Die U 23-Juniorinnen Heike Bienstein, Ingalena Heuck, Julia Hiller und Katharina Becker holten mit 57 Punkten hinter Großbritannien (24) und Russland (44) die Bronzemedaille noch vor so starken Nationen wie Irland, Spanien, Frankreich, Portugal und Italien!
Deutsche Läufer 2009: Facettenreich und von einigen Erfolgen geprägt – DLV-Teams im internationale Auftreten auf der Straße, im Gelände, am Berg und auf den Ultradistanzen – Wilfried Raatz beleuchtet die Szene in Kurzform
Die deutsche Laufszene produziert auf der Straße hervorragende Veranstaltungen, gleichgültig ob es die international hoch angesehenen Marathonläufe in Berlin, Hamburg oder Frankfurt oder Straßenläufe auf unterschiedlichen Distanzen wie in Berlin, Würzburg, Paderborn, Darmstadt, Hamburg oder Stuttgart sind.
Das Sahnehäubchen dabei heuer zweifellos die Lauf- und Gehwettbewerbe der Leichtathletik-WM in Berlin. Die begeisterungsfähige Kulisse rund um das Brandenburger Tor dürfte kaum mehr zu toppen sein.
Steigerungsfähig hingegen die Leistungen unserer besten Langstreckler. Ohne der als Medaillenanwärterin gehandelten Irina Mikitenko, die wegen des Todes ihres Vaters auf einen Start verzichtet hatte, ließen sich die DLV-Läufer nicht vom WM-Fieber anstecken und enttäuschten bis auf die erst auf der zweiten Streckenhälfte ins Rennen gekommenen Sabrina Mockenhaupt (17.) und André Pollmächer (18.).
Straßen-Titelkämpfe an den Rand gedrängt
Die nationalen Straßen-Titelkämpfe fanden kaum mediales Interesse, zumal eher in Randlagen platziert oder im langen Schatten großer Stadtlaufveranstaltungen wenig transparent. Im dritten Jahr in Folge gab es für die wenigen an den Titelkämpfen interessierten Marathonis in der Karnevalshochburg Mainz den Showdown. In der kurzen Folge nach Hamburg und Düsseldorf fielen die leider wenig beachteten Titel diesmal an Bernadette Pichlmaier und Stefan Koch. Auffallend dabei die starke Vorstellung der 40jährigen Läuferin von der LG Mittlere Isar, die sich auf 2:38:44 steigern konnte und dabei die junge Julia Viellehner (noch einmal) im Griff hatte.
Für Koch jedenfalls sind die 2:20:34 eher undiskutabel, reichten aber nach dem im Herbst des Vorjahres erzielten 2:15:38 für eine WM-Nominierung. In Aichach bei Augsburg ging es am Vorabend des großen Berliner Halbmarathons auf einem holprigen Kurs und einem nicht im Bilde befindlichen Kampfgericht um die nationalen Titel auf der 21,097 km-Distanz. Dabei wurde André Pollmächer erstaunlich lange von einem bestgelaunten Steffen Justus attackiert, ehe der Titel des talentierten Chemnitzers feststand.
Ganz im Norden Deutschlands ging es in Otterndorf im Herbst um die 10 km-Titel. Mit Arne Gabius setzte sich dabei ein Baumann-Schützling durch, der ganz im Stil seines „großen Meisters“ neben Halle, Cross, 5000 m und 10 km eine stattliche Bilanz für 2009 vorzuweisen hat – aber leider bei der „Heim“-WM in Berlin sang- und klanglos untergegangen ist.
Großes deutsches Cross-EM-Aufgebot mit Achtungserfolgen
Mit einer Medaille hatte man beim DLV im Vorfeld der Cross-EM geliebäugelt – und diese dann auch in Brüssel gewonnen. Die U 23-Juniorinnen Heike Bienstein, Ingalena Heuck, Julia Hiller und Katharina Becker holten mit 57 Punkten hinter Großbritannien (24) und Russland (44) die Bronzemedaille noch vor so starken Nationen wie Irland, Spanien, Frankreich, Portugal und Italien!
Im Showdown der europäischen Querfeldeinläufer auf dem idyllisch gelegenen Parc de Laeken im Herzen der belgischen Hauptstadt schlug sich der DLV-Nachwuchs mit Alexander Hahn und Heike Bienstein auf den Plätzen 4 und 6 ebenso prächtig wie die U 20-Teams, die als Sechste und Fünfte den schwächeren Auftritt der älteren Jahrgänge in den Hintergrund drängen konnten. „Wir haben in Brüssel nicht zuletzt durch unsere Juniorinnen gezeigt, dass auch wir Cross laufen können“, freute sich DLV-Langstreckentrainer Detlef Uhlemann.
Erstmals war dabei der DLV mit einem kompletten Aufgebot für alle sechs Wettbewerbe an den Start gegangen.
Medaille auf der Berglauf-Lang-Distanz
Einen vorzüglichen Abschluss gab es für die deutschen Bergläufer bei der World Mountain Running Long Distance Challenge. Inmitten des Wilden Kaiser-Gebirges zeigten sich die DLV-Starter auf der 42 km langen „Kaisermarathon“-Strecke mit 2 150 Höhenmetern gegen starke Konkurrenz gut aufgestellt und holten mit Alexandra Bott, Britta Müller und Veronika Ulrich nach dreijähriger Fehlanzeige bei einem internationalen Championat endlich wieder eine Medaille und verhalfen dem deutschen Berglauf zu einem eher versöhnlichen Saisonabschluss.
Während die Männer in Tirol mit Marco Sturm, Josef Beha und Martin Schedler trotz guter Mannschaftsleistung Bronze hinter Kenia, England und Schottland knapp verpassten, machten es die deutschen Frauen besser. Bei ihrem Comeback nach dreijähriger Berglauf-Auszeit kehrte Alexandra Bott stark zurück und belegte als beste deutsche Läuferin Rang elf, dicht gefolgt von Britta Müller. Die auf der ersten Streckenhälfte stark laufende Veronika Ulrich fiel auf Rang 19 zurück. Dennoch reichte es zu Rang drei hinter den überlegenen Russinnen und Australierinnen.
Eine überraschend starke Partie lieferte Marco Sturm ab, der im Ziel als Fünfter auf der Hohen Salve einkam, nachdem er zu Beginn des steilen Schlussanstiegs drei Kilometer vor dem Ziel als Dritter sogar auf Medaillenkurs lag. „Wir können mit dem Abschneiden unserer Bergläufer sehr zufrieden sein“, so Berglauf-Chef Wolfgang Münzel, „denn bis auf Britta Müller und Martin Schedler haben wir nur Läufer eingesetzt, die im Wettkampf wesentlich kürzere Distanzen zurücklegen, sich aber sehr konzentriert auf diese Titelkämpfe vorbereitet haben!“
Timo Zeiler in der Weltklasse angekommen
Mit einer Reihe von spektakulären Siegen und vorzüglichen Resultaten in Mölten, Grabs, auf der Bettmeralp, am Karwendel und in Sexten und Bergen konnte Timo Zeiler seine Zugehörigkeit zur Weltklasse untermauern. Der WM-Siebte des Vorjahres zeigte sich dabei gegen die Etablierten wie Jonathan Wyatt, Marco de Gasperi und Marco Gaiardo ebenbürtig und ist derzeit der einzige deutsche Hoffnungsträger bei internationalen Anlässen. Bei der (bergauf führenden) EM in Telfes im Stubaital verpasste der 27jährige von der Schwäbischen Alb als Vierter (noch) hauchdünn eine Einzelmedaille. Die DLV-Teams blieben als Achte (Frauen, Männer) und Neunte (Junioren) hinter den Erwartungen zurück.
Während sich afrikanische Läufer mit bislang eher bescheidenen Erfolgen in der Berglaufszene tummelten, änderte sich dieser Eindruck bei der ersten Berglauf-Weltmeisterschaft im italienischen Campodolcino grundlegend, da diese auf dem Bergauf-bergab-Parcours ihre läuferische Überlegenheit ausspielen konnten. Für die meisten europäischen Teams (wie auch für das DLV-Team) blieben nicht zuletzt deshalb Plätze im erweiterten Mittelfeld.
Erfolge trotz aller Querelen
Mit einer überraschenden Silbermedaille kehrten die deutschen Ultraläufer von den 100 km-Europameisterschaften, die zusammen mit dem IAU-Weltcup bei der „30de Nacht Van Vlanderen“ ausgetragen wurden, aus dem belgischen Torhout zurück.
In der Besetzung Branka Hajek, Tanja Hooß und Simone Stöppler belegten die DLV-Frauen hinter Russland Rang zwei, in der Weltcup-Wertung wurden die Frauen hinter USA, Russland und Japan Vierter. Nur knapp verpasste dabei Branka Hajek als Vierte eine weitere EM-Medaille. Die Männermannschaft wurde hingegen beim Weltcup nur Siebter, bei der EM reichte dies zu Rang fünf. Als bester DLV-Starter wurde André Collet beim Weltcup Dreizehnter, bei der EM Neunter.
Abgerundet wird die gute Bilanz im Ultralaufbereich, der allerdings genau so stark durch Querelen im Funktionärsbereich auf sich aufmerksam gemacht hatte, durch fünf Medaillen bei der 24h World and European Challenge in Bergamo.
Herausragend dabei Ralf Weis, der hinter dem Schweden Henrik Olsson jeweils Zweiter wurde. Eine weitere Medaille gab es bei der Ultra-Trail-WM in Serre Chevalier (Frankreich) durch den auf Rang drei einlaufenden Matthias Dippacher.
Wilfried Raatz