf das Pflaster legte und überlegen mit persönlicher Bestzeit von guten 1:23:22 siegte. Von welcher Klasse die Weltrekordmarke von Mary Keitany aus dem Vorjahr allerdings ist, kann man an der Tatsache ersehen, dass Flomena noch nicht einmal die 24 km Marke passiert hatte, als die Weltrekordzeit von 1:19:53 bereits abgelaufen war. Aber Mary Keitany war schon letztes Jahr und ist erst recht aktuell eine Ausnahmekönnerin der Straßenlaufszene.
Bei den Männern lagen die Dinge anders, schon im Vorfeld war es dem Athletenkoordinator Christoph Kopp wieder gelungen, ein Weltklassefeld in Berlin an den Ablauf zu bringen, das hervorragende Leistungen erwarten ließ. Als aber am Sonntag die Sonne sich in voller Pracht präsentierte und sich die Temperaturen der 20°C-Marke näherten, dachte an die Verbesserung von Sammy Kosgeis Bestmarke niemand mehr. Wohl auch nicht Christoph Kopp, der hatte es nämlich vorgezogen, beim gleichzeitig stattfindenden Düsseldorf-Marathon vor Ort zu sein und wurde vom bekannten holländischen Manager Gerard van de Veen bestens vertreten.
Nachdem es auf den ersten zwei km noch ganz normal verlief, die man in 5:55 passierte, ging die Jagd auch ohne zusätzliche Tempomacher nach der 3 km Marke los. Man lief jetzt auch gegen einen leichten Wind die km-Abschnitte um oder unter 2:50, so dass man bereits bei 5 km in tollen 14:17 deutlich unter der Durchgangszeit beim Weltrekord lag (14:33). Auch danach konnte man das hohe Tempo halten, zunächst Eliud Kiptanui, dann Kisorio und Metebo machten das Tempo. Und vor Erreichen des Brandenburger Tors war die Jagd auf den Weltrekord in vollem Gang.
Mit 28:28 bei 10 km war man über eine halbe Minute schneller als Sammy Kosgei 2010 (29:01). Auch im Tiergarten wurde man kaum langsamer, bei 15 km an der Urania hatte man 42:44 (WR 43:08), wo sich Kisorio bereits absetzen konnte. Levi Matebo konnte auf dem Kurfürstendamm noch einmal kurz zum Führenden aufschließen, fiel aber nach bei einer weiteren Temposteigerung Kisorios deutlich zurück.
Die zweite Hälfte war man im letzten Jahr sehr schnell gelaufen, so wunderte es auch nicht, dass Kisorios Vorsprung auf die Bestmarke schrumpfte. Aber nach 57:17 bei 20 km (WR 57:23) und vor allem auch nach dem scharfen Anstieg von der Kantstraße zur Halbmarathonmarke auf dem Theodor-Heuss-Platz in sehr guten 1:00:39 (WR 1:00:43) lag Kisorio immer noch vorne, und es wurde richtig spannend als er bei 23 km noch einen Vorsprung von 2 Sekunden hatte.
Doch auf den letzen beiden km war dann der Weltrekord schnell dahin. Während Sammy 2010 den Part von 23 km nach 24 km vor dem Olympiastadion in tollen 2:55 zurücklegte, setzte Mathew der kleine Anstieg, die zu überholenden 10 km Läufer sowie der vom Führungsfahrzeug aufgewirbelte Staub auf einer kurzen Schotterstrecke merklich zu. Er war hier 9 Sekunden langsamer als Kosgei, der dann abschließend in 2:41 für den letzten km ins Ziel stürmte.
Mathew war sprichwörtlich „platt" und lief „nur" noch eine 2:57. Seine 1:12:13 waren trotzdem eine Leistung von absoluter Weltklasse, nur zwei Männer (im letzten Jahr) waren jemals schneller. Auch die weiteren Zeiten waren herausragend: Levi Matebo lief als Zweiter 1:12:46 und der hoch gehandelte Eliud Kiptanui konnte sich nach einer Schwächeperiode in der Mitte des Laufs wieder fangen und lief als Dritter in 1:12:59 auch noch unter 1:13.
Nach weiteren Topathleten wurde es allerdings an der Spitze recht dünn, gerade einmal 14 Läufer blieben unter 1:30. Auch das Niveau der engagierten Breitensportler wird nicht nur in Berlin immer dünner: Nur 56 Läufer schafften den 4er-Schnitt, d.h. 1:40.
Der Vorjahres-Weltrekordler von Berlin Sammy Kosgei lief gleichzeitig den Marathon in Prag und wurde dort Dritter, sein "Fernduell" zwischen Eliud Kiptanui (BIG25) und ihm endete „unentschieden“. Auch Kiptanui wurde in Berlin Dritter.
Und ins Ziel kamen am Ende wohlbehalten 6859 Teilnehmer, das waren 2% mehr als im Vorjahr.
Es geht aufwärts mit den BIG, was man den rührigen Organisatoren um Race Director Gerd Janetzky auch nur von Herzen wünschen kann. Sowohl von den Weltklassen-Leistungen an der Spitze als auch von der Stimmung an der Strecke und vor allem im Olympiastadion hat man wieder hohe Maßstäbe gesetzt. Keine Frage, die BIG25 haben sich international als Veranstaltung auf höchstem Niveau fest etabliert.
Deshalb ist schon traurig, ja fast blamabel, dass die öffentlich-rechtlichen TV Medien – die tragen in Berlin den Namen „rbb" – dies nicht realisieren. Neben dem Auftrag, die Gesellschaft adäquat abzubilden – dem man mit Fußball durch alle Ligen in einem „Sportplatz" sehr bedingt nachkommt – sollte man sich dort endlich dazu durchringen, diese einmalige Veranstaltung, die zudem noch den ältesten deutschen Straßenlauf durch eine Innenstadt darstellt, angemessen zu unterstützen.
Die BIG25 haben das verdient!
Helmut Winter
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