Großes DLV-Team, aber keine Medaillenanwärter in San Giorgio su Legnano am Start – Sergiy Lebid vor siebtem Crosstitel? Offenes Rennen bei den Frauen erwartet – Bundestrainer Uhlemann hofft auf gutes Abschneiden bei U 23-Premiere
Deutsche Crossläufer mit gedämpftem Optimismus zur EM 2006 in Italien – Keine zielgenaueren Prognosen über das Abschneiden des deutschen Teams durch den Bundestrainer
Die unerwarteten Goldmedaillen durch Jan Fitschen und Ulrike Maisch bei den Leichtathletik-Europameisterschaften in Göteborg über 10 000 m und im Marathonlauf sind keineswegs als der erhoffte Aufbruch zu neuen deutschen Lauferfolgen bei den Cross-Europameisterschaften im italienischen San Giorgio su Legnano zu werten.
„Wir treten in Italien mit dem Ziel einstellige Mannschaftsplatzierungen an“, verrät Bundestrainer Detlef Uhlemann die Ausgangssituation und weist damit voreilige Spekulationen über mögliche weitere Erfolge auf den Laufstrecken weit von sich. Ohne die letztjährige Frauenzweite Sabrina Mockenhaupt (Kölner Verein für Marathon) sind ohnehin die Chancen auf vordere Einzelplatzierungen kaum machbar, zumal diese Garant für ein starkes Mannschaftsergebnis sind.
Nach den Ergebnissen des Darmstadt-Cross (19.11.) hat der DLV mit 29 Athleten eine zahlenmäßig große Mannschaft für die 13. Cross-Europameisterschaften nahe Mailand nominiert, die aufgrund der neu ins Wettkampf-Programm aufgenommenen U 23-Wettbewerbe allerdings naturgemäß größer als bislang gewohnt ausgefallen ist.
Keine zielgenaueren Prognosen
Selbst nach einem ersten Einblick in die Startlisten des Cross-Championats wagt der Langstrecken-Bundestrainer keine zielgenaueren Prognosen über das Abschneiden des deutschen Teams. „Die Männer- und Frauenklasse ist sehr stark besetzt, so dass es selbst Susanne Hahn, die eigentlich immer für eine gute Platzierung in der Lage ist, sehr schwer haben dürfte!“
Die Saarbrückerin führt die deutsche Frauenmannschaft mit zudem Birte Bultmann (Braunschweig), Stephanie Beckmann (Leinfelden-Echterdingen) und Julia Viellehner (Winhöring) an, die allerdings ohne Sabrina Mockenhaupt nur geringe Chancen auf einen ordentlichen Teamerfolg haben dürfte. Ohne die drei Medaillengewinner von Tilburg Lornah Kiplagat (Niederlande), Sabrina Mockenhaupt und Johanna Nilsson (Schweden) ist der Ausgang des über 8030 m führenden Rennens offen.
Wie stark die russische 10 000 m-Europameisterin Inga Abitova ohne jegliche Crosserfahrung in Italien sein wird, das ist ebenso offen wie auch die aktuelle Leistungsstärke der inzwischen marathonorientierten Oilvera Jevtic (Serbien) und Aniko Kalovics (Ungarn).
Für Insider gilt die britische 5000 m-Spezialistin Jo Pavey als erste Sieganwärterin, zudem im Verbund mit Hayley und Liz Yelling auch für Mannschaftsgold.
Michael Schering als Einzelstarter
Bei den Männern wird der deutsche Hochschulmeister und Debütant im Nationaltrikot Michael Schering (Leipzig) als Einzelstarter ins Rennen gehen, da der DLV mangels Perspektive kein Team nominiert hat. „Wir waren im Vorjahr mit einem nominell starken Team nur Dreizehnter. Entsprechend unserer Zielstellung mit einstelligen Mannschaftsplatzierungen haben wir auf die Entsendung eines Männerteams in logischer Konsequenz verzichten müssen!“ rechtfertigt Uhlemann die Nominierung.
An der Spitze strebt Sergiy Lebid seine siebte Europameisterschaft im dreizehnten Start bei einem kontinentalen Cross-Championat an. Der 31jährige Ukrainer hat sich nach seinem enttäuschenden Abschneiden in Göteborg in der Höhe von Kislovdsk im Süden Russlands auf die Titelkämpfe vorbereitet.
Als stärkste Konkurrenten gelten für den Abonnementsmeister die Spanier José Martinez und Juan Carlos de la Ossa sowie der in Somalia geborene Brite Mo Farah und der Schweizer Christian Belz.
Hoffnungen auf die U 23-Mannschaften
„Unsere Hoffnungen liegen in unseren kompakten U 23-Mannschaften“, glaubt Uhlemann, der bei den Männern vor allem auf den Hindernismeister Steffen Uliczka (Kronshagen), Christian Glatting (Aalen) und Christian Stanger (Leinfelden-Echterdingen) setzt. Bei den Juniorinnen führt mit Verena Dreier (Sieg) ebenfalls eine Hindernisläuferin das deutsche Aufgebot an. Mit Ingalena Heuck (Würm) hat sich die letztjährige Jugendmeisterin und EM-Sechzehnte auf Anhieb einen Platz im U 23-Team sichern können.
„“Eine Einschätzung gerade in diesem neuen Wettbewerb ist natürlich sehr schwer“, verrät der Bundestrainer, der einstmals als Cross-Weltmeisterschaftsdritter gerade im Cross einen überragenden Erfolg feiern konnte.
Mit den beiden German Road-Races-Preisträgern Julia Hiller (Fürth) und Thorsten Baumeister (Trier) an der Spitze starten komplette Jugendmannschaften in den beiden Nachwuchs-Wettbewerben. Vor allem die 3000 m-Hindernis-WM-Siebte Julia Hiller hinterließ bei ihrem Start-Ziel-Sieg in Darmstadt einen vorzüglichen Eindruck, sodass von der 19jährigen Fürtherin auch auf europäischem Terrain einiges zu erwarten sein wird. Im U 19-Team steht übrigens auch mit der 17jährigen Katharina Heinig die talentierte Tochter der viele Jahre zur Marathon-Weltklasse zählenden Katrin Dörre-Heinig.
Wilfried Raatz