Bei den Frauen gewann die gebürtige Äthiopierin Eleni Gebrehiwot (TV Wattenscheid) in nicht minder souveräner Weise vor Sabrina Mockenhaupt (LG Sieg) und der Hallen-EM-Zweiten Corinna Harrer (LG Telis Finanz Regensburg). ©Norbert Wilhelmi
Deutsche Crossmeisterschaften 2013 in Dornstetten – Richard Ringer und Eleni Gebrehiwot deutsche Crossmeister – Wilfried Raatz berichtet
In beeindruckender Manier setzten sich bei den Deutschen Crossmeisterschaften in Dornstetten im Nordschwarzwald mit dem 24jährigen Richard Ringer (LC VfB Friedrichshafen) vor dem 25jährigen Manuel Stöckert (TSV Ostheim) zwei junge Läufer eindrucksvoll in Szene durch, so dass schon mancher Insider am Rande der sehr selektiven, aber zugleich auch abgelegenen Strecke an der Dornstetter Umgehungsstraße von einer „Wachablösung“ gesprochen hat.
Bei den Frauen gewann die gebürtige Äthiopierin Eleni Gebrehiwot (TV Wattenscheid) in nicht minder souveräner Weise vor Sabrina Mockenhaupt (LG Sieg) und der Hallen-EM-Zweiten Corinna Harrer (LG Telis Finanz Regensburg).
Im Mittelstreckenrennen der Männer dominierten mit Florian Orth und Philipp Pflieger zwei Läufer der LG Telis Finanz Regensburg, die mit sieben Meisterschaften im Nordschwarzwald mächtig abräumten und ihre Vormachtstellung in Deutschland eindrucksvoll untermauern konnten.
Richard Ringer war spätestens nach der Streckenhälfte „Chef im Ring“.
Der 24jährige Langstreckler des LC VfB Friedrichshafen stellte sich in einer exzellenten Verfassung in Dornstetten vor und übernahm resolut die Spitze des mit 36 Läufern zahlenmäßig kleinen Starterfeldes. Arne Gabius (LAV Stadtwerke Tübingen) war zu diesem Zeitpunkt wegen muskulärer Probleme schon nicht mehr im Rennen („Es hat zweimal im Muskel bedenklich gezuckt, deshalb bin ich lieber gleich ausgestiegen. Ich hatte mich eigentlich zurückgehalten und habe mich im Prinzip gut gefühlt!“)
In einer kleinen Verfolgergruppe hinter dem Meter um Meter enteilenden Richard Ringer sorgte vor allem der eigentliche Bergläufer Manuel Stöckert (TSV Ostheim) für Druck, denn Steffen Uliczka (TSV Kronshagen/ Kieler TB) schien nicht in der Form vergangener Crossauftritte angereist. Manuel Stöckert löste sich letztlich auch vom zweifachen Crossmeister und wurde Zweiter („Das war mit Abstand mein bestes Crossrennen“), dann Steffen Uliczka und Michael Schramm, der in seinem ersten „Männerjahr“ ein überaus mutiges Rennen lief.
„Eigentlich ist dies für mich ein Überraschungssieg, denn es waren ziemlich viele Hochkaräter am Start. Doch im Cross werden die Karten immer wieder neu gemischt!“ Der 24jährige, der sich im Winter wegen seines Bachelor-Abschlusses wettkampfmäßig stark zurückgehalten hatte, kann nun mit einer Halbtagsstelle im Rücken auf eine gute Bahnsaison hoffen. „Ich wäre gerne bei der Team-EM dabei. Die WM-Norm von 13:15 Minuten ist nicht greifbar. Auf der anderen Seite ist aber auch ein Sprung um 20 Sekunden machbar, wie es Arne vorgemacht hat!“ In der eigentlich nur kurzen Wintersaison hat Richard Ringer allerdings mit gleich zwei Meistertiteln das Maximum eingefahren, denn nach dem überraschenden Erfolg in der 3 x 1000 m-Staffel kommt nun der Sieg auf der Cross-Langstrecke hinzu.
Erfolgreiche Titelverteidigung für Eleni Gebrehiwot
Um es vorweg zu sagen, das Duell zwischen Eleni Gebrehiwot, Sabrina Mockenhaupt und Corinna Harrer fand nicht statt, denn dieses war bereits nach der kleinen Einführungsrunde entschieden. Dann machte die aus Äthiopien stammende Wattenscheider Läuferin Ernst und war der kleinen aber feinen Spitze enteilt. Von nun an war es ein einsames Rennen, das Trainer Tono Kirschbaum schlicht und einfach kommentierte: „Das war schon überzeugend. Eleni hat in den letzten Wochen sehr gut trainiert und war natürlich auch auf diesem Boden gewichtsmäßig im Vorteil!“
Mit 21:21 Minuten war es letztlich eine klare Angelegenheit für Eleni Gebrehiwot, die damit ihren in Ohrdruf gewonnenen Titel erfolgreich verteidigen konnte. Ebenso sichere Zweite wurde Sabrina Mockenhaupt vor Corinna Harrer, die vor Wochenfrist in Göteborg überraschend Hallen-EM-Silber über 3000 m geholt hatte. „Natürlich hätte ich heute gerne Mocki etwas geärgert, aber diese Berge…“ gestand Corinna Harrer, die aber U 23-Meisterin werden konnte. Für die 22jährige war dies somit eher die Abrundung einer überaus erfolgreichen Wintersaison. „Da fällt es schon schwer, sich noch einmal zu konzentrieren. Normalerweise wären zur Vorbereitung einige Crossläufe wichtig gewesen!“
Trotz einer klaren Niederlage war Sabrina Mockenhaupt keineswegs unzufrieden. „Ich bin super mit dem Rennen zufrieden. Es war eine starke Trainingseinheit – nicht mehr und nicht weniger. Schließlich bin ich in der Marathonvorbereitung auf Boston! Die drei Rennen mit dem 10er in Leverkusen, dem Cross und dem Halbmarathon in der kommenden Woche in New York habe ich drei Rennen, die sollen mir einfach etwas Schwung geben. Und das ist mir auch bis jetzt schon gut gelungen!“
Ein unauffällig, aber eminent effektives Rennen lief Gesa-Felicitas Krause (LG Eintracht Frankfurt), die mit einem starken zweiten Abschnitt bis auf sieben Sekunden an Corinna Harrer als Vierte heranlaufen konnte. Interessant wäre es sicherlich gewesen, wenn Anna und Lisa Hahner ihre Meldung für die DM-Titelkämpfe eingehalten hätten, doch beide zogen die Zuschauerrolle dem harten Crosseinsatz vor. „Es wäre zu hart nach der Rückkehr aus dem Trainingslager in Kenia gewesen“, erklärte dazu DLV-Trainerin Katrin Dörre-Heinig, „schließlich ist heute der neunte Tag nach unserer Rückkehr aus der Höhe!“
Florian Orth: Cross-Titel als Entschädigung für entgangenes EM-Finale
Das Strahlen wollte bei Florian Orth nicht aus dem Gesicht weichen, denn der Regensburger Mittelstreckler lief ein derart souveränes Rennen auf der 4.300 m langen Mittelstrecke, dass selbst die Konkurrenz nicht mehr aus dem Staunen heraus kam. „Dass ich nach der Halle auch den Cross gewinnen würde, damit habe ich nun nicht gerechnet“, gestand 24jährige, „zumal mir die Strecke wie ein Marathon vorkam!“
Doch „Marathonmann“ Orth konnte sich bereits in der ersten von zwei großen Crossrunden von seinen Verfolgern wie Carsten Schlagen, Philipp Pflieger, Rico Schwarz und dem Titelverteidiger Tobias Gröbl lösen. „Komisch ist eigentlich, dass ich das Renntempo nicht verschärft habe, sondern einfach weiter mein Tempo gelaufen bin!“ Mit 13:29 Minuten lag Florian Orth zwar letztlich nur vier Sekunden vor den Verfolgern, aber der Vorsprung war letztlich mehr als beruhigend.
„Das ist für mich eine kleine Entschädigung für das etwas enttäuschende Abschneiden bei den Hallen-Europameisterschaften, bei denen ich knapp am Endlauf vorbei gelaufen bin! Aber für die Crossmeisterschaften war es letztlich ein Vorteil, denn ich hatte ein Rennen weniger und ein Tag mehr Pause!“ Doch die Entschädigung ist eher als sekundär anzusiedeln, schließlich stand für Florian Orth der Fokus eindeutig auf der Halle und weniger auf dem Cross.
Mit Orths Teamkollegen Philipp Pflieger und dem Erfurter Rico Schwarz setzten sich zwei erfahrene Läufer im Kampf um die weiteren Medaillen durch, die aus den unterschiedlichsten Gründen mit ihrer Leistung überaus zufrieden sein konnten. „Nach Achillessehnenproblemen musste ich auf die Halle und auf den Cross verzichten. Deshalb freut mich die Vizemeisterschaft!“ Und Rico Schwarz? „Ich bin super glücklich. Das Rennen war so brutal, weil Philipp und ich uns ständig gekitzelt haben und dadurch die Konkurrenz ziemlich geärgert haben! Für mich stand bislang eher die Ausbildung im Vordergrund, vielleicht ist dies auch die Initialzündung im Sport!“ Nur eine Runde lang war Carsten Schlangen auf der Höhe des Geschehens, dann musste der Berliner dem hohen Tempo auf dem selektiven Kurs Tribut zollen. Als Sechzehnter lag er deutlich hinter seinen eigenen Erwartungen zurück.
Dank seiner größeren Grundschnelligkeit gewann Nico Sonnenberg (LG Eintracht Frankfurt) den U 23-Titel über 6.200 m vor Jonas Koller (LG Telis Finanz Regensburg), Tom Gröschel (LAV Fiko Rostock) und Karsten Meier (LG Braunschweig), der lange Zeit das Tempo bestimmt hatte.
GRR-Nachwuchs-Preisträgerin Maya Rehberg holt dritten Jugendtitel in Folge
Ernsthafte Zweifel am dritten Sieg in Folge für Maya Rehberg musste man im U 20-Rennen (4.300 m) partout nicht haben. Die 19jährige Abiturientin zeigte dann auch mit einem Soloauftritt mehr als deutlich, dass sie den dritten Sieg in Dornstetten unbedingt haben wollte. „Es ist natürlich schwer, alleine vorweg laufen zu müssen. Von daher ist natürlich dieses Rennen anstrengend gewesen!“
Mit 16:13 Minuten lag die Cross-EM-Dritte 40 Sekunden vor der zweitplatzierten Hann Hoss (LC Rothaus) und weitere vier vor Melina Buil (SV Sonsbeck). „Die Strecke ist allerdings auch echt anspruchsvoll. Ich wohne zwar im ‚Flachland’, aber auch hier haben Hügel, die habe ich schon ins Training eingebaut“, gestand Maya Rehberg, die wegen Knieproblemen in den Wintermonaten etwas kürzer treten musste. Am Rande der Deutschen Crossmeisterschaften wurde sie übrigens mit dem Nachwuchs-Förderpreis des Vereins German Road Races für die überragende Saison 2012 ausgezeichnet.
„In der Halle bin ich taktisch schlecht gelaufen, daraus habe ich gelernt“ freute sich der neue U 20-Crossmeister Abdi Uya Hundessa im Ziel des 6.200 m langen Rennens. Der aus Äthiopien stammende 18jährige lebt in Weilburg und trainiert unter den Fittichen von Bernd Meuser beim LC Mengerskirchen – und schaffte scheinbar mühelos den Übergang von den 800 m-Hallenrennen zum Cross. Elf Sekunden lief er in einer halben Runde gegenüber den Verfolgern mit Johannes Motschmann (SC Magdeburg) heraus.
Wegen Kniebeschwerden war der Schützling von Trainer Jürgen Eberding bis Wochenmitte nicht einmal sicher, ob er überhaupt an den Start gehen konnte. „Ich habe es dann eher für die Mannschaft getan!“ Und diese gewann mit 24 Punkten souverän vor dem LAC Quelle Fürth (55).
Zwei überragende Sieger gab es bei den U 18-Wettbewerben (4.300 m) mit Alina Reh (TSV Erbach) und Kidane Tewolde (SSC Hanau-Rodenbach), die dem Rennen derart das Gepräge gaben, dass die Abstände mit 26 bzw. 8 Sekunden deutlich waren.
Massive Kritik wurde allerdings am Rande der Titelkämpfe in Dornstetten laut.
„Das war würdelos für eine Deutsche Meisterschaft“, wetterte Regensburgs Erfolgscoach Kurt Ring. „Nichts gegen den Veranstalter, aber die Streckendistanzen waren angesichts des Streckenprofils zu lang. Die Strecke war extrem zuschauerunfreundlich und durch die Auslagerung der Siegerehrung fehlte jegliches Ambiente. Der DLV sollte sich einmal überlegen, ob er seine Läufer eigentlich noch braucht!“
Nicht vorhandene Startnummern-Markierungen für die in einem Lauf zusammen gestartete Wertungsklassen machte den Überblick zudem unmöglich. Nicht auszudenken, wenn der nach Schluss der Veranstaltung niedergehende Regen schon während der Wettbewerbe eingesetzt hätte.
„Der DLV sollte sich einmal Meisterschaften wie in Großbritannien ansehen, was dort alles gemacht wird, um die Zuschauer an die Strecke zu locken“, so Ring.
Wilfried Raatz