Benedikt Hoffmann ©Wilfried Raatz/ wus-media
Deutsche Bergläufer mit großem Team nach Bulgarien – U20-Juniorinnen als Titelverteidiger am Start – Frauen-Mannschaft nach der Absage von Meisterin Michelle Maier geplatzt – Wilfried Raatz berichtet
Uganda ist der einzige afrikanische Vertreter bei den 32. Berglauf-Weltmeisterschaften in Sapareva Banya (Bulgarien) am Sonntag (11. September), denn sowohl die gerade bei den europäischen Bergläufen so dominierenden Läufer aus Äthiopien als auch aus Eritrea und Kenia fehlen gänzlich.
Dies drückt freilich den Stellenwert der Berglauf-Weltmeisterschaften in diesen Ländern aus, ist sicherlich aber auch zum Großteil den leeren Kassen der nationalen Verbände geschuldet.
Doch alleine die Präsenz der Läufer aus Kenias Nachbarland sollte genügen, um den sieggewohnten Läufern aus Italien, Groß-Britannien, der Türkei oder den USA die eine oder andere Medaille wegzuschnappen. So geschehen 2014 in Casette di Massa (Italien) oder Betws y Coed (Groß-Britannien), als insgesamt fünf Goldmedaillen und zudem weitere vier Medaillen an die Läufer aus Uganda gingen.
Für den deutschen Leichtathletik-Verband (DLV), der mit einer großen Mannschaft ins bulgarische Ski- und Wandergebiet, eine Autostunde von Sofia entfernt gelegen, konzentrieren sich die Hoffnungen auf die U20-Juniorinnen, die den Mannschaftstitel und die Vize-Weltmeisterschaft durch Sarah Kistner zu verteidigen haben.
Auf der 3,7 km langen Strecke der U20-Juniorinnen mit einer Höhendifferenz von 531 m ist Sarah Kistner (MTV Kronberg) als Vize-Weltmeisterin der 2014 ebenfalls bergauf führenden Strecke naturgemäß favorisiert, zumal ihre damalige Konkurrentin Stella Chesire in die Aktivenklasse aufgerückt ist – und auf Anhieb 2015 auf dem bergauf-bergab führenden Parcours in Wales Weltmeisterin bei den Frauen wurde.
Doch mit der Tschechin Michaela Stránská, der Drittplatzierten 2014 und WM-Zweiten 2015 ist eine starke Konkurrentin am Start, zumal sie Anfang Juli Europameisterin auf dem Bergauf-bergab-Parcours von Arco wurde. Wie 2014 ist Nada Bacarczyk die zweite deutsche Läuferin, somit wird also das Gold-Duo wird die Mission Gold in Angriff nehmen. Lisa Oed wird zudem als dritten DLV-Starterin ins Rennen gehen.
Bei den Frauen läuft über 7,3 km und 773 Höhenmetern (bei 89 m Gefälle) alles auf den sechsten WM-Titel für Andrea Mayr hinaus, auch wenn die 36jährige Österreicherin vor wenigen Wochen noch den olympischen Marathon bestritt. Mit Eli Anne Dvergsdal ist die überraschend zu EM-Silber 2015 gelaufene Norwegerin wieder am Start.
Die Frage, wie stark ist die Europameisterin Emily Collinge, wird Andrea Mayr auf ihre Weise beantworten. Neben Groß-Britannien darf sich Italien mit Alice Gaggi, Valentina Belotti, Sara Bottarelli und Antonella Cofortola Chancen auf Mannschaftsgold ausrechnen.
Durch die Absage der überraschend am Tegelberg zum Meistertitel gelaufenen Michelle Maier, die am Vortag beim Jungfrau-Marathon als Herausforderung der Europameisterin Martina Strähl gilt, ist die deutsche Frauenmannschaft geplatzt, sodass lediglich Melanie Noll und Nadia Dietz am Start sein werden.
Ein interessantes Duell dürfte bei den U20-Junioren zwischen dem WM-Finalisten und Hindernis-Spezialisten Albert Chemutai (Uganda), dem Titelverteidiger Ferhat Bozkurt und dem WM-Dritten Mustafa Gökzel (beide Türkei) bevorstehen, für die Medaillenplätze bewerben sich mit Davide Magnani (Italien) und Europameister Stian Overgaard Aarvik (Norwegen) allerdings auch zwei weitere starke Nachwuchsläufer. Für den DLV gehen Luca Hibert, Julius Hild und Stefan Knopf ins Rennen.
Mit 149 Nennungen ist der Wettbewerb der Männer nicht nur zahlenmäßig stark besetzt, sondern auch die Leistungsdichte in der Spitze ist frappierend.
So treffen die italienischen Titelverteidiger mit den Brüdern Bernard und Martin Dematteis, Xavier Chevrier, Alex Baldaccini und Francesco Puppi auf ein Quartett aus Uganda, das bislang bei Bergläufen noch nicht in Erscheinung getreten ist, was allerdings bei der läuferischen Klasse der Afrikaner nichts bedeuten sollte.
Aus der einstigen türkischen Dominanz ist alleine (!) noch der mehrfache Welt- und Europameister Ahmet Arslan übriggeblieben, eine Tatsache, die den Verbandsfunktionären des Berglauf-Weltverbandes zu denken geben sollte.
Im deutschen Männeraufgebot steht mit dem eigentlichen Skibergsteiger Toni Lautenbacher zwar der deutsche Meister vom Tegelberg, doch angesichts der starken Besetzung dürften hier die Trauben reichlich hoch hängen. Der langdistanz-WM-Fünfte Benedikt Hoffmann und zudem Jonas Lehmann, Maximilian Zeus und Andreas Seewald hoffen vor allem auf eine gute Mannschaftsplatzierung.
Wilfried Raatz